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Mein bis in den Tod

Mein bis in den Tod

Titel: Mein bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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würde, dazu ein Kommentar über das Ehegelübde, das sie eingehen würde. Sie versprach, ihrem Ehemann zu gehorchen, sagte aber, sie wolle auf gar keinen Fall in seinem Schatten stehen. Faith bewunderte sie. Sie hatte erlebt, dass es letztlich die Seele zerstörte, wenn man im Schatten seines Mannes stand.
    Dann, als sie die nächste Zeile las, glitten alle Wörter von der Seite, und plötzlich blickte sie auf weißes Zeitungspapier.
    Ihr kam nicht einmal der Gedanke, dass das merkwürdig war. Sie sah sich um, starrte auf die weiße Überdecke, die nun strahlend weiß war, fast zu weiß, und versuchte herauszufinden, wohin all die kleinen schwarzen Wörter verschwunden waren. Aber sie konnte sie nicht sehen.
    Die Buchstaben machen bestimmt Flecken auf der Bettdecke
.
    Als sie zur Zeitung griff, glitten alle übrigen Wörter von der Seite, wie Regentropfen von einer polierten Oberfläche, und regneten rings um sie herab.
    »Ross, da war eben etwas ganz Merkwürdiges –«
    Die Wände des Zimmers kräuselten sich, wie Vorhänge in einem Lufthauch. Fasziniert beobachtete sie sie. »Ross!«, rief sie. »Ross, komm und sieh mal –«
    Etwas krabbelte in ihren Haaren. Erschaudernd fuhr sie sich mit den Fingern durch die Locken, aber es war immer noch da. Nicht nur
ein
Wesen, sondern mehrere. Jetzt krabbelten sie ihr auch den Rücken hinunter. In Panik schwang sie die Beine aus dem Bett, stieß dabei gegen den Nachttisch. Die Tasse, die Untertasse, die gelbe Rose – alles fiel zu Boden, wie in Zeitlupe. Die Rose schmolz dahin, als ob sie sich in einer Säure auflöste.
    »Ross –«
    Und nun, als sie auf den Teppich trat, kippte der Boden unter ihr weg, sie fiel nach vorn, stürzte hinab in einen leeren Fahrstuhlschacht und schrie: »Rosssss … Rossssss!«
    Auf einmal schwebte sie unter der Zimmerdecke und blickte auf den Boden hinunter. Da war eine Frau – mit gespreizten Armen und Beinen, nackt, mit ausgebreiteten blonden Haaren, nahe den Füßen ein brauner Fleck, in dessen Mitte eine winzige gelbe Blume dahinschmolz. Das war sie selbst.
    Sie sah von der Zimmerdecke hinab auf ihren Körper, der auf dem Fußboden lag.
    Ich bin tot.
    »Ross!«, schrie sie. »Ross, hilf mir, ich bin tot, ich bin tot.«
    Aber er stand ja unter der Dusche und konnte sie nicht hören. Ihre Panik nahm zu.
»Ross! Hilf mir!«
    Ich bin tot.
    Vor ihrem Gesicht waren Streifen des Teppichs, sie atmete die Gerüche von Stoffen und Staub ein. Durch die Wand hörte sie leise das Prasseln des kräftigen Duschstrahls. Sie wimmerte: »Ross, bitte hilf mir!«
    Niemals Alec wiedersehen. Hol Oliver, irgendjemanden, bitte, hol Oliver, er wird wissen, wie man mich zurückholt.
    Eine Veränderung des Geräuschs. Der Duschhahn wurde zugedreht, danach das Klicken der Tür, und dann sah sie eigentümlich fasziniert zu, wie Ross aus dem Bad kam, in Zeitlupe ausschritt, tropfnass, Handtuch um die Taille geschlungen. Beobachtete, wie er sich neben sie kniete, ihren Kopf in seine Hände nahm.
    Hilf mir, Ross. Mein Herz schlägt nicht mehr
.
    »Ross – bitte hilf mir.«
    Wenn Ross mich wieder zum Leben erwecken kann, werde ich in meinen Körper zurückkehren, wenn nicht, werde ich davonschweben, weiter fort
.
    Die Zimmerdecke drückte ihr gegen den Rücken. Sie fühlte sich eingeschlossen, klaustrophobisch. Ross bewegte die Lippen. Als sie darauf blickte, bemerkte sie, dass er mit hektischem Gesichtsausdruck ihren Namen rief.
    Aber sie konnte ihn nicht hören.

[home]
    62
    R oss hielt ihr Handgelenk und fühlte besorgt ihren Puls, der kräftig und regelmäßig schlug, wenn auch ein bisschen schnell, aber das war nicht Besorgnis erregend.
    Erleichtert blickte er auf die Uhr: 7.48. Er merkte sich die Zeit. Dann schob er seine Arme unter Faith, hob sie auf und legte sie aufs Bett. Er legte die Kopfkissen zur Seite, damit der Kopf sich nach hinten neigen konnte, und die Atemwege frei blieben, und tastete in ihrem Mund nach etwas, woran sie ersticken könnte.
    Ihre Augen standen offen, aber sie waren nicht fokussiert, die Pupillen waren geweitet. Er fluchte.
    Ich hab ihr zu viel gegeben.
    Mit leiser, verwaschener Stimme sagte sie: »Ro-oss – ich kann dich sehen.«
    »Gut.«
    »Ich … ich.« Ihre Stimme wurde immer leiser.
    Er setzte sich aufs Bett und beobachtete sie.
    »Ich bin hier oben. Hier oben, ich kann sehen – ich –«
    »Was siehst du?«
    Ihre Augen verdrehten sich, als hätten sie sich von den Muskeln gelöst; die Pupillen verschwanden, dann

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