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Meagan McKinney

Meagan McKinney

Titel: Meagan McKinney Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: VA1 - Der Gigant und die Lady
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auf ihrem Gesicht
nicht zu verbergen war.
    Die
Bellevue Avenue war still, als ihre Kutsche in Richtung Fenian Court, Sheridans
Anwesen, entlangrollte. In ihrer Kindheit hatten Christabel und sie so manchen
glücklichen Tag an Bailey's Beach ver bracht, wo sie Muscheln suchten
oder nur auf den Klippen bei Brentons Point saßen und den Wellen zusahen, die
sich schäumend an der rauhen Küste brachen.
    In zehn
Jahren hatte sich Newport jedoch vollkommen verändert. Niedliche
Hexenhäuser mit großen, luftigen Veranden säumten die Bellevue Avenue, und im
Juni blühten überall puderblaue Hortensien, die der kleinen Stadt eine
heimelige Atmosphäre verliehen. Der Ort wurde von Südstaatlern bevorzugt, die
der glühenden Hitze daheim entkommen wollten oder von Leuten aus Boston, die
eine besser structurierte Gesellschaft als in Cape Cod wünschten.
    Aber alles
veränderte sich schnell. Die Eselskarren und Sommerfrischler waren rasch durch
die gesellschaftlichen Schachzüge der Oberen Vierhundert verdrängt worden.
Wenn die Demokratie in Manhattan um der Gatten Geschäfte willen zwangsweise
eingezogen war, so konnte man in Newport nichts davon merken. Die Ehefrauen
waren die unbestrittenen Herrscherinnen dieser Gegend, und die Gerüste riesiger 50-Zimmer-»Häuschen«, errichtet mit dem Geld ihrer Ehemänner, versperrten
bereits den Blick aufs Meer.
    Aus der
Kutsche betrachtete Alana die nun dunklen Anwesen, und obwohl sie von
den Bauten beeindruckt war, machte sie das, was sie repräsentierten, doch
traurig. Das alte Newport ging denselben Weg wie das Weideland entlang
Bellevue, und nun hielt sogar eine noch exklusivere Runde Einzug in den Ort.
Sie hatte das Spiel satt. Schließlich war alles nur Fassade. Sie wußte besser
als jeder andere, daß sich hinter all dieser Zurschaustellung ein
erschreckendes Ausmaß an Unsicherheit und blanker Angst verbarg.
    Es war
Ironie, daß ausgerechnet Fenian Court das protzigste Gebäude von allen war.
    Sie bogen
nach links auf einen kleinen Weg ein, der von
knospenden Ulmen gesäumt war. Fenian Court, benannt nach dem berüchtigten
Pfarrhaus, lag vor
ihnen in seinem Louis XV.-Stil, in dem selbst die
Laternen gestaltet waren. Tonnen von Marmor mußten importiert worden sein, um
dieses Bauwerk als
Petit-Trianon-Kopie entstehen zu lassen, Alles war in
französischem Rokoko gehalten: kaum eine Linie, die nicht in weiche Kurven
gezwungen worden war,
alles, was vergoldet werden konnte, war vergoldet. Selbst die Treppe, die sich
zum Eingang emporschwang, entsprach dem Klischee: Marmor mit einem kurvigen,
schmiedeeisernen Geländer und gekrönt von polierten Bronze-Handläufen.
    Die
Ausmaße der Villa waren atemberaubend. Sie hatte gehört, daß Sheridans »Strandhaus« aus achtundsiebzig
Zimmern bestand, wobei die Außengebäude wie Ställe, Bootshaus und Gärtnerei
noch nicht mitgezählt waren.
    Ihr Empfang
wurde wie ein einstudiertes Ballett abgehalten. Der Majordomus nahm ihr das
Cape ab, der
Sekretär reichte Sheridan das letzte Fernschreiben. Der
Majordomus, der ihre Müdigkeit spürte, bat sie zu ihren Räumen, während
Sheridan gefragt wurde, ob
er noch Nachrichten senden wollte. Als Alana fortgeführt wurde, verbeugte sich
Sheridan mit ausgesprochener Gleichgültigkeit vor ihr.
    Verletzt,
obwohl ihr Verstand sie schalt, folgte sie zu ihrer Suite und wanderte durch
die marmornen Flure, in
denen sich Marie Antoinette wohlgefühlt hätte. Aber sie war nicht in der Lage,
die Erhabenheit der Inneneinrichtung wahrzunehmen, denn Erschöpfung
und widerstreitende Emotionen überwältigten sie. So viel war am heutigen Tag
geschehen, und wie sehr sich ihr Verstand auch mühte, ihr zu sagen, daß dies
alles in einem Jahr nur noch eine winzige Erinnerung sein würde, so wußte sie
doch, daß ihr Leben auf unwiderbringliche Art und Weise den Kurs
geändert hatte.
    Ihr
Schlafzimmer war im Gegensatz zu dem, was sie bisher von Fenian Court gesehen
hatte, in erfrischend zurückhaltenden Rosa- und Elfenbeintönen gehalten.
Nachdem der Majordomus sie allein gelassen hatte, suchte Alana ihr
Ankleidezimmer, war aber unschlüssig, welche Tür sie nehmen sollte. Zu ihrer
Rechten befanden sich einige unbestimmte Türen, zu ihrer Linken eine goldverzierte
Flügeltür. In der Annahme, dahinter müßte sich ihr Ankleidezimmer verbergen, stieß sie sie auf, nur um festzusteIlen, daß sich die Suite ihres Mannes
dort befand.
    Als sie
entdeckte, daß niemand da war, seufzte sie erleichtert. Sie hatte

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