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Mea culpa

Mea culpa

Titel: Mea culpa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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indem sie ihre Hände tief in den Taschen ihres weiten Trenchcoats vergrub.
    Rebecca küsste sie noch einmal.
    »Ich muss nach Hause.«
    Rebecca machte sich auf den diagonalen Weg zu den Taxis in der Kirkegate und zog Synne mit sich. Auf halber Strecke blieb sie stehen, zögerte einen Moment, küsste sie dann ein weiteres Mal und sagte:
    »Wir gehen in mein Büro.«
    Das Herz stürzte wieder nach unten. Jetzt hatte sie wirklich Magenschmerzen. Sie trottete wortlos hinter Rebecca her, wie ein treuer, schwanzwedelnder Hund, der sich den Launen der Herrin widerspruchslos unterwirft.
    Mitten auf dem Platz blieb sie abermals stehen. Synne erwartete nach Pawlowschem Vorbild einen Kuss, aber der blieb aus.
    »Synne. Ich muss wirklich nach Hause. Wir können uns nicht mehr treffen. Ruf mich bitte nicht an. Schreib mir nicht. Melde dich nicht mehr. Bitte.«
    Als sie loslief, streifte sie Synne mit der Schulter. Das tat weh, es brannte, und wütend rieb Synne sich die Stelle, um den Schmerz festzuhalten, während sie dem verschwindenden Taxi hinterhersah. Auf dem Boden vor ihr lag noch immer der Kohlkopf, glitschig und feucht und halb zertreten.
    Die Huren auf der Domtreppe waren verschwunden, und es goss wie aus Kübeln.
10
    Asha trägt ein Kastenzeichen. Ich weiß, dass es nicht wirklich etwas mit Kaste zu tun hat, es zeigt, dass sie verheiratet ist oder vielleicht eher war; ich sehe niemals einen Mann; es ist ein blutroter Strich, unter dem ein kleiner Punkt sitzt, der Strich zieht sich den Mittelscheitel entlang, der Punkt sitzt mitten auf der Stirn. Wenn ich sie ansehe, hebt meine Hand sich von selbst zu meinem Gesicht; ich ziehe an meinem Pony, wie um mein Zeichen zu verstecken, das Zeichen, das unsichtbar ist, das jedoch brennt und ätzt und nicht verschwinden will. Ich habe Tod und Verzweiflung verursacht und kann nicht begreifen, wieso das nicht zu sehen ist.
    Ich wüsste wirklich gern, wie alt sie ist. Ab und zu hat sie ein Kind bei sich, einen kleinen Jungen von sechs oder sieben Jahren. Er ist ein Bild für die Götter. Seine Haut ist so dunkelbraun, wie es nur möglich sein kann, ohne ganz ins Schwarze überzugehen. Seine Haare sind braun und struppig, doch sie haben blonde Spitzen! Ob das an der Sonne liegt oder an einem auffälligen genetischen Durchbruch nach Generationen der Völkermischung auf dieser seltsamen Insel, kann ich nicht sagen. Aber ich habe nie ein schöneres Kind gesehen.
    Der Junge spricht nur wenig Englisch. Asha geht es nicht anders, glaube ich, aber das ist kein Problem, denn sie versteht alles, was ich sage, und selbst ist sie nicht weiter redselig. Ich wüsste gern, ob sie nur abweisend ist oder ob sie die Sprache einfach nicht genügend beherrscht. Manche von den Marktfrauen hier können kein Wort Englisch. Untereinander sprechen sie hier Kreolisch, was Ähnlichkeit mit dem Französischen hat, und dennoch ist Englisch hier die Amtssprache. Das hängt sicher mit dem Schulsystem zusammen. Aber Hervé spricht fließend Englisch, und er ist wirklich nicht hoch gebildet.
    Bisher weiß ich nicht einmal, wie das Kind heißt. Ich habe mehrmals gefragt, aber entweder versuchen sie, mich mit einer komplizierten Aussprache an der Nase herumzuführen, oder ich kann sie einfach nicht verstehen. Für mich klingt es wie Petter. Also nenne ich ihn so. Er lächelt und nickt.
    Nachdem ich den Computer aufgestellt habe, was meine Nächte etwas leichter macht, ist Petter fast immer dabei, wenn Asha kommt. Ob er ihr Sohn oder ihr Enkel ist, weiß ich nicht, ich tippe im Grunde eher auf Urenkel. Er nennt sie zwar »Mama«, aber das kann so vieles bedeuten.
    Ich habe ihm gezeigt, wie man Patiencen legt. Er ist intelligent und begreift schnell. Ich habe auch ein Flugsimulationsspiel, aber leider keinen Joystick. Petter scheint das egal zu sein, er beherrscht die Pfeiltasten inzwischen wie ein ausgebildeter Pilot. Nach einer gelungenen Landung klatscht er in die Hände und versetzt mir einen Rippenstoß.
    Er erinnert mich an etwas, das ich nie bekommen habe, vielleicht, weil ich nicht wollte, vielleicht, weil es sich einfach so ergeben hat. Ab und zu tut sein Anblick mir so weh, dass ich ihn wegschicken muss. Wenn er den Kopf schräg legt und mit der Hand meinen Arm berührt, während er mir irgendeine Frage stellt, dann verspüre ich eine Sehnsucht, einen Abgrund, von dem mich zu entfernen ich so viele Jahre gebraucht habe, dass ich ihn einfach wegschieben muss. Aber er taucht immer wieder auf.
    Ich bin jetzt

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