Meagan McKinney
lag Zärtlichkeit in dieser Geste,
aber die zurückgehaltene Brutalität, die hindurchschimmerte, erinnerte
Christal an den Outlaw Cain. »Vielleicht will ich es ja gar nicht wissen.
Vielleicht habe ich hier nächtelang gesessen und überlegt, ob ich Rollins eine
Beschreibung von dir telegraphieren sollte. Ich habe solange darüber
nachgegrübelt, daß selbst der Whisky die Frage nicht mehr ersticken konnte.
Dennoch habe ich es nicht getan. Warum, Christal, warum?«
»Die
Verbindungen sind durch den Schnee im ganzen Gebiet unterbrochen. Wenn du
nicht telegraphiert hast, dann höchstwahrscheinlich, weil du es nicht
konntest«, flüsterte sie.
»Du weißt,
daß das eine Lüge ist.« Der Unterton in seiner Stimme machte ihr Angst. Genauso
wie der Schimmer von Verlangen und Verzweiflung in seinen Augen. Zweifel
quälten ihn. Und seltsamerweise konnte sie ihn verstehen. Es war ihr nicht
anders gegangen, als sie in Falling Water jenem Verbrecher vertrauen mußte,
über den sie nichts wußte. Nun waren die Rollen vertauscht. Nun war er ein Mann
des Gesetzes, sie eine Flüchtige.
»Vielleicht
ist alles nur eine Lüge«, sagte er mit tiefer, rauher Stimme, »aber dieses
nicht. Selbst du weißt es ganz genau.« Seine Lippen legten sich auf ihre, und
bewegten sich besitzergreifend hin und her. Sie wollte widerstehen, doch sie
wußte, daß er die Wahrheit sagte. Was zwischen ihnen bestand, war aus Gefahr,
Angst und Verlangen geboren. Er war ganz anders als alle Männer, die Christal
je kennengelernen würde. Ihre Zukunft, wenn sie denn eine gehabt hätten, war
dunkel und ungewiß. Doch als er mit seiner Zunge in ihren Mund stieß, und sein
drängendes Spiel das Feuer in ihren Lenden schürte, wußte sie, sie konnte ihn
nicht mehr von sich stoßen, denn sie wollte nichts mehr, als diesen Augenblick
auszukosten, zu genießen und mehr zu bekommen.
Er machte
sich von ihr los und zerrte sie die Treppe hinauf, wobei er immer zwei Stufen gleichzeitig
nahm. Sein Schlafzimmer war nicht viel luxuriöser als ihres: nackte
Bodenbretter, eine brandneue, polierte Kommode von der Art, wie Mr Glassie sie
verkaufte. Ein Eisenbett.
Sie schloß
die Augen und versuchte nachzudenken. Wenn sie ihm ihre Jungfräulichkeit
schenkte, dann würde sie alles verlieren, was sie jahrelang mühsam verteidigt
hatte. Sie würde ihm ihren Körper und ihr Herz ausliefern, und wenn er
fortging, dann würde sie überhaupt nichts mehr besitzen.
Unwillkürlich
trat sie einen Schritt vom Bett zurück. Doch bevor sie noch einmal tief Atem
holen konnte,
hatte er die Tür schon zugeworfen und seine Lippen auf ihre gepreßt.
Der Kuß war
tief, und wenn sie wirklich bereit dafür gewesen wäre, ihn wirklich gewollt
hätte, wäre er wohl sogar süß gewesen. Doch sie konnte nur noch daran denken,
daß er gehen wollte, alles nehmen wollte, was sie einem Mann zu geben hatte,
und sie allein in diesem Nest zurücklassen würde. Sie versuchte verzweifelt,
sich aus seinen Armen loszumachen, und als sie endlich frei war, stieß sie
keuchend ein »Nein« aus. Doch der Mann, der sich mit ihr im Zimmer befand, war
nicht länger der ritterliche Gesetzeshütter. Er war wieder zum Outlaw Cain
geworden, der sie in seinen stahlharten Armen gefangenhielt.
Ihre Hand
schoß hoch, um ihn wegzuschieben, aber er war viel zu schwer, viel zu stark.
Sie starrte ihn panisch an und sagte: »Es darf nicht sein. Ich bin noch nicht
bereit dafür. Laß mich los ...«
»Dich
loslassen?« knurrte er an ihrem zarten Hals. »Ich bin dir bis hierhin
nachgelaufen, Christal, meine Gedanken drehen sich nur um dich. Ist
Besessenheit Liebe? Ich will es verdammt nochmal herausfinden.« Sein großer,
geschmeidiger Körper straffte sich gegen den ihren, und sein Mund nahm ihre
Lippen in verzweifelter Begierde in Besitz. Sie versuchte, ihn zu schlagen,
doch sie konnte nicht ausholen, solange er sich gegen sie preßte. Sie begann,
sein Gesicht zu zerkratzen, bis er sie endlich losließ.
Im
flackernden Schein des Lichtes starrte er auf sie herab. So standen sie sich
gegenüber, schauten sich reglos an, während sie beide versuchten, wieder zu
Atem zu kommen. In ihren Augen brannte nur eine Frage: Warum muß es immer auf
diese Art gesche hen? Doch sein Mund war entschlossen zusammengepreßt, als
würde er sie in jedem Fall nehmen, weil ihn nichts mehr aufhalten konnte.
Langsam
wanderte ihr Blick zu ihrer erhobenen Hand. Sie hatten diesen Tanz schon einmal
getanzt. Doch dieses Mal wußte sie, daß ihre
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