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Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Titel: Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt
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Gebäude –, hat unser Land einen Beitrag geleistet, der unserer wirtschaftlichen Kraft und unserer tiefen Überzeugung von der Notwendigkeit des Einigungswerks entspricht. In absoluten Zahlen haben wir übrigens den höchsten Beitrag von allen europäischen Ländern geleistet. Wir tun das unverändert.
    Gegenwärtig befindet sich die Europäische Gemeinschaft jedoch nicht in einem guten Zustand. Die schwere Rezession der Weltwirtschaft hat die ökonomischen Unterschiede zwischen den Partnern verschärft, und dieser Prozess wurde noch potenziert durch die unterschiedliche Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit der gesellschaftlichen und politischen Struktur der verschiedenen Mitgliedsstaaten. Die EG -Kommission hat dem Europäischen Rat der Staats- und Regierungschefs vor wenigen Tagen in Luxemburg in ökonomischen Daten vor Augen geführt, dass der Abstand zwischen den Partnern in den letzten zwei Jahren schrittweise größer geworden ist, als er früher war. Unser Freund Ministerpräsident den Uyl hatte in Luxemburg darauf hingewiesen, dass die ökonomische Entwicklung in den Mitgliedsstaaten keineswegs im Gleichklang erfolgt, auch nicht bloß in zwei Geschwindigkeiten, sondern in Wahrheit mit mehreren verschiedenen Geschwindigkeiten. Die europäische Presse hat diese Entwicklung vor Luxemburg, aber auch danach, zum Beispiel bei der Kommentierung des Tindemans-Berichts, häufig nicht ausreichend gesehen.
    Die von der Kommission vorgelegten Zahlenreihen beziehen sich auf die Entwicklung der Jahre 1973 , 1974 , 1975 . Es ergibt sich daraus eine erhebliche Differenz, zum Beispiel bei der jährlichen Erhöhung der öffentlichen Ausgaben in den einzelnen Mitgliedsstaaten. In allen drei Jahren war übrigens bei uns die Zunahme der öffentlichen Ausgaben am geringsten. Ähnlich war die Entwicklung zunächst noch in Frankreich und in Belgien. Aber zwei Staaten haben zum Beispiel im letzten Jahr ihre öffentlichen Ausgaben doppelt so stark erhöht wie die Bundesrepublik Deutschland; sie hatten doppelt so hohe Zuwachsraten.
    Ein noch klareres Bild ergibt sich für den Zuwachs der Geldmenge. Sie wissen, dass es dafür verschiedene statistische Methoden der Messung gibt. Ich folge hier der in diesem Fall durch die EG -Kommission angewandten Betrachtungsweise. Dabei ist es so, dass allein drei Mitgliedsstaaten der Gemeinschaft in einem einzigen Jahr, im Jahr 1975 , ihre Geld- und Quasi-Geld-Mengen um zwanzig Prozent und mehr erhöht haben, die Bundesrepublik Deutschland dagegen überhaupt nicht.
    Die Lohnstückkosten sind in einem Staat der Gemeinschaft in diesen drei Jahren anderthalbmal so stark gestiegen wie in der Bundesrepublik Deutschland, in den meisten Staaten doppelt so stark und im Rest in zwei Fällen dreimal so stark wie in der Bundesrepublik Deutschland.
    Ein ähnliches Bild ergibt sich für die Verbraucherpreise. In zwei Fällen liegt der Anstieg der Verbraucherpreise in diesen drei Jahren bei dem Anderthalbfachen des unseren, im übrigen liegt er in diesen drei Jahren bei dem Doppelten des unseren, und in zwei Fällen ist er sogar fast dreimal so hoch wie bei uns.
    Diese Zahlen prägen sich natürlich auch im Außenwert der neun Währungen aus. Gegenüber dem Beginn des Jahres 1973 hat sich der Wert der übrigen Währungen der EG -Staaten im Verhältnis zur D-Mark abgeschwächt, oder, anders ausgedrückt, die Bewertung der D-Mark ist stetig gestiegen: gegenüber dem holländischen Gulden im Laufe der letzten 3 ¼ Jahre – von Anfang 1973 bis heute – nur um rund fünf Prozent – dies ist ganz unerheblich –, gegenüber anderen Währungen innerhalb der EG aber um zehn bis 16  Prozent und in zwei Fällen sogar um 56 beziehungsweise 85  Prozent; der Wert der deutschen Währung ist gegenüber einer anderen EG -Währung in drei Jahren um sage und schreibe 85 Prozent gestiegen!
    Im gewogenen Durchschnitt ist der Wert unserer Währung gegenüber allen übrigen EG -Währungen in diesen 3 ¼ Jahren um mehr als ein Fünftel gestiegen. Derselbe Anstieg ergibt sich gegenüber dem gewogenen Durchschnitt der ganzen Welt; das ist eine zufällige Übereinstimmung.
    Dieser Anstieg hat sich in den allerletzten Wochen und selbst Tagen bekanntlich fortgesetzt, zum Teil unter spekulativen Begleiterscheinungen. Ich komme darauf noch einmal zurück. Aber ich will hier erwähnen, dass der Wert der D-Mark allein seit Beginn dieses Jahres, 1976 , gegenüber dem gewogenen Durchschnitt der Welt noch einmal um 6 ½ Prozent

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