Mein bis in den Tod
stand hinter ihr, das Handy am Ohr. Faith lief durch die Halle in Ross’ Arbeitszimmer, riss ihrer Mutter den Hörer aus der Hand, wischte die Basisstation vom Schreibtisch und zog dabei die Leitung aus der Wand.
»Er vergiftet mich!«, schrie sie ihre Mutter an. »Du dumme Gans, mein Mann vergiftet mich!«
»Faith, hör mir zu, Schatz, du bist –«
»Bitte hören Sie mir zu«, sagte Oliver. »Mrs. Phillips –«
»Ich kenne Sie doch, Sie waren schon einmal hier. Wer sind Sie? Was machen Sie mit meiner Tochter?«
»Ich bin ihr Arzt.«
»Meine Tochter ist bei Dr. Ritterman in Behandlung.«
Mit den Augen machte Oliver Faith ein Zeichen. »Pässe. Kleidung.«
Faith ging zur Tür. Oliver kam zu ihr hinüber und flüsterte ihr ins Ohr: »Reiß jede Telefonschnur im Haus aus der Netzdose. Hat sie ein Handy?«
Faith schüttelte den Kopf.
»Zwei Minuten, und wir sind weg von hier.« Er wandte sich wieder ihrer Mutter zu. »Mrs. Phillips, kennen Sie das Medikament Ketamin?«
Die fleischigen Arme vor der Brust verschränkt, stand Margaret Phillips da, barfuß, in weitem T-Shirt und Jeans. »Was soll damit sein?«
»Es ist ein Narkosemittel, das Halluzinationen und scheinbar psychotische Verhaltensweisen hervorruft. Ihr Schwiegersohn hat es Ihrer Tochter verabreicht.«
»Meine Tochter ist sehr krank.«
»Nein, das ist sie nicht, jedenfalls noch nicht. Sie hat eine Krankheit, die wir, glaube ich, heilen können. Ihr Schwiegersohn gibt ihr ein Medikament, das überhaupt nichts mit der Erkrankung zu tun hat. Er gibt es ihr, weil er geisteskrank ist.«
»Sie wissen nicht, was Sie sagen. Ross betet meine Tochter an. Er ist der wunderbarste Ehemann, der liebste Vater und einer der brillantesten und engagiertesten Schönheitschirurgen in diesem Land. Fangen Sie nicht an, mir zu erzählen –«
»Mrs. Phillips, bitte hören Sie mir zu –«
»Jetzt hören Sie
mir
zu. Vor knapp zehn Minuten habe ich vom Grove Hospital einen Anruf bekommen, in dem mir mitgeteilt wurde, dass meine Tochter heute Abend von einem Dr. Oliver Cabot – vermutlich sind Sie das – besucht wurde und dass sie verschwunden ist. Man hat mich gebeten, dem Krankenhaus Bescheid zu geben, falls Sie hier aufkreuzen, und genau das werde ich jetzt tun.«
»Lieben Sie Faith denn nicht?« Oliver versuchte Blickkontakt aufzunehmen, aber sie war zu erzürnt, zu aufgebracht.
»Sie ist meine Tochter, Dr. Cabot. Ich liebe sie zutiefst.«
»Dann helfen Sie uns. Wenn Sie sie ins Grove Hospital zurückschicken, bringt ihr Mann sie um.«
»Ach ja? Und Sie bescheren ihr sicher eine Art Wunderheilung.«
»Eine Heilung. Kein Wunder, nur eine Heilung.«
In ihrer Miene las er, dass sie kurz zögerte. »Meine Tochter wurde in ein psychiatrisches Krankenhaus zwangseingewiesen. Wenn Sie wirklich ihr Arzt sind, erwarte ich, dass Sie sich nach dem Gesetz richten und sie ins Krankenhaus zurückbringen, in das sie eingewiesen wurde.«
»Mr. Ransome hat Faith Mittel verabreicht, um die Zwangseinweisung zu erwirken. Ich habe den Beweis.« Oliver zog den Umschlag von Schwester Durrant aus der Tasche, riss ihn auf und hielt eine Ampulle hoch. »Hier drin befindet sich Blut Ihrer Tochter. Wenn ich es morgen in ein Labor bringe, wird sich erweisen, dass es Ketamin enthält. Und jemand wird ein Problem haben zu erklären, was ein Betäubungsmittel zur Behandlung schwerer Verletzungen in Faiths Körper zu suchen hat.«
»Was immer mein Schwiegersohn getan haben mag, er hatte sicher seine guten Gründe. Ich würde ihm mein Leben anvertrauen. Drücke ich mich klar aus?«
»Ich nehme Faith mit, und sie möchte, dass ihr Sohn mitkommt. Ich werde beide dorthin bringen, wohin immer sie möchte, und wenn Sie Ihre Tochter wirklich lieben, dann lassen Sie sie gehen und setzen niemand davon in Kenntnis.«
»Ich rufe das Krankenhaus an, sobald Sie mit ihr von hier weggefahren sind. Wenn Sie wirklich ihr Arzt sind, schlage ich vor, Sie lassen Alec hier und bringen Faith sofort zurück. Wenn Sie’s nicht tun, werden Sie nämlich jede Menge Schwierigkeiten bekommen.«
»Mrs. Phillips«, versuchte er es ein letztes Mal, »bitte glauben Sie mir, vertrauen Sie mir. Sagen Sie, was ich tun muss, um Sie zu überzeugen.«
Die Arme noch immer verschränkt, antwortete sie: »Ross hat mir alles über Sie erzählt, Dr. Cabot. Sie sind ein Scharlatan und besitzen irgendeine Art von Macht über meine Tochter. Ich halte Sie für einen gefährlichen und bösen Mann. Sie können mich
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