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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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flüsterte sie, während sie auf den sechszackigen
Stern auf seiner Brust blickte und die Verzweiflung sie fast erstickte.
    Er nickte.
»Dann bleibe ich, bis du es tust!«
    »Dann mache
dich darauf gefaßt, daß erst die Hölle gefriert.«
    Er sah aus
dem Fenster. Es hatte wieder zu schneien begonnen, feine Eisblumen schmückten
die Scheiben. Ein seltsames Verlangen leuchtete in den Tiefen seiner kalten,
grauen Augen auf. »Nun, Liebchen, wenn die Hölle nicht gerade dabei ist, zu
gefrieren, dann weiß ich nicht, was das da draußen ist.«
    Cain verließ ihr Zimmer ohne ein
weiteres Wort. Christal konnte sich kaum zusammenreißen, um zu ihren Kunden in
den Saloon zurückzukehren. Obwohl sie nicht zugeben wollte, daß er sie derart
aufgewühlt hatte, kostete es sie beinahe eine Viertelstunde, bis sie zu
zittern aufhörte.
    Fast wie im
Traum nahm sie die sieben Goldstücke und hob das schwarze Kleid auf, das zu
Boden gefallen war. Ihr Herz wurde jedesmal schwer, wenn sie an Macaulay
dachte. Sie wollte ihm so gerne vertrauen. Es hatte etwas zu bedeuten, daß er
sich auf die Suche nach ihr gemacht hatte. Sicher, vielleicht ging es ihm nur
darum, offene Fragen zu klären. Dennoch hatte es eine Bedeutung.
    Aber sie
konnte ihm nicht trauen.
    Sie trat
ans Fenster, preßte das schwarze Kleid an ihre Brust, und ihre Gedanken
wanderte zurück in die Vergangenheit. Sie konnte Macaulay die Wahrheit sagen,
sich ganz und gar in seine Hände begeben und um Verständnis bitten. Aber sie
wußte, daß er kein Mitleid haben würde. Und sie wußte, warum.
    Gegen ihren
Willen spielte sie im Geist eine imaginäre Unterhaltung durch.
    »Christal,
vertrau mir,
und ich werde dir helfen.« Cain starrte sie an und wartete eine Antwort.
    »Mein
Onkel hat sie getötet. Mein Onkel hat mich für schuldig erklärt, aber er war
es, der sie getötet hat«, schluchzte sie.
    »Ich
glaube dir. Ich werde schon einen Weg finden, deine Unschuld zu beweisen. Wenn
du mir die Wahrheit sagst, setze ich Himmel und Hölle in Bewegung, um dich da
rauszuholen.«
    »Macaulay
...«
    »Ja,
Liebling? Ist da noch etwas?«
    »Ich bin
für seine Verbrechen nicht ins Gefängnis gegangen.«
    »Was
haben sie dann mit dir gemacht?«
    »Ich war
in einer Anstalt. Einer Anstalt fürgefährliche Verrückte.«
    Christal verdrängte das Bild von Cains
Reaktion. Sie schloß die Augen und drückte den Stoff fester an sich, doch es
half nichts. Das Bild seines Gesichts verfolgte sie. Sie konnte jede Reaktion
von ihm ertragen, aber nicht den plötzlichen Zweifel, der in seinen Augen
aufleuchten würde. Nicht den Meinungsumschwung, der folgen würde. Er würde
erkennen, daß er fast jemandem geglaubt hatte, den die Gesellschaft als unzurechnungsfähig
gebrandmarkt hatte. Jemanden, der eingesperrt werden mußte, nicht nur, weil er
ein Unrecht begangen hatte, sondern vor allem, weil er nicht in der Lage war,
das Unrecht zu begreifen. Jemand, der niemals die Grenze zwischen richtig und
falsch zu verstehen gelernt hat. Die Grenze zwischen Wahrheit und Lüge.
    Sie preßte
die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Sie konnte sich darauf berufen,
daß sie sich nicht an
das Verbrechen hatte erinnern können, daher auch keine Möglichkeiten besessen
hatte, sich zu verteidigen. Aber Erinnerungen waren flüchtig. Sie hatten ihre
eigenen Gesetze. An unwichtige Details konnte man sich mit kristallener Schärfe
erinnern, und doch Namen und Gesicht des Menschen, der alles vernichtet hatte,
jahrelang nur durch einen dumpfen Nebel erkennen. Die Erinnerung hatte sie in
einer Hinsicht beschützt, in einer anderen verdammt. Macaulay würde sich immer
fragen müssen: War sie aus der Anstalt geflohen, weil ihre Erinnerung zurückgekommen
war ... oder hatte sie sie im Grunde nie verloren? War es die Erinnerung, die
sie getäuscht hatte, oder mangelte es ihr nur an der Fähigkeit zu begreifen,
was sie in Wahrheit getan hatte?
    Sie legte
das Kleid auf das Bett und strich die Falten in der schwarzen Seide glatt. Sie
würde es ihm niemals sagen. Ob er nun das Gesetz vertrat oder nicht, ob sie
ihn nun liebte oder nicht, sie würde nichts sagen. Er konnte sie durch die
ganze Welt jagen, aber er würde niemals Antworten erhalten.
    Denn
niemals wollte sie sehen müssen, wie er sich von ihr abwandte.
    Den Rest
des Abends verbrachte sie damit, mit jedem scheinbar fröhlich zu tanzen, der
ihr einen Nickel dafür zahlte. Nur so konnte sie sich von der wütenden Miene
des neue Sheriffs ablenken, der an der Bar stand

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