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Meeres-Braut

Titel: Meeres-Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
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und Electra. Es war ein beeindruckender Bau. Um ehrlich zu sein, viel schöner als der Koboldberg.
    Was wäre, wenn sie einfach auf Schloß Roogna kam und nicht wieder fortging? Dann würde sie zwar keine Chance mehr haben, Häuptling zu werden, wäre aber dafür auch in Sicherheit.
    Sie schob die Versuchung beiseite. Es war nicht so, daß sie gern Häuptling werden wollte, vielmehr mußte sie es tun, um den Lauf der Koboldgeschichte und damit der Geschichte Xanths zu verändern. Es war ihre Pflicht und ihre Bestimmung. Sie fürchtete sich zwar davor, konnte ihr aber nicht entfliehen.
    Da begriff sie etwas: Sie hatte Entscheidungen gefällt. Sie hatte eine gute Idee gehabt, wie sie ans Ufer gelangen konnten. Sie lernte gerade, Leute zu führen. Vielleicht war sie noch nicht besonders gut darin, aber sie wurde immer besser. Ja, vielleicht würde sie am Ende dieser Reise genug gelernt haben. Es gab also vielleicht doch noch das eine oder andere Fünkchen Hoffnung für sie.
    Und so machte sie sich resolut auf den Weg zu Schloß Roogna.

3
Okra
    Okras Verstand pflegte mit ihrem Körper Schritt zu halten. Da dieser Körper nun angestrengt ruderte, dachte sie auch angestrengt nach, doch da es im Augenblick nicht allzuviel zum Nachdenken gab, dachte sie über ihre Vergangenheit nach und schien sie noch einmal zu durchleben.
    Sie war vor vierzehn Jahren vom Storch abgegeben worden, in einer kleinen Ogergemeinschaft, die noch immer am Ogersee lebte. Offenbar waren sie während ihrer Wanderung nach Oger-fen-Oger in die falsche Richtung gegangen und hierher zurückgekehrt, ohne es zu merken. Nach einigen Jahrzehnten hatten sie es dann endlich begriffen, doch da war es schon zu spät gewesen, um die Hauptgruppe wieder einzuholen, deshalb waren sie geblieben.
    Okra Ogers Mutter, die von ihrer Winzlingsgröße arg enttäuscht gewesen war, hatte versucht, diese Winzigkeit auszugleichen, indem sie ihr einen Namen verpaßte, in den sie mächtig hineinzuwachsen hatte: Okra Cordata Saxifraga Ziegenbart Ganas Ogerin. Leider war sie nicht groß genug geworden und blieb außerordentlich klein und unscheinbar für ein Mitglied ihrer Art. Ja, sie hatte nicht einmal Warzen oder Hauer; nie würde ihr Blick Milch sauer werden lassen. Außerdem war sie peinlich schwach; sie mußte beide Hände benutzen, um Saft aus einem Felsen zu pressen. Ihr größter Makel aber war ihr Geist: Sie war nicht annähernd dumm genug. Immerhin bot ihr dieser Nachteil auch einen kleinen Ausgleich an: Sie war schlau genug, um ihn zu verbergen und so zu tun, als sei sie nur geringfügig weniger dumm als die anderen Ogerwelpen. Doch vor sich selbst konnte sie es nicht verbergen, und so war es ihr eine ständige Quelle der Scham.
    Okra entwickelte eine gewisse Häuslichkeit, um nicht von ihren Gleichaltrigen aufgezogen zu werden. Sie stellten die schlimmste erdenkliche Gesellschaft für sie dar. So war sie es zufrieden, den Topf umzurühren und den Dreck vom Boden zu kratzen und ihre frustrierend schlauen Gedanken zu denken. Wenn sie sich jemals verraten sollte, wie undumm sie eigentlich war, würden sie Okra einfach wegwerfen.
    Einigen Ereignissen aber war sie nicht entkommen. Ihre modisch brutalen Eltern hatten sie zum Monsterhochzeitsstampfen von Conan dem Bibliothekar und Tasmania Teufel mitgenommen. Von Conan hieß es, daß er dazu in der Lage sei, ein großes Wörterbuch zu einem einzigen Wort zusammenzuquetschen, und daß er mit zwei schweren Buchbänden binnen kürzester Zeit jeder Kreatur die Zivilisation aus dem Leib prügeln konnte. Tasmania wurde als heimtückischste schicke Ogermieze ihrer ganzen Generation gerühmt. Es war also ein perfektes Paar. Leider entwickelte sich die Ehe nicht besonders gut. Conan hatte für Tasmanias Geschmack eine allzu literarische Neigung, und sie war von unruhigem Gemüt. Wenn das Blut am Mond klebte, pflegte sie ihm wilde Giftpilze vorzusetzen, die sie zerstampft und in seine Seehaferkekse gemischt hatte. Er liebte den Geschmack dieser Kekse, doch das Gift setzte ihm nur romantischen Unfug in den Kopf. Sie wünschte, er würde sich einfach hinlegen und sterben, damit sie ihren Vetter ersten Grades, Tasmaniker, heiraten und an Ansehen gewinnen könnte, doch statt dessen befeuerte es ihn nur, seine Anstrengungen, den Storch zu rufen, zu verdoppeln, so daß ihre Familie in ogerhaftem Tempo anwuchs.
    Doch das war unwichtig. Anläßlich dieser Hochzeit hatte Okras Mutter, Fern Kudzu, Okras Horoskop in Eisen rechnen und gießen

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