Mehr als nur Traeume
Automobils verbracht.«
»Muß er wohl«, murmelte der Stallbursche und beobachtete Nicholas voller Ehrfurcht.
»Seid Ihr soweit?« rief Nicholas Dougless zu.
Sie stieg auf die gutmütige Stute, die man ihr empfohlen hatte, und folgte ihm, als er angaloppierte. Sie hatte noch nie einen glücklicheren Mann gesehen, und wieder kam es Dougless zu Bewußtsein, wie verschieden die moderne Welt doch von jener sein mußte, die ihm vertraut war. Er und das Pferd paßten zusammen, als wären sie zusammengewachsen - als wäre er ein Zentaur.
Das ländliche England ist voller Fuß- und Reitwege, und Nicholas galoppierte einen davon hinunter. Dougless begann ihm zuzurufen, daß er lieber erst nach dem richtigen Weg fragen solle, aber dann wurde ihr bewußt, daß wohl kaum jemand in den letzten vierhundert Jahren Goshawk Hall an einen anderen Ort verpflanzt haben würde.
Sie hatte Mühe, sein Tempo mitzuhalten, verlor ihn ein paarmal aus den Augen, und einmal ritt er sogar zu ihr zurück. Sie war an einer Wegegabelung stehengeblieben und suchte den Boden nach den Spuren eines Reittiers ab. Als er sie sah, war er sehr interessiert an dem, was sie da machte. Dougless, die ihre ganze Kunst aufbot, um die Stute zu beruhigen, die auf die aggressive Nähe von Nicholas’ Hengst reagierte, sagte ihm, sie würde ihm ein paar von Louis L’Amours Büchern besorgen und ihm die Stellen daraus vorlesen, die vom Spurenlesen handelten.
Endlich erreichten sie eine Straße und folgten ihr, bis sie ein Torhaus erreichten mit einem kleinen Messingschild daran, auf dem GOSHAWK HALL stand. Sie ritten die Einfahrt hinunter, auf einen riesigen, rechteckigen, festungsähnlichen Bau zu, umgeben von einem weitläufigen, viele Morgen großen, welligen Park.
Dougless war es peinlich, unangemeldet und uneingeladen auf dieses Haus zuzureiten, aber Nicholas war bereits dort angelangt, sprang vom Pferd herunter und ging auf einen großgewachsenen, etwas schmuddelig aussehenden Mann zu, der auf Händen und Knien in einem Petunienbeet herumkroch.
»Meinen Sie nicht, daß wir erst an der Haustüre anklopfen sollten?« fragte Dougless, als sie Nicholas erreichte, »und vielleicht dort nach Mr. Harewood fragen und ihm sagen, daß wir gern die Stafford-Papiere sehen möchten?«
»Ihr befindet Euch jetzt auf meinem Terrain«, erwiderte er und ging auf den Gärtner zu.
»Nicholas!« zischelte sie ihm zu.
»Harewood?« fragte Nicholas den Gärtner.
Der großgewachsene Mann drehte sich um und blinzelte zu Nicholas hinauf. Er hatte blaue Augen und blonde Haare, die an den Schläfen grau wurden, und darunter die glatte, rosige Haut eines Babys. Er sah auch nicht sonderlich intelligent aus. »Ha, ja. Kenn’ ich Sie?«
»Nicholas Stafford von Thornwyck.«
»Hmmm.« Der Mann stand auf und machte sich nicht erst die Mühe, die Erde von seiner schmutzigen alten Hose abzuklopfen. »Doch nicht einer von diesen Staffords mit jenem mißratenen Sohn, den sie wegen Hochverrats verurteilt haben?«
Dougless dachte, daß der Mann so redete, als wäre das erst im letzten Jahr passiert.
»Der nämliche«, erwiderte Nicholas, den Rücken sehr gerade haltend.
Harewood sah von ihm zu seinem Pferd hin. Nicholas trug einen sehr teuren Reitdress mit hohen glänzenden, schwarzen Stiefeln, und Dougless kam sich plötzlich in ihrer genieteten Jeanshose, ihrem Baumwollhemd und ihren Tretern ziemlich schäbig vor. »Reiten Sie das da?« fragte Harewood.
»Ja. Wie ich hörte, haben Sie ein paar Papiere über meine Familie im Besitz.«
»Oh, ja, die haben wir gefunden«, sagte Harewood lächelnd. »Fanden sie, als eine Wand zusammenstürzte. Sieht so aus, als hätte sie jemand dort versteckt. Kommen Sie ins Haus, und wir trinken einen Tee und sehen zu, daß wir die Papiere auftreiben können. Ich glaube, Arabella hat sie.«
Dougless wollte den beiden folgen, aber Nicholas drückte ihr, sie kaum eines Blickes würdigend, den Zügel seines Pferdes in die Hand und ging seelenruhig mit Lord Harewood davon.
»Moment mal«, sagte sie und setzte sich, die beiden Pferde am Zügel führend, in Bewegung, um die beiden Männer einzuholen. Doch Nicholas’ Hengst begann zu tänzeln, und Dougless blickte auf das Tier zurück. Es sah sie mit wild rollenden Augen an. »Mach mir bloß keine Zicken«, warnte sie den Hengst, und das Pferd hörte auf zu bocken.
Was soll ich jetzt machen? fragte sie sich. Wenn sie schon als Nicholas’ Sekretärin fungieren und die Geheimisse entdecken sollte, die
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