Meade Glenn
seiner Einflussnahme auf das Weltgeschehen will er die Macht, die Leistungen und den Glaubenseifer des Vaters in den Schatten stellen. Er will seine Familie, die er hasst, weil sie ihn zu einem Außenseiter machte, überdies bestrafen. Alles, was ihr wichtig war, verachtet er: ihre Freundschaft mit der Königsfamilie, ihre Geschäftserfolge, ihre anerkannte Stellung in der saudiarabischen Gesellschaft. Er mag eine religiöse Wandlung durchgemacht haben, aber er bleibt ein aufsässiger Rebell. Wenn er seinen Traum realisieren könnte, Saudi-Arabien vom Joch der Amerikaner und dem westlichen Einfluss zu befreien und dorthin zurückzukehren, könnte er über die Leistungen seines Vaters triumphieren und sein verletztes Ehrgefühl wiederherstellen. Dieses Ziel treibt ihn unterbewusst an. Er möchte etwas Bedeutendes vollbringen, etwas, das die Erde erbeben lässt. Und die zahlreichen Terroranschläge beweisen die Skrupellosigkeit dieses Mannes.«
»Meines Erachtens lässt schon seine Zeit in Beirut, in der er sich dem Alkohol, dem Glücksspiel und der Hurerei hingab, tief blicken.« Professor Franklyn Ernest Young, der Leiter der psychiatrischen Abteilung der CIA, ergriff das Wort. Er war ein stattlicher Mann mit zerzaustem grauen Haar. »Sicher, viele wohlhabende junge Araber gehen ins Ausland, um sich dort zu vergnügen und sich die Hörner abzustoßen. Im Falle Abu Hasims, der einen strengen gläubigen Vater hat, scheint mehr dahinter zu strecken. Es ist, als wolle er seinem Vater sagen: Du kannst mich mal gern haben. Ich tue, was ich will. Er ist unberechenbar und liebt es, andere zu schockieren. Das legt auch sein Kampf in Afghanistan nahe. Kinder aus reichem Hause ziehen in der Regel nicht in den Krieg. Abu Hasim tut es dennoch und kämpft gegen die Sowjets. Für einen Mann seiner Herkunft ist das recht gewagt. Dieser Glaubensfanatiker wird in Verbindung mit seiner Unberechenbarkeit und seinem Trotz zu einem gemeingefährlichen Terroristen. Es ist mehr als unwahrscheinlich, dass dieser Mann mit einem erklärten Feind wie Amerika in einen vernünftigen Dialog treten würde.«
»Der Präsident hat das Ziel, Zeit zu gewinnen, damit das FBI den Sprengsatz finden kann. Gibt es irgendeine Möglichkeit, ein sinnvolles Gespräch mit Abu Hasim zu führen und zu versuchen, ihn zur Vernunft zu bringen?«
»Keine Chance.« Young schüttelte heftig den Kopf. »Der Typ hat uns in der Zange, und das weiß er. Wir müssen ihm alles, was er verlangt, auf einem silbernen Tablett servieren. Entweder
- oder.«
»Die einzige Möglichkeit, Zugang zu ihm zu bekommen, ist über die Religion«, sagte Lucius Kane. »Über den Koran und Gott. Über diese Schiene könnte es klappen.«
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Professor Stern. »Der Koran predigt größtenteils Mitleid, Liebe und Toleranz.
Vernünftige, normale Muslime, die sich an Mohammeds Lehren halten, lassen keine Bomben hochgehen und träumen nicht davon, hunderttausende unschuldiger Menschen zu vergiften.
Ebensowenig wie vernünftige, normale Christen, die sich an die Bibel halten, so etwas tun würden. Hasim ist aber keineswegs normal. Der Typ ist ein Terrorist und ein muslimischer Fanatiker, der seiner eigenen Auslegung des Islam folgt. Ein Fanatiker, der den Koran nach Gutdünken interpretiert. Er würde einem jedes Wort im Munde umdrehen, wenn man mit ihm über den Koran diskutieren würde. Man könnte genauso gut gegen eine Wand reden.«
»Und wenn wir ihm drohen?«
»Das würde nicht funktionieren«, äußerte sich Bud Leopold, der FBI-Psychologe, erregt. »Auf gar keinen Fall sollte man ihn reizen. Dieser Typ ist vo r allem sehr labil. Wenn wir drohen, ihn und seine Anhänger mit Nuklearwaffen anzugreifen, falls er seinen Anschlag auf Washington ausführt, wäre ihm zuzutrauen, die Bombe aus Wut oder Trotz zu zünden.«
»Und was sollen wir tun?«, fragte Burton am Rande der Verzweiflung.
»Hasim empfindet für die USA nichts als Verachtung. Der Versuch, mit ihm ein Gespräch zu führen, wäre reinste Zeitverschwendung, selbst wenn wir einen erfahrenen Mittelsmann einsetzen würden. Er würde gar nicht zuhören.
Meiner Meinung nach gibt es nur eine einzige Möglichkeit. Wir müssten einen Unterhändler finden, dem er vertraut und den er respektiert. Und Hasim muss glauben, dass der Unterhändler auf seiner Seite steht.«
»Aber wen?«, fragte Burton seufzend. »Ich kann mir beim besten Willen keinen Araber vorstellen, der einwilligen würde, uns zu
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