McQuade - Der Kopfgeldjäger, Teil 1-12 der Saga (Western) (German Edition)
und zog den flachen Farmwagen, der bei einem Schuppen abgestellt war, in den Hof. Vor diesen Wagen spannte er die beiden Maultiere, die er aus dem Stall holte. Er lud das tote Ehepaar auf die Ladefläche, deckte die beiden mit einer Plane zu, stellte die Wiege mit dem Kind in den Fußraum des Wagenbocks, band sein Pferd am Fuhrwerk fest und kletterte auf den Bock. Die langen Zügel klatschten auf die Rücken der Maultiere, die Tiere zogen an, die eisenumreiften Räder rollten knirschend durch den Sand. Das Kind begann geradezu jämmerlich zu weinen. Es schnitt dem harten Mann ins Herz.
*
McQuade folgte einem Weg, der sich wie der Leib einer riesigen Schlange zwischen die Hügel schlängelte. Er war ausgefahren, von Radspuren zerfurcht und von Hufen aufgewühlt. Am Himmel zogen weiße Wolken. Manchmal schoben sie sich vor die gleißende Mittagssonne und Schatten legte sich auf das Land. Die glühende Hitze wurde dadurch nicht gemildert.
Der Texaner wusste, wer der Mörder des Farmerehepaares war. Sein Name war Doug Nolan. Auf Nolans Konto gingen zwei Morde. Nun waren zwei weitere hinzugekommen. Eine dumpfe Glut aus Hass auf diesen kaltblütigen Killer rumorte in den Eingeweiden McQuades. Doug Nolan war eine den niedrigsten Trieben gehorchende Bestie. McQuades Entschlossenheit, dem Mörder das blutige Handwerk zu legen, war unumstößlich. Es erfüllte ihn mit Genugtuung, Nolan so dicht auf den Fersen zu sitzen.
Nach etwa drei Meilen fuhr McQuade aus den Hügeln, vor ihm dehnte sich eine staubige Ebene mit Büschen und Bäumen, und mitten in dieser weitläufigen Fläche lag eine Stadt unter einem flirrenden Hitzeschleier.
McQuade passierte nach geraumer Zeit die ersten Häuser. Er sah auf der Straße nur vier spielende Kinder und einen Mann, der eine Handkarre voll Stroh vor sich herschob. Der Blick des Kopfgeldjägers glitt über die Fassaden der Häuser zu beiden Seiten der Fahrbahn. Hinter einigen Fenstern waren die hellen Kleckse von Gesichtern wahrzunehmen. Einige der Bürger beobachteten ihn.
Was er suchte, nämlich ein Sheriff's Office, fand McQuade nicht. Aber er entdeckte den Mietstall, lenkte das Gespann in den Wagen- und Abstellhof und zügelte vor dem Stalltor die Maultiere. Das Rumpeln und Poltern, das die Fahrt seit der Farm begleitet hatte, endete.
Aus der Düsternis des Stalles löste sich eine Gestalt, sie überschritt die Lichtgrenze unter dem Tor, und der Texaner sah einen dürren, grauhaarigen Mann, an dem die Kleidung hing wie an einer Vogelscheuche. Der Grauhaarige kniff die Augen zusammen und sagte mit einer Stimme, die an das Krächzen eines kranken Raben erinnerte: »Diese beiden Maultiere gehören Bill Malone. Er betreibt drei Meilen von hier eine Farm.« Der Falkenblick des Sprechers heftete sich auf die Wiege. »Bill und Kath haben eine kleine Tochter. Ist es ihre Wiege?«
McQuade sprang vom Wagenbock. »Kath und Bill liegen unter der Plane auf dem Wagen. Sie sind tot. Ein Teufel in Menschengestalt hat sie ermordet.«
Fassungslosigkeit, Unglaube und Entsetzen brachen sich Bahn in das faltige Gesicht des Stallmannes. Ein Ächzen entrang sich ihm, dann: »Sie – sind – tot? Ermordet!«
»Ja. Das Schicksal ist oft grausam. Gibt es in diesem Ort einen Sheriff oder Marshal?«
Der Stallmann fasste sich. Nach einem zitternden Atemzug begann er: »Tortilla Flat ist zu klein und unbedeutend, um einen Deputy zu stationieren. Wir gehören zum Zuständigkeitsbereich des Sheriffs von Apache Junction. Aber der Sheriff kommt nicht oft zu uns. Zwischen Apache Junction und Tortilla Flat liegen die Superstition Mountains. Der Weg ist lang und beschwerlich, und natürlich auch gefährlich.«
»Jemand aus Tortilla Flat wird nach Apache Junction reiten und die Morde anzeigen müssen. Allerdings habe ich nicht die Zeit, in der Stadt auf den Ordnungshüter zu warten. Ich werde meine Aussage schriftlich hinterlegen.«
McQuade hob die Wiege vom Fuhrwerk. »Wahrscheinlich ist der Säugling hungrig. Er weinte fast die ganze Zeit, in der wir unterwegs waren. Jetzt scheint er wieder eingeschlafen zu sein. Wissen Sie jemand, der sich um ihn kümmern kann?«
»Ich – ich frage meine Tochter«, erklärte der Stallmann mit brüchiger Stimme. »Lucy hat selbst zwei kleine Kinder und …«
Er verstummte, denn McQuade hatte sich abgewandt, ging zu seinem Pferd und löste den Zügel vom Fuhrwerk. »Gibt es in Tortilla Flat wenigstens einen Bürgermeister?«
Der Stallmann nickte. »Wir haben einen
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