Medaillon des Schicksals (German Edition)
ihren Bruder schaute. Und Isabella sah sie, der der Triumph im Gesicht geschrieben stand.
Obwohl sie ein ganzes Stück vom Baldachin entfernt war, konnte sie die Traurigkeit in Giacomos Augen erkennen, die der Traurigkeit in ihren eigenen Augen glich.
»Ich wünsche dir Glück, Giacomo di Algari«, flüsterte sie kaum hörbar. »Ich wünsche dir alles Liebe und alle Liebe dieser Welt.«
Dann drehte sie sich um und lief davon.
»Und nun fordere ich Euch auf, Euch zu erheben«, sagte in diesem Augenblick der Priester, an Giacomo und Isabella gewandt.
Die beiden taten, wie ihnen geheißen. Der Priester ergriff die jeweils linken Hände der beiden und legte sie ineinander.
»Sprecht mir nach«, forderte er sie auf und wandte sich zuerst an Isabella.
»Ich, Isabella Panzacchi, geboren in Florenz, möchte mit der ganzen Kraft meines Herzens deine Frau werden und die Ehe vollziehen, sobald du, Giacomo di Algari, aus Rom zurückgekehrt bist.«
Der Priester nickte zufrieden und bat nun Giacomo, ihm dieselben Worte nachzusprechen. Für einen Augenblick sah es so aus, als wollte sich der junge Conte im letzten Augenblick seiner Verlobung entziehen, doch dann glitt ein erleichtertes Lächeln über sein Gesicht, und er sprach, 'wie der Priester es ihm vorsagte:
»Ich, Conte Giacomo di Algari, geboren auf Algari, möchte mit der ganzen Kraft meines Willens dein Gemahl werden und die Ehe vollziehen, sobald ich aus Rom zurückgekehrt sein werde.«
Er blickte in Isabellas strahlendes Gesicht und fühlte sich ein wenig wie ein Betrüger, doch dann sagte er sich, dass Isabella wohl die Letzte war, der gegenüber er ein schlechtes Gewissen haben musste. Sobald ich aus Rom zurückgekehrt sein werde, schöne Isabella, dachte er. Ich hoffe, du hast dir meine Worte genau gemerkt.
Der Priester sprach den Segen, besprengte die nunmehr Verlobten mit Weihwasser und malte ihnen mit dem Zeigefinger je ein Kreuzeszeichen auf die Stirn.
Dann forderte er den Bräutigam auf, die Braut zu küssen. Und Giacomo küsste Isabella, doch er berührte dabei nur ganz leicht ihre Wange, und der Kuss war mehr ein Hauch denn ein Kuss.
Schon prasselten von allen Seiten Glückwünsche auf die frisch Verlobten nieder. Blumen wurden geworfen, »Vivat« gerufen, und dann endete das Fest mit dem letzten Tanz, der, wie es sich gehörte, von Isabella und Giacomo eröffnet wurde.
Die Verlobung war ganz gewiss nicht so verlaufen, wie Isabella sich die Festlichkeit, die ja den zweitschönsten Tag in ihrem Leben beschreiben sollte, vorgestellt hatte.
Und als Giacomo statt der vorgesagten Worte ›mit der ganzen Kraft meines Herzens‹ von der ganzen Kraft seines Willens gesprochen hatte, war Isabella klar geworden, dass ihr Verlobter die Olivenhändlerin liebte.
Vielleicht wäre sie bereit gewesen zu schweigen, wenn Giacomo sich nicht ›versprochen‹ hätte, wenn er sie in die Arme gezogen und mit einem feurigen Kuss ihre Lippen verbrannt hätte. Doch dieser ›Versprechen und dazu der laue Kuss, den man nicht mal als solchen bezeichnen konnte, das waren die Tropfen, die das Fass endgültig zum Überlaufen brachten. Für diese Schmach würden Rosaria und Giacomo büßen. Und Isabella wusste auch schon, wie. Die schreckliehsten Rachegedanken, zu denen ein Mensch fähig ist, hatten in Isabellas Kopf ein warmes Zuhause gefunden. Die Florentinerin war fest entschlossen, diesen Gedanken auch die entsprechenden Taten folgen zu lassen.
Ja, Isabella war nun eine verlobte Frau, hatte ein Heiratsversprechen erhalten. Sobald er aus Rom zurück war, würde er sie zu seiner Frau machen, hatte er gesagt. Wenn Isabella bisher auch nicht so viel an der Liebe zwischen ihr und ihrem zukünftigen Mann gelegen war, so gab es jetzt doch zwei Dinge, die ihre Meinung grundlegend verändert hatten. Zum einen musste Isabella zugeben, dass sie sich in Giacomo verguckt hatte. Ja, dieser äußerst attraktive Mann, der sie so wenig beachtete und auf keine ihrer Launen einging, war eine Herausforderung für die schöne Florentinerin. Dass es zudem noch eine Nebenbuhlerin gab, die zwar nicht wirklich gefährlich war, aber doch einen Platz in Giacomos Herzen einnahm, gab der Angelegenheit einen zusätzlichen Reiz. Denn allein, dass die Nebenbuhlerin die Gedanken des jungen Conte beherrschte, war zu viel. Rosaria musste weg. Am besten für immer.
Kurz und gut: Isabella wollte Giacomo nun um jeden Preis für sich haben. Jetzt ging es ihr nicht mehr allein um den Namen di Algari,
Weitere Kostenlose Bücher