Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
Vom Netzwerk:
daß ihr der Mund offenstehen blieb. Alles, was
sie jemals mit einer Ehe in
Verbindung gebracht hatte, wurde an diesem Abend
vernichtet. Obwohl sie diesen Mann nicht liebte, empfand sie seine Worte als derart grausam, daß
sie am liebsten den Kopf in die Hände gelegt und laut geweint hätte. Sheridan
hatte vor einer Stunde noch den heiligen Eid geschworen, und nun ermutigte er
sie, sich andere Kandidaten warmzuhalten, bis sie wieder frei war. Es brach
ihr das Herz, wenn sie daran dachte, wie sie sich stets die Ehe vorgestellt
hatte. Nichts von ihren Träumen war übriggeblieben.
    »Gute
Nacht, Alana. Wir sehen uns in St. Brendan.«
    »Gute
Nacht«, antwortete sie förmlich, ohne ihn ansehen zu können. Sie hörte die
Salontüren aufschwingen,
und bevor noch das Klappen der Haustür zu ihr drang, warf sie sich auf das
Sofa und weinte hemmungslos.

10
    Am
nächsten Morgen
nahm Alana die Kutsche zur South Street, wie sie es schon hundertmal zuvor getan
hatte. Die Fähre über den East River kam schnell, und so rumpelte die braune
Kutsche der van Alens um Punkt zwölf Uhr mittags über die Rampe an der neuen
Anlegestelle in Fulton. Sie brauchte allerdings länger als erwartet, um die
Docks zu verlassen, denn auf der Brücke wurde gearbeitet. Einige Blocks waren
bereits eingeebnet worden, um dem Brückenturm und dem Zufahrtsweg Platz zu
machen. Überall lieferten Arbeiter herum, viele davon waren Iren.
    Während sie
mit anderen Wagen warten mußte, um die Eselskarren passieren zu lassen, die die
massigen Granitblöcke zur Baustelle schleppten, hörte sie die Rufe der
Arbeiter in der gälischen Sprache Irlands. Hin und wieder verstand sie
englische Sätze, die in breitem Akzent ausgesprochen wurden.
    Diskret zog
sie die Spitzengardine am Kutschfenster zur Seite und beobachtete sie.
Tatsächlich war an diesen Männern nicht viel Vorteilhaftes. Sie sahen nicht so
gut wie Sheridan aus, hatten breite, rosige Gesichter und stämmige Körper, die
durch die Jahre unmenschlich harter Arbeit ausgezehrt waren. Einige Männer,
die etwas weiter entfernt in einer Gruppe herumstanden, reichten heimlich eine
blaue Fla sche herum, während der Vorarbeiter das Entladen einer Karre
überwachte. Alana erinnerte sich mit schmerzlicher Klarheit an Mrs. Astors
Worte, die die irischen Straßenarbeiter beschrieben hatten. Diese Männer
entsprachen allem, was Alana jemals über Iren gehört hatte, und der Satz Iren
werden nichtgenommen, den sie wohl schon auf tausend Schildern gesehen
hatte, hallten in ihrem Kopf wider.
    Plötzlich
erweckte ein Mann ihre Aufmerksamkeit. Es war ein Arbeiter, der ruhig dem
Vorarbeiter zuhörte, während Kräne die Steine von dem Wagen hoben. Der Mann
sah auf, und Alana entdeckte die gleichen rebellischen, dunklen Augen
und den gleichen hungrigen Gesichtsausdruck, den sie bei ihrem Mann nun schon
oft gesehen hatte. Man konnte die beiden gewiß nicht vergleichen, aber Alana
hatte dennoch Trevors Bild vor Augen.
    Bald waren
die Steine abgeladen, und der Verkehr begann wieder zu fließen, doch Alanas
Blick hinter der Gardine blieb an dem Arbeiter haften, der sich mit seiner
Schaufel wieder an die Arbeit in der Grube begab, wo der Grundstein für den
Brückenturm gelegt werden sollte. Dieser Mann mußte eine furchtbare Arbeit
tun, und Alana erkannte plötzlich, daß die offensichtliche Intelligenz dieses
Mannes, an die Plackerei mit der Schaufel verschwendet war. »Irische Löffel«
nannte man diese riesigen Grabwerczeuge. Und Alana wußte nun, warum.
    Sie ließ
den Vorhang fallen und lehnte sich zurück. Aber der Mann mit den zornigen Augen
ging ihr nicht aus dem Kopf. Sie wünschte ihm, daß er es schaffte – daß die
kräftezehrende und abstumpfende Sklavenarbeit, die nur Pennies einbrachte, ihn nicht zerbrach. Es wunderte sie, daß ein Mensch solche
Belastungen überstehen konnte, aber einigen war es gelungen.
    Ihre
Gedanken wanderten zu ihrem Mann zurück. Trevor Sheridan hatte sich aus der
Gosse hochgearbeitet. Sie stellte sich ihn wie diesen Arbeiter vor, von Kopf
bis Fuß dreckig, verzweifelte Auflehnung im Gesicht geschrieben, und konnte ihn
plötzlich teilweise verstehen. Sie konnte sich nicht vorstellen, was er hatte tun müssen, um seine jetzige Position zu erreichen. Die
Chancen auf Erfolg mußten ver schwindend gering gewesen sein, und
sie empfand eine tiefe, ernste Bewunderung für seine Leistung.
    Wieder
blickte sie durch die Gardine und sah, daß sie schon länger durch die Brooklyner
Landschaft

Weitere Kostenlose Bücher