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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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Börse und suchte nach einem Taschentuch. Man merkte kaum,
daß sie weinte.
Ihre Tränen kamen in stillen, unterdrückten Schüben – sie war sehr gut
erzogen worden, Leid zu verbergen.
    Alana
tupfte sich die Wangen ab. Er hatte gesagt, sie hätte nicht einmal das Recht,
an die Armen zu denken, aber sie tat es. Armut hatte auch Vorteile. Das Leben
war einfacher, es gab keine Heuchelei, keine Versteckspiele. Wenn man sich
glücklich schätzen konnte, Freunde zu haben, akzeptierten sie einen so,
wie man war, und man mußte nicht fürchten, daß sie nur darauf lauerten, die
kleinste Verfehlung anzuprangern.
    Sie
beobachtete, wie die karge Landschaft vorbeirauschte – schlammiges, baumloses
Farmland, das Spekulatoren bereits für neue Häuser einteilten. Die Eintönigkeit
des Anblicks erlaubte ihr, sich in einen ihrer Lieblingstagträume zu flüchten.
Sie stellte sich ein Leben als jemand anderes vor, als ein Mädchen mit weitaus
weniger Geld und weitaus mehr Freunden. Ihre Vergnügungen würden einfacher
sein, sie würden es sein müssen. In jenem Leben würde sie sich mit Dingen wie
einem warmen Feuer und netter Gesellschaft zufrieden geben. Und sie wußte, daß
sie das konnte.
    Sie warf
einen Blick auf den kleinen, dickbauchigen Ofen und dachte an den Mann aus
ihren Träumen. Er war der Mensch, der ein warmes Feuer an kalten Tagen zu
schätzen wußte, der Mensch, der es am besten mit seiner Frau an seiner Seite
genießen würde. Wie gern wäre sie diese Frau gewesen, um einfach nur mit ihrem
Liebsten am Feuer zu sitzen und sich über seine Gegenwart zu freuen. Wenn sie
doch nur einmal das Gesicht ihres Schattenmannes sehen könnte! Wenn er nur
überhaupt eins hatte!
    Sie sah
Sheridan an. Seine Miene war gespannt und defensiv. Er stand auf und ging auf
sie zu, doch sein Ziel war die Flasche Champagner auf der Bar. Als er an ihr
vorbeiging, tupfte sie heimlich ihre Tränen ab. Er sollte sie nicht weinen
sehen. Sie wollte nicht, daß er merkte, wie verletzlich sie war.
    Verstohlen
beobachtete sie, wie er sich ein Glas Champagner eingoß und es in einem Zug
hinunterstürzte. Unzufrieden holte er eine geschliffene Kara fe hinter der
Bar hervor und goß sich eine gute Portion einer blaßgoldenen Flüssigkeit ein.
Dann stürzte er diese hinunter und schenkte sich augenblicklich nach.
    Sie betrachtete
ihn, und ihr Zorn wuchs. Sie beneidete ihn fast. Als Frau war es ihr nicht
gestattet, sich wie er in den Alkohol zu flüchten. Würde sie sich ein Glas
einschenken, würde man sie für ordinär halten, und innerlich verfluchte sie die
Suffragetten, daß sie sich der Abstinenzbewegung angeschlossen hatten. Aber je
mehr sie darüber nachdachte, desto forscher wurde sie. Dieser Mann hatte sie in
die Ehe gezwungen, und es gab keinen Grund, ihn zu beeindrucken oder seinen
Anweisungen zu folgen. Ihre Ehe bestand nur auf dem Papier. Sie mußte sich nur
um die gesellschaftliche Karriere seiner Schwester kümmern, warum sollte es
ihn also stören, wenn sie sich hier in aller Stille einen Drink eingoß und
ebenfalls ihre Sorgen ertränkte?
    Sie setzte
sich kerzengerade auf und entschied sich. Die Reise nach Newport dauerte schon
viel zu lange. Wenn es ihm nicht paßte, konnte er zum Teufel gehen. Sein Zorn
wäre sogar eine Ablenkung.
    Er folgte
ihr mit seinem Blick, als sie aufstand und zur Bar schlenderte. Sie wagte
nicht, ihn mit ihren rotgeäderten Augen anzusehen, aber sie verfluchte seine
erbarmungslose Wachsamkeit, mit der er jede ihrer Bewegungen registrierte.
    »Wenn du
Champagner wolltest, hätte ich dir auch welchen bringen können«, kommentierte
er trocken.
    »Ich will
keinen Champagner, danke!« Sie fand ein Glas und nahm den Stöpsel von der
Karaffe ab, aus der er sich bedient hatte.
    »Das wirst
du nicht mögen«, sagte er plötzlich barsch mit deutlichem Mißfallen.
    Ihre
Widerspenstigkeit erwachte. Die Suffragetten kämpften für das Wahlrecht für
Frauen, aber sie wünschte, sie könnten es ebenfalls durchsetzen, daß
eine Frau trinken durfte, ohne gleich als Abenteuerin angesehen zu werden. »Das
hier ist genau das, was ich brauche!« Sie ignorierte seine grimmige Miene und
griff nach der Karaffe.
    Ohne
Vorwarnung nahm er sie ihr aus der Hand. »Das wird dir nicht schmecken!« Sein
Gesicht verfinsterte sich. »Gehst du immer einfach zur Bar Und bedienst
dich?«
    Ihre grünen
Augen funkelten gleichzeitig vor Vergnügen und Zorn. Hielt er sie etwa für
eine Trinkerin? Sie hätte fast laut gelacht. Fein. Mochte er

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