Meagan McKinney
unersättlich ist. Ich werde all das genießen,
wenn ich dich erst einmal losgeworden bin.«
»Und wie,
glaubst du, wirst du damit davonkommen?« fragte sie, während das Entsetzen sie
lähmte wie ein Betäubungsmittel. »Im nächsten Wagen sind fünf U.S.-Marshals und
einer davon ...«
»Ah, ja. Er. Ich habe schon viel von deinem Liebchen gehört. Er ist hier draußen schon
fast eine Legende, nicht wahr? Aber nun stell dir mal sein dummes Gesicht
vor, wenn er vom Zug springt und in Abbeville ankommt, nur um dich nicht
finden zu können ... Ja, ich habe während meines »Nickerchens« eure hübschen
Pläne gehört.« Er gluckste.
»Macaulay
wird wissen, daß du dahinter steckst. Er weiß, daß ich ihn nur dann nicht
treffen werde, wenn mich jemand daran hindert.« Sie war froh, daß es zu dunkel
war, als daß er die Angst und den Zweifel in ihren Augen sehen konnte.
»Im
Gegenteil, mein Herz. Er wird denken, er hat dir eine Chance zur Flucht
gegeben, die du mit vollem Herzen ergriffen hast. Er wird einen bitteren Geschmack
auf der Zunge haben, wenn ihr euch nicht in Abbeville trefft, könnte ich mir
vorstellen. Dann wird er sich sicher denken, daß all die Verbrechen, derer man
dich anklagt, wahr sind. Der Mann wird durchdrehen, wenn er zum Schluß kommt,
daß du ihn fürchterlich betrogen hast.«
»Nein ...«,
flüsterte sie, und ihr Entsetzen verstärkte sich noch. Sie schüttelte den
Kopf, als könnte sie damit seine Worte Lügen strafen, aber seine Logik war
schlüssig. Sie würde durch Didiers Hand sterben und Macaulay, ihr Geliebter,
würde denken müssen, sie wäre des Mordes schuldig.
»Denk nicht
drüber nach, mein schönes Kind. Du und deine Schwester, ihr wart stets so
niedliche Kinder. Ich wollte nicht wirklich, daß es so endet. Ich dachte, ihr
würdet alle friedlich im Feuer umkommen. Ich finde es geschmacklos, daß ich
bei deinem Tod eine derart aktive Rolle spielen muß. Ich hoffe, du kannst mir
verzeihen.« Er berührte ihre Wange und hinterließ den Duft von Limonen, den
gleiche Geruch, den er nach einem Besuch am Washington Square hinterlassen
hatte. Der Geruch hatte im Salon in der Luft gehangen und war ins Foyer
gezogen, als wäre er etwas Greifbares. Der frische, tropische Duft des Todes.
»Meine
Tante hat dich geliebt. Du hast ihren innigsten Traum erfüllt, als du um ihre
Hand anhieltest. Hast du sie wenigstens glücklich gemacht? Hast du je meine Eltern
gemocht? Bereust du denn überhaupt nichts von dem, was du getan hast?« Ihre
Worte waren anklagend, doch dabei so kindlich. In ihrer Naivität wollte sie
Antworten. Sie wollte zumindest Trost in dem Wissen finden, daß die ganze Qual
in ihrem Leben nicht nur durch die Laune eines einzigen Mannes verursacht
worden war. Wenn sie sogar ohne die sterben mußte, dann war ihr Tod wahrhaftig
grausam.
»Deine
Tante hat mir in der Nacht vergeben, in der sie starb, Christal. Wenn ich sie
nicht geliebt habe, dann hat wenigstens sie mich geliebt. Und ist es nicht das,
was uns das wahre Glück verschafft? Zu besitzen, was wir lieben?«
»Hast du
sie umgebracht? Hast du auch meine Tante getötet?« Diese Frage war ihr immer
wieder durch den Kopf gegangen, seit ihre Erinnerung zurückgekehrt war.
»Nein«,
flüsterte er ernst. »In vieler Hinsicht hat unsere Ehe auch mich glücklich
gemacht. Deine Tante war keine arme Frau, wie du weißt. Ihr Vermögen hat mir
viel Vergnügen bereitet. Zum Beispiel an der Wall Street.
Oder in dem Hotel, wo ich meine Mätresse hielt.«
Er machte
einen Schritt vorwärts und kam mit der Zugbewegung schwankend auf sie zu. »Doch
nach dem Tod deiner Tante entdeckte ich meinen schrecklichen Appetit,. Meinen
Appetit auf Geld. Das Vermögen deiner Tante war schließlich ausgegeben, und es
waren keine neuen Einnahmen in Aussicht. Ich war in einer ausweglosen Lage. Es
sei denn ...« Seine Worte klangen plötzlich drohend, während er eine Augenbraue
hochzog. »Es sei denn, ich würde einen Weg finden, das gesamte Van-Alen-Vermögen
an mich zu reißen. Mit dem Tod deiner Familie wäre ich der einzige Erbe
gewesen. Welche Wahl hatte ich denn, außer deine Eltern zu töten und ihr
Schlafzimmer in Brand zu stecken'?«
»Du bist
ein Ungeheuer«, sagte sie. Nun gewann endlich der Haß Oberhand.
Er lächelte
bitter, und sie mußte zugeben, daß er für sein Alter noch recht gut aussah.
»Ja, ein Ungeheuer. Du hast mich gut charakterisiert, Christal. Du bist ein
intelligentes Kind, das habe ich schon immer gewußt. Du sollst
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