Meagan McKinney
anzusehen. »Sie steht unter Ihrem Schutz, während ich weg bin. Ich
will, daß Sie sie keine Sekunde aus den Augen lassen. Und riskieren Sie nichts.
Wenn es sein muß, sperren Sie sie in ihrem Zimmer ein.«
»Was?«
keuchte Christal. Sie traute ihren Ohren kaum.
»Du hast
richtig gehört!« Cain wandte sich zu ihr, seine Miene war immer noch
wutverzerrt. »Ich weiß nicht, was du heute abend vorhattest, aber von diesem
Augenblick an stehst du unter meiner Obhut. Betrachte Faulty als deinen
Leibwächter, bis ich zurückkomme.«
In stummem
Zorn starrte sie ihn an.
Dann
verließen Jericho und er den Saloon ohne ein weiteres Wort.
Kapitel 21
Cain und Jericho kamen gegen Morgen
zurück, verdächtigerweise ohne einen Gefangenen. Sie waren so lange
fortgewesen, daß Christal begonnen hatte, sich Sorgen zu machen. Selbst der
Schrecken, den das Halbblut ihr eingejagt hatte, wurde in den frühen
Morgenstunden von ihrer Angst um die beiden Männer verdrängt.
Es gab
hundert banale Gründe, daß Cain und Jericho nicht kamen, doch statt an lahmende
Pferde und schlechtes Wetter zu denken, fielen ihr nur wilde Bären und
bewaffnete Outlaws ein, die sich nicht festnehmen lassen wollten.
Christal
war die ganze Nacht bei Ivy geblieben. Sie hatte sie mit Kompressen und heißem
Pflanzenbrei gepflegt, aber das Mädchen hatte unablässig geweint, bis sie
erschöpft in den Schlaf fiel. Innerlich hatte auch Christal geweint. Sie hatten
alle genug Elend erlebt. Wenigstens Ivys Schicksal würde sich verbessern,
wenn Jericho sie mit sich nahm.
Vom Fenster
aus beobachtete Christal, wie Cain abstieg. Seine Sporen schnitten in das Eis
der Straße, als er die Pferde dem Stalljungen übergab. Er hatte sich noch nicht
rasieren können, und der dunkle Bartschatten betonte nur noch das kalte Grau
seiner Augen. Er trug die abgenutzte Fransenjacke, die sie noch von Falling
Water kannte, dazu Chaps – dieselben Chaps, die
vom vielen Tragen an den Innenseiten seiner Schenkel weich und glänzend
geworden waren, und die sie nun in Versuchung brachten, ihre Hand dazwischen zu
schieben, um erneut zu spüren, wie glatt, hart und warm es dort war.
Er wandte
sich zum Saloon um und sah plötzlich zu ihrem Fenster hinauf. Ihre Blicke
trafen sich ... ein fataler Fehler. Christal sah zuviel, und sie offenbarte
zuviel. Ihre Liebe zu ihm verschlug ihr den Atem, doch es zerriß ihr das Herz,
an ihre Zukunft zu denken. In den kurzen Stunden der Nacht hatte sie sich
danach gesehnt, er möge zu ihr kommen, unter ihre Decke schlüpfen und ihre
gequälten Gedanken auslöschen. Doch nun, im kalten Licht des Morgens, war sie
froh, daß er nicht bei ihr gewesen war. Ihre Vernunft hatte wieder Oberhand
gewonnen, und sie war davon überzeugt, daß es so am besten war. Halt ihn auf
Abstand, sagte sie sich selbst. Sein Zorn machte es leichter.
Nachdem
Cain in den Saloon getreten war, hörte sie gedämpfte Stimmen von unten
hinaufdringen. Obwohl sie es erwartet hatte, ließ das Klopfen sie dennoch
aufschrecken.
»Wer ist
da?« rief sie laut und wußte es längst. »Macaulay.« Seine Stimme war seltsam
gedrückt. Langsam öffnete sie die Tür. Nur mit äußerster Beherrschung
konnte sie sich zurückhalten, ihm in die schützenden
Arme zu fallen.
»Habt ihr
ihn erwischt?« fragte sie.
Er kam in
ihr Zimmer und schloß die Tür hinter sich. »Er ist tot.«
»Aber ...?«
Sie brach ab. »Hast du ihn erschossen?« Cain rieb sich sein unrasiertes Kinn.
Es war zehn Uhr morgens, aber er wirkte, als könnte er einen Drink
gebrauchen. »Jericho hat ihn getötet. Sauberer Kopfschuß. Vielleicht hätte ich
ihn nicht mitnehmen dürfen.«
»Hat er ihn
ermordet?«
»Ich werde
dem Richter sagen, daß es Notwehr war. Wenn man so will, dann war es wohl
Notwehr.«
Sie starrte
ihn an, während sie über seine Worte nachdachte. »Es ist selbst für einen
Sheriff unmöglich, die Welt gerecht und gut zu machen.« Sie sah zur Seite.
»Was wird mit Ivy geschehen?«
»Jericho
nimmt sie mit zu sich in seine Hütte. In ein paar Jahren werden sie es
einfacher haben. Sein Vieh wird ihm einiges einbringen. Sie werden heiraten und
ein paar Kinder haben. Es wird nicht das Schlechteste sein.«
»Es hört
sich wundervoll an!«
Ihre Blicke
begegneten sich. Ein Muskel in Macaulays Gesicht spannte sich an. Der
Augenblick war quälend und voller ungestellter Fragen.
»Mädchen,
es hat mir nicht gefallen, was du gestern abend getan hast.« Seine Worte waren
wie ein eisiger Wind, der ihr in die
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