Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
Vom Netzwerk:
fuhren. Zu ihrer Rechten grasten Schafe und zu ihrer Linken war der
lehmige Boden bereits zur Frühlingssaat
vorbereitet. Wie immer wuchs der Schmerz in ihrem Herzen, je näher sie zu ihrer
Schwester kam.
    Es war
schrecklich, was die Iren tun mußten, um in diesem Land
überleben zu können, aber Armut war nicht das einzige Gefängnis, wie Alana nur
zu gut wußte. Da
saß sie nun in ihrer samtgepolsterten Kutsche, und
die Qualen der Vergangenheit drangen auf sie ein, als würde sie alles noch
einmal erleben, Armut war
eine Tragödie, Klassenverachtung auch, aber es gab andere Arten des Schicksals.
Und als die Kutsche an dem unscheinbaren Schild abbog, das zur Park
View-Anstalt wies, wurde Alana wieder von den Klauen der Ihrigen ergriffen.
    Die
Schwester in ihrem blauweiß gestreiften Kleid, der weißen Schürze und der Haube
wartete wie immer am Ende
der Auffahrt auf sie, wobei ein ungewöhnliches Lächeln auf ihren Lippen Iag.
Sie begrüßte Alana fast zu herzlich und nahm ihre Hand.
    Während sie
beide durch den langen Flur in den hinteren Teil des Hauses gingen, berichtete
ihr Schwester Steine von den Fortschritten, die Christabel machte. »Es geht ihr
gut heute, Miss van Alen. Sehen Sie selbst. Dort, am Ententeich. Sehen Sie, wie
sie die Entenküken füttert?« Schwester Steine hielt an und zeigte durch den
verglasten Innenhof.
    Alana
folgte ihrem ausgestreckten Finger und entdeckte Christabels Gestalt auf einer
grünen Eisenbank. Der seichte Wind spielte mit ihrem blonden Haar, und sie sah
so lieblich aus, daß es Alanas Herz zusammenzog. Christabel war gerade sechzehn
geworden und entwickelte sich zu einer echten Schönheit. Ihre Figur war zart
und gut proportioniert, und ihr Gesicht schien so makellos wie das der
Madonna in der Pieta. Und so Iange sie lebte, würde Alana glauben,
daß ihre Schwester innerlich ebenso schön wie äußerlich war. »Danke. Ich
bin froh, sie heute glücklich zu sehen.« Alana wandte sich zu  der Krankenschwester.
»Ich werde jetzt zu ihr...«
    »Warten Sie bitte einen Moment, Miss van Alen.« Alana wartete.
    »Ihre
Schwester hat wieder ihre Alpträume gehabt. Sie versucht, sich an das Feuer zu
erinnern. Ich fürchte, sie wird Sie danach fragen. Und ich denke
wirklich, Sie sollten sie abzulenken versuchen.«
    Alana
nickte. Aber als die Schwester gehen wollte, stellte sie die Frage, die
ihr schon so lange auf dem Herzen
brannte. »Ich bin kein Arzt, Mrs. Steine, aber könnte es meiner
Schwester nicht besser gehen, wenn sie sich an die Ereignisse erinnerte?
Vielleicht heilt sie das besser als jede Medizin.«
    »Seine
Eltern umzubringen, ist ein entsetzliches Verbrechen,
Miss van Alen. Der Schock könnte Ihre Schwester vernichten.«
    »Oder sie
endlich befreien.« Alana wollte nicht so schnell nachgeben. »Ich habe es schon
öfter gesagt, und ich sage es noch einmal: Sie ist nicht schuldig. Wir sollten
das gut in unseren Köpfen behalten. Wenn Christabel sich endlich an das Feuer
erinnern könnte, würde es uns vielleicht gelingen, die Polizei zu überzeugen,
daß es wirklich nur ein Unfall war.«
    »Und wenn
nicht? Wollen Sie das akzeptieren? Oder ist es besser, in diesem Gefängnis zu
leben?«
    Es klang
keine Wärme in der Stimme der Frau. Alana schrieb ihre Gefühllosigkeit dem ständigen
Umgang mit kummervollen Verwandten zu. »Ich weiß in meinem Herzen, daß meine
Schwester keines der Verbrechen begangen hat, deren man sie angeklagt hat.«
    Die
Schwester starrte sie an, dann erschien ein herablassendes Lächeln auf ihrem
breiten Mund. »Miss van Alen«, begann sie. »Sie hatten sehr viel Glück, daß
Park View Ihnen als Alternative zum Gefängnis geboten wurde. Die Jugend Ihrer
Schwester und die Tatsache, daß Ihr Onkel dem Polizeichef mit Banknoten die
Hände gebunden hat, brachten sie in ein angenehmes Hospital. Ich
denke, man sollte dieses Glück nicht herausfordern. Wir wissen, was Ihrer
Schwester guttut. Ihr Onkel ist zufrieden mit uns. Wollen Sie das nicht auch
sein?«
    »Sie sind
sehr nett zu ihr, das weiß ich. Ich will ja auch nicht andeuten, daß ...«
    »Dann
besuchen Sie jetzt Ihre Schwester, Miss van Alen.« Mrs. Steine zeigte wieder
nach draußen. »Ihre wertvolle Zeit mit Christabel ist so kurz bemessen. Wollen
Sie sie mit mir verschwenden?«
    Unglücklich
schüttelte Alana den Kopf. Wie oft hatte sie diese Diskussion schon geführt –
mit ihrem Onkel, mit der Polizei, mit dieser Krankenschwester. Anfangs war sie
noch leidenschaftlicher, hoffnungsvoller, noch

Weitere Kostenlose Bücher