Medaillon des Schicksals (German Edition)
murmelte Ambra beruhigend, strich ihr dann sanft über den Rücken und wiegte sie hin und her.
Lange standen die beiden Frauen so umschlungen da, doch allmählich gelang es Rosaria, sich zu beruhigen.
Mit einem Zipfel ihres Kleides trocknete sie sich die letzten Tränen, dann seufzte sie aus tiefstem Herzen und fragte bang: »Ach, Ambra, was soll ich nur tun? Ich liebe ihn.«
»Ich weiß«, erwiderte Ambra. »Vor langer Zeit schon habe ich in den Karten gelesen, dass Giacomo di Algari und du vom Schicksal füreinander auserwählt seid.«
Rosaria schaute die alte Frau an und ließ es zu, dass sie ihr eine Haarsträhne aus der Stirn strich, als wäre sie noch ein kleines Mädchen.
»Auch Paola wusste davon. Deshalb haben wir die Burg in den letzten Jahren gemieden, haben einen großen Bogen um diesen Besitz gemacht. Wie töricht waren wir zu glauben, auf diese Weise dem Schicksal ein Schnippchen schlagen zu können.«
»Und warum sind wir jetzt hierher gefahren?«, wollte Rosaria wissen.
Ambra zuckte mit den Schultern. »Die Zeit ist reif dafür. Hier, auf dieser Burg, wird sich dein weiteres Leben entscheiden. Du bist klug und stark. Du wirst das Richtige tun.«
»Aber was, Ambra? Was ist das Richtige? Was soll ich tun? Aufstehen, hinausgehen, dem Fest beiwohnen und Liebeslieder für Giacomo und Isabella singen, während sich mein Herz nach ihm verzehrt? Nein, Ambra, das kann ich nicht.«
Die alte Wahrsagerin kramte unter ihrem Brusttuch und förderte ein Päckchen Karten zutage.
»Wir wollen sehen, was die Karten dazu sagen.«
Sie mischte den Stapel durch, legte ihn vor Rosaria auf den kleinen Tisch und forderte sie auf, mit der linken Hand, der Hand, die vom Herzen kommt, den Stapel kreisförmig aufzufächern und sieben Karten auszuwählen.
Rosaria tat, wie ihr geheißen, und reichte die sieben Karten verdeckt der Alten, die sie vor sich zu einer Art Kreuz auffächerte. Drei Karten untereinander, zwei links neben die mittlere Karte, zwei rechts davon.
Langsam nahm sie die zentrale Karte auf, schaute sie aufmerksam an und legte sie dann offen zurück auf ihren Platz.
»Diese Karte zeigt Aufruhr, Verwirrung und Bestürzung. Es ist die Karte, die deinen derzeitigen Gemütszustand beschreibt.«
Rosaria nickte. »Die Karte hat Recht.«
»Karten lügen niemals«, wies Ambra sie leicht zurecht und nahm die nächste Karte auf.
Sie besah sie genau, griff dann nach der wiederum nächsten und deckte nacheinander, alle Karten auf. Lange schaute sie darauf, und Rosaria erkannte an ihrer Miene, auf der nun ein leises Lächeln zu sehen war, dass ihr Schicksal sich vielleicht doch noch zum Guten wenden würde.
»Ich weiß nicht, was geschehen ist«, verkündete Ambra, »aber der Tod ist aus deinen Karten verschwunden.«
Rosaria lächelte. »Und die Liebe, was ist mit der Liebe? Muss der Liebste sterben?«
Ambra schüttelte den Kopf. »Nein, auch er wird am Leben bleiben. Doch Gefahr droht euch beiden.«
»Aber dann hat sich das Orakel getäuscht! Der Liebste wird leben, ich werde leben, und Paola, die Mutter, ist bereits tot.«
Ambra wiegte den Kopf hin und her, und ihre Miene verdunkelte sich.
»Der Tod ist aus eurer Nähe verschwunden, doch er lauert am Rand der Karten, bereit, die Sense zu schwingen. Eine andere Karte hat sich zwischen euch und den Tod gestellt, aber ich kann nicht erkennen, wen diese Karte darstellt.«
Sie sah auf, doch auch Rosaria wusste natürlich keine Antwort.
»Orakel lügen nicht. Niemals. Alles wird kommen, wie es vorherbestimmt ist. Vergiss das nie, Rosaria«, erklärte Ambra noch einmal geheimnisvoll, dann verstaute sie die Karten wieder unter ihrem Brusttuch.
»So!«, rief sie dann. »Jetzt müssen wir nur noch überlegen, was wir in den nächsten Stunden mit dir machen.«
Ambra betrachtete aufmerksam Rosarias Gesicht, das sich bereits wieder verdunkelte und Tränen ankündigte.
»Ich glaube, es ist besser, du bleibst für den Rest der Feier in deinem Wagen. Im Dorf, hörte ich, gibt es eine Sängerin. Vielleicht kann sie deine Aufgabe übernehmen.«
»Heißt das, ich werde Giacomo nicht mehr sehen?«, fragte Rosaria bange.
»Wer weiß?«, antwortete Ambra geheimnisvoll und verließ Rosarias Wagen.
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13. Kapitel
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Es war kurz vor Mitternacht. Der Mond stand hell über der Burg und tauchte den Festplatz in einen silbernen Schein, der nur durch die vielen Fackeln durchbrochen wurde, die an jeder Ecke der Burg brannten.
Trotz des Lärms, der von unten bis in die
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