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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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schieben!«
    »Du
verteidigst und beschuldigst die Frau im gleichen Atemzug. Ist sie nun eine
Heilige oder eine Sünderin?« fragte er schroff.
    »Beides.
Wie wir alle.«
    »Das meinst
aber auch nur du!«
    Ihre Augen
verengten sich. »Ich halte Sie vor allem nicht für einen Heiligen, Sir!«
    Er lehnte
sich in seinem weichen Sitz zurück und rollte den goldenen Knauf seines Stockes
in seiner Hand. »Ich mich auch nicht. Also nimm dich in acht.«
    Seine
Bemerkung traf sie wie ein Boxhieb. Überrascht öffnete sie den Mund, doch sie
widersprach nicht. Was sollte man auch einem Mann sagen, der sich gerade selbst
als ausgesprochenen Sünder bezeichnet hatte? Sie setzte sich zurück und warf
ihm einen unbehaglichen Blick zu, wobei sie sich fühlte wie ein Kaninchen in
der Schlinge. Sie war erleichtert, daß er nach draußen sah, wo sich die
Omnibusse von der Vanderbilt Avenue in die 42. Straße einreihten. Befreit
seufzte sie auf und konzentrierte sich ebenfalls auf das Durcheinander.
    Einheimische
nannten den Bahnhof auch »Grand Swindle
Depot«, denn er war derart schlecht geplant worden, daß die Leute sich unter
Einsatz ihres Lebens durch
ein heilloses Chaos aus verwirrenden Gleisen und Weichen, Lokomotiven und
Querstraßen
arbeiten mußten. Trotz aller Kritik war er dennoch eine Sehenswürdigkeit. NEW
YORK & HARLEM R. R. prangte über den drei Türmen des Eingangs in der
42. Straße, und die Architektur des Gebäudes im Second-Empire-Stil galt als
eine der schönsten in New York.
    Sie
steuerten durch die Kutscheneinfahrt und stiegen aus. Sheridan zeigte einem
der Angestellten einen Paß, und man führte sie schnell durch die Station zu
ihrem Bahnsteig. Die Züge warteten unter Gewölben aus Glas und Stahl hinter dem
Bahnhof. Das Bauwerk besaß bestimmt die größte überdachte Fläche im ganzen
Land, und obwohl Alana schon oft hier gewesen war, ließ sie sich immer noch von
den enormen Ausmaßen beeindrucken.
    Alana hatte
gedacht, die Reise würde den anderen Fahrten nach Newport, die sie früher
unternommen hatte, sehr ähnlich werden. Aber während sie am Arm ihres Gatten am
Bahnsteig wartete, stellte sie fest, daß es diesmal völlig anders werden würde.
Sie fuhren mit einer der Vanderbilt-Linien aber nicht in einem Privatabteil,
die Alana es gewohnt war. Statt dessen würden sie in Sheridans privatem Pullmanwagen
reisen, der eben ans Ende des Zuges angehängt wurde. Während Trevor das
Einladen ihres Gepäcks überwachte und das Personal auf die angrenzenden Wagen
verteilte, half ein höflicher, älterer Bediensteter Alana in den goldgrünen
Pullman hinein. Entgeistert bestaunte Alana den Luxus im Inneren des Wagens. Kastanienfarben
moirierte Seide schmückte die Fenster an beiden Seiten des Wagens, in
regelmäßigen Abständen durch schwere Goldkordeln zusammengehalten. Die
gepolsterten Sofas waren mit Samt des gleichen tiefen rotbraunen Farbtons überzogen
und wie in einem Salon arrangiert worden. Die Holzverkleidung und Möbel waren
aus Mahagoni mit Messing verziert, der schwarzgoldgrüne Teppich extra für den
Pullman handgefertigt. An seinen Kanten prangten irische Motive wie Klee und
Harfe und das Connachtwappen, das die Heimatprovinz der Sheridans
repräsentierte. In einer Ecke stand ein reichverzierter, aber gemütlich
wirkender Kugelofen, der für die Fahrt nach Rhode Island angeheizt war.
    Alana benötigte
keine Aufforderung, sich an den Ofen zu setzen. Zwar war es in dem Wagen nicht
kalt – dazu war er zu gut vorbereitet worden –, aber der gewaltige Reichtum,
den er auch hier unverhohlen zur Schau stellte, ließ sie erschaudern. Sie sah
sich um und dachte an Sheridans imposantes Anwesen in der Fifth Avenue. Es war
anzunehmen, daß sein Haus in Newport ähnlich überladen und ganz in Marmor
gehalten war. Wieder fiel ihr ihr Traum ein. Wenn sie vorher glaubte, an all dem Luxus ersticken zu müssen, dann war sie nun dabei,
darin zu ertrinken.
    Ihr Mann
trat ein und machte es sich auf einem der Sofas am entgegengesetzten Ende des
Waggons bequem. Es dauerte noch weitere zehn Minuten, bevor der Zug sich in
Bewegung setzte, und in dieser Zeit sprach keiner von beiden ein Wort. Während
der Hochzeit und danach hatte sie ständig seinen Blick auf sich gespürt. Doch
nun, hier in dieser beengten Umgebung, behandelte er sie, als wäre sie Luft.
    Eine dicke,
weiße Dampfwolke zog an beiden Zugseiten vorbei, als sie aus dem Bahnhof
fuhren. Durch die Schwaden sah Alana Menschen auf dem Bahnsteig, die

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