Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mehr Bier

Mehr Bier

Titel: Mehr Bier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
Telefonhörer in der Hand und betrachtete mich interessiert. Neben ihm lag Henry, über seine starren Augen fiel das Licht aus der Küche. Sein Bademantel war über die Schultern gerutscht, und man sah das Blut aus der Brust den Bauch hinunterlaufen. Kessler legte den Hörer zurück auf die Gabel und stand auf.
    »Ich habe den fünften Mann gefunden. Leider wollte er sich der Festnahme wiedersetzen und wurde gewalttätig, und so…«
    Er machte eine entsprechende Handbewegung.

4
    Wir sahen uns in die Augen. »Damit kommen Sie nicht durch, Kessler. Ich habe immer noch Ihr verdammtes Kalenderbuch.«
    Seine Augen wichen aus.
    »Eine bedauerliche Geschichte, das stimmt…«, er strich sich über Stirn und Kopf, »… aber das reicht nicht, nicht bei mir!«
    Plötzlich stand Slibulsky neben mir und sah ratlos in die Runde.
    »Darf ich vorstellen, Kommissar Kessler, Ernst…« Slibulsky blaffte: »Halt’s Maul! Willst du, daß er mir Postkarten schreibt?« Kessler schmunzelte. Ich zog die Schlüssel zu Meyers Büro aus der Tasche und drückte sie Slibulsky in die Hand.
    »Befrei den kleinen Mann da unten. Sag ihm, er sei vorläufig die Nummer Eins bei Chemie Böllig. Das wird ihm Spaß machen.«
    Slibulsky nickte und verzog sich. In der Hausbar war eine mittelprächtige Flasche Bourbon. Mit einem vollen Glas ließ ich mich ins Sofa fallen und forderte Kessler auf, mir gegenüber Platz zu nehmen. Aber er blieb stehen, steckte die Hände in die Manteltaschen und fragte wie die Ruhe selbst: »Auf was warten wir?«
    Ich stellte das Glas ab und zündete mir eine Zigarette an.
    »Ich will Ihnen etwas über Kollek erzählen.«
    »Und wenn mich das gar nicht interessiert?«
    »Dann hören Sie verdammt nochmal trotzdem zu, oder ich mach Schnipsel aus Ihnen!«
    Ich legte die Beine auf den Cocktailtisch und erzählte. Kessler tat gelangweilt, säuberte sich die Fingernägel und seufzte in regelmäßigen Abständen. Nur seine Augen waren hellwach.
    »Am siebzehnten November neunzehnhundertneunundsechzig bekommt Barbara Böllig, neun Monate nach ihrer Heirat mit Friedrich Böllig, einen Sohn, Oliver Böllig. Man sollte meinen, ein rührender Umstand, wurde das Kind doch sozusagen in der Hochzeitsnacht gezeugt. Am zehnten Dezember, einen Monat später, wird Herbert Kollek, Leiter der Werbeabteilung der Chemie Böllig und Studienfreund Friedrich Bölligs, fristlos gefeuert. Wenig später zieht er nach Frankfurt. Oliver Böllig wiederum kommt ziemlich bald nach seiner Geburt in die Privatklinik Ruhenbrunn zu Doktor Kliensmann, wo er bis heute Wäscheklammern zusammenbaut.
    Ich habe den Jungen heute besucht, er sieht seinem offiziellen Vater, soweit ich das nach Fotos beurteilen kann, nicht besonders ähnlich. Und Kliensmann bezieht seit Jahren ein überaus großzügiges Gehalt bei der Firma Böllig, obwohl er, offensichtlich, nicht einen Finger dafür rühren muß.«
    »Na, da hat er’s aber gut.«
    Kessler, wieder ganz Luftballonverkäufer, lächelte.
    »Ich stelle mir das Ganze folgendermaßen vor: Barbara Böllig hat ihren frisch geangelten Fabrikchef noch in der besagten Hochzeitsnacht betrogen, und zwar mit Kollek. Als das Kind auf die Welt kam, wurde augenscheinlich, daß Friedrich Böllig nicht der Vater sein konnte. Und es dauerte nicht lange, da kriegte er spitz, auf wessen Konto der Junge ging. Er schmiß Kollek raus und ließ den Sohn, der ihm jeden Tag von neuem Hörner aufsetzte, verschwinden. Mit Kollek arrangierte er sich und zahlte monatlich einen Haufen Geld, damit der Doktor das Kind als schwachsinnig erklärte und es in seiner Klapsmühle behielt. Daß ich Kollek bei meinem ersten Besuch hier als Hausfreund Henry antraf, war Zufall. Erst heute, durch eine Bemerkung vom Geschäftsführer, kam ich drauf, daß Kollek mit Henry identisch sein muß. Die Beziehung zwischen Barbara Böllig und ihm hatte über all die Jahre gehalten, und das Problem Friedrich Böllig war jetzt, dank Ihrer Hilfe, gelöst.«
    Kessler hob die Augenbrauen.
    »Dank meiner Hilfe?«
    Ich steckte mir die nächste Zigarette an.
    »Kollek nahm den Platz ein, auf den er seit siebzehn Jahren scharf war. Er hatte die Frau, er hatte die Fabrik, er hatte es geschafft.«
    Ich lächelte ihn an.
    »Und Sie dachten die ganze Zeit, er hätte Böllig für die paar Mäuse umgelegt, die Sie, oder Ihr mysteriöser Freund OB, dafür gezahlt haben. Bis heute nachmittag jedenfalls, bis zu meinem Anruf.«
    Bei OB hatte Kessler aufgehorcht. Seine Augen waren klein und

Weitere Kostenlose Bücher