McDermid, Val
das kann man nicht.
Aber darum geht es hier auch gar nicht. Er hat seine Entscheidung schon
getroffen. Diese Probezeit ist ein Schwindel aus genau den Gründen, die du dargelegt
hast.« Tony kratzte sich am Kopf. »Ich glaube, du sitzt in der Falle. Also machst
du alles am besten genauso, wie du es sowieso machen würdest.«
Er sah, wie sie die Schultern
sinken ließ. Aber sie wusste, dass sie überhaupt nicht zu ihm zu kommen
brauchte, wenn sie nicht wollte, dass er ehrlich zu ihr war. Wenn sie diese
Route einschlügen, würde das Vertrauen, das sie in Jahren aufgebaut hatten,
schneller als ein Souffle in sich zusammenfallen. Und da sie beide sonst
niemanden hatten, der ihnen so nahestand wie sie jeweils einander, konnten sie
sich das nicht leisten. »Genau das befürchte ich«, seufzte sie und nahm einen
großen Schluck Wasser. »Aber das ist noch nicht alles.« Sie starrte in ihr
Glas, die dichte Mähne ihres Haares fiel herunter und verbarg ihr Gesicht.
Tony schloss einen Moment die
Augen und rieb sich die Nasenwurzel. »Er hat dir gesagt, du sollst mich nicht
mehr in Anspruch nehmen.«
Aufgerüttelt von seinem
Scharfsinn richtete Carol sich auf, und ihre Blicke trafen sich. »Woher
wusstest du das? Hat Blake mit dir gesprochen?«
Tony schüttelte den Kopf. »Der
Hund, der nicht bellte.« Carol nickte. Sie verstand, dass er auf die
Sherlock-Holmes-Geschichte anspielte, in der ein Hund, weil er nicht anschlägt,
die Ermittler auf eine Spur bringt und so die Aufklärung des Falles ermöglicht.
»Er hat bei der Feier nicht mit dir gesprochen. Ich habe dich vorgestellt, und
er hat dich links liegen gelassen.«
»Was ich so verstand, dass ich
nicht in seinem Budget oder seinen Plänen vorkomme.« Tony lächelte. »Mach dir
meinetwegen keine Gedanken, es gibt genug andere Chief Constables, die immer
noch glauben, dass ich mein Geld wert bin.«
»Ich mache mir nicht
deinetwegen Sorgen, sondern meinetwegen. Und wegen meines Teams.«
Tony machte eine resignierende
Geste mit den Händen. »Es ist schwierig, einem Mann entgegenzuwirken, der alles
auf das beste Preis-Leistungs-Verhältnis reduziert. Die Wahrheit ist
tatsächlich, dass ich nicht die billigste Alternative bin, Carol. Ihr bildet
heutzutage eure eigenen Profiler aus. Deine Chefs halten es für besser, die
amerikanische Richtung einzuschlagen, Polizisten in Psychologie zu schulen,
statt sich auf Spezialisten wie mich zu verlassen, die nichts über die Wirklichkeit
der Polizeiarbeit auf der Straße wissen.« Nur jemand, der ihn so gut kannte wie
Carol, hätte die unterschwellige Schärfe der Ironie in seinem Tonfall
heraushören können. »Na ja, man bekommt, wofür man zahlt.«
»Manche von ihnen sind
ziemlich gut.«
»Woher weißt du das?«
Er lachte in sich hinein. »Ich
bin einer von denen, die sie geschult haben.«
Carol war schockiert. »Davon
hast du nie was gesagt.«
»Es sollte vertraulich
behandelt werden.«
»Warum erzählst du es mir dann
jetzt?«
»Wenn du mit ihnen arbeiten
musst, solltest du wissen, dass sie den Vorteil haben, von einigen der
erfahrensten Profiler, die es hier gibt, ausgebildet worden zu sein. Nicht nur
von mir, auch von anderen Leuten vom Fach, die ich sehr schätze. Und man hat
das Wissen dieser gescheiten jungen Polizisten nicht dadurch überfrachtet, dass
sie sich den Kopf über einen Behandlungsplan zerbrechen mussten. Sie können
sich ganz auf einen Aspekt der Psychologie konzentrieren, und sie sind nicht dumm. Gib
ihnen eine Chance. Du solltest sie nicht ab lehnen, nur weil sie nicht ich
sind.« Seinen Worten wohnte eine tiefere Bedeutung inne, die sie beide
verstanden. Tony bedauerte es, dass dies kein guter Moment war, Carol an die
Verbindung zwischen ihnen zu erinnern, die die Basis all ihrer beruflichen
Projekte war.
Sie hob die Hand vor die
Augen, wie jemand, der sich vor der Sonne schützt. »Blake klang wirklich
abfällig, Tony. Er deutete an, dass meine Gründe, weshalb ich dich zu Rate
ziehe, anrüchig und korrupt sind. Er weiß, dass ich deine Mieterin bin, und er
tat so, als stecke mehr dahinter als das, als hätten wir etwas Schäbiges zu
verbergen.« Sie wandte sich ab und trank noch etwas Wasser.
Es war schwer zu verstehen,
warum ein Mann in Blakes Position eine seiner erfolgreichsten Mitarbeiterinnen
anfeindete, bevor er aus eigener Anschauung erfahren hatte, was sie alles
erreichen konnte. Aber er hatte sie angegriffen, und er hätte keinen
wirkungsvolleren Ansatzpunkt finden können, wenn er
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