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Meerestosen (German Edition)

Meerestosen (German Edition)

Titel: Meerestosen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Schröder
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verstanden. Wir zwei wären gemeinsam verwundbarer gewesen als ich allein.
    »Aber warum hast du so lange gewartet? Ich …«
    Cyril ließ mich nicht ausreden. »Ich war nicht sicher, ob sie ver suchen würden, dir zu folgen, beziehungsweise weitere Delfinnixe alarmieren, die dir womöglich den Weg abschneiden könnten.«
    »Okay«, lenkte ich ein, obwohl es sich alles andere als okay an fühlte.
    »Du hättest mal sehen sollen, wie du gegen diese unsichtbaren Nixe gekämpft hast«, fuhr Cyril fort. In seiner Stimme schwang ehrliche Bewunderung mit. »Das war einfach unglaublich! Und in welch rasender Geschwindigkeit du Moira durchs Wasser gezogen hast! Trotz deiner Verletzungen. Ich musste alles aus mir heraus holen, um überhaupt mit dir mithalten zu können. Du bist viel stärker, als du glaubst.«
    Klar, fast hätte ich es vergessen: Das Meer hatte mich ja für diese Aufgabe ausgesucht. Ein bisschen mehr Zutrauen in meine Fähigkeiten, ein Hauch mehr Selbstbewusstsein und schon lief beim nächsten Mal alles wie geschmiert. Wen interessierte es da schon, dass mir hundeelend zumute war!
    »Mich«, sagte Cyril. Er strich sanft über meinen Unterarm und zeigte auf das Kleiderbündel. »Und jetzt bring es hinter dich. Da nach darfst du dann gerne noch so lange sauer auf mich sein, wie es dir gefällt.«

    Cyril hatte Moiras Leichnam zwischen den tief unter der Wasser oberfläche liegenden Klippen in eine breite Spalte gepresst. Um ihr T-Shirt, Tanga, Shorts und Pulli überstreifen zu können, musste ich sie daraus hervorziehen, was ein ziemlich unangenehmes gluckerndes Geräusch verursachte.
    Moiras Gesicht war aufgedunsen und ihre bleiche Haut schim merte an einigen Stellen bläulich. Auffallend hübsch war sie si cher nicht gewesen, aber jetzt sah sie einfach nur noch schrecklich aus. Unwürdig und entstellt.
    Hastig und so gut es ging, legte ich ihr die zerfetzten Kleidungs stücke an, dann ließ ich sie los, damit sie nach oben treiben konnte. Das war zwar nicht mit Cyril abgemacht, aber nachdem ich Moira nun noch einmal gesehen hatte, wollte ich, dass sie so schnell wie möglich gefunden und beerdigt wurde.
    Ich schaute ihr noch kurz hinterher, sah, wie ihr Körper von ein paar zaghaften Sonnenstrahlen, die sich bis ins Wasser hinun tergetastet hatten, in Empfang genommen wurde, dann tauchte ich bis fast zum Grund hinab und schwamm an der Küste entlang zur Cobo Bay, wo Cyril bei den Felsen unterhalb des Leuchtturms auf mich warten wollte. Ich hatte das für keine gute Idee gehalten, aber er meinte, dass der Turm um diese Zeit nur sporadisch be setzt sei und ohnehin kein Mensch von dort aus auf die Klippen schauen würde. Und weil er schon sehr viel länger hier lebte als ich und sich zweifellos besser auskannte, blieb mir wieder einmal nichts anderes übrig, als nachzugeben.
    Gut fünfhundert Meter vor den mächtigen Klippen von Fort Hommet glitt ich langsam wieder hoch, tastete mich mit den Händen an den glitschigen Steinen hinauf, und nachdem ich im näheren Umkreis keine menschlichen Stimmen hatte ausmachen können, durchstieß ich die Oberfläche.
    Cyril, der nun eine Jeans, ein dunkelbraunes T-Shirt und Lei nenslipper trug, war sofort bei mir, legte einen Stapel sorgfältig zu sammengelegter Klamotten auf die trockenen Felsen und drehte mir dann den Rücken zu.
    »Oh, ich erinnere mich, du kannst ja auch galant sein«, spöttel te ich, während ich aus dem Wasser stieg und meine Schwanzflos se sich in Beine verwandelte.
    Ich hatte es kaum ausgesprochen, da ballte sich mein Magen zusammen. Stöhnend presste ich mir die Hände auf den Bauch und fing an zu würgen und zu husten. Schließlich warf ich mei nen Oberkörper nach vorn und spuckte einen sauren Haufen aus Waffelstücken und hellgelbem Schaum auf die Klippen.
    »Elodie!« Cyril war mit einem Satz neben mir und umfasste von hinten meine Schultern. »Alles klar?«
    »Nein«, krächzte ich. »Ich bin wohl doch nicht so stark, wie du denkst.«
    »Dann solltest du dich lieber noch ein wenig ausruhen, bevor wir Ruby besuchen«, schlug er vor, zog etwas, das nur entfernt aussah wie ein Taschentuch, aus seiner Hosentasche und reichte es mir.
    Ich nahm es, wischte mir damit über den Mund und gab es ihm zurück. »Du kannst dich jetzt wieder umdrehen.«
    »Sicher?«
    » Ganz sicher!«
    Cyril ließ mich los und ich nahm die Bisse an Hüfte und Wade in Augenschein. Obwohl die Begegnung mit den Chamäleon-Ni xen erst ein oder zwei Stunden her war, hatte der

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