Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)
sein.
Im Europäischen Parlament werden praktische Fähigkeiten und Kenntnisse gebraucht. Sie zeichnen unseren Hamburgischen Spitzenkandidaten aus, meinen Freund Joachim Seeler, der lange Jahre hier im Senat gute Arbeit geleistet hat, der als Finanzsenator solide Finanzen in dieser Stadt seinem Nachfolger hat übergeben dürfen, ein Mann der sachlichen Arbeit, der keine Sprüche klopft, ein Mann, auf den man sich verlassen kann.
Sie sind gut beraten, verehrte Damen und Herren, liebe Freunde, gut beraten, wenn Sie solchen Menschen Ihre Stimme geben werden, aber Sie haben noch ein paar Wochen Zeit, sich das zu überlegen. Keiner muss sich heute Nachmittag auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz überreden lassen. Im Gegenteil: Ich bitte herzlich darum, dass Sie sich das überlegen und dass Sie möglichst viele Kolleginnen und Kollegen im Büro oder in der Fabrik, Kameraden im Turnverein oder im Sportverein, Gartennachbarn in der Kleingartenkolonie, dass Sie möglichst viele Leute dazu kriegen, mitzudenken und dann mitzutun.
Ich bedanke mich sehr für Ihre Aufmerksamkeit!
Europa braucht dringend einen Fortschritt ( 1984 )
Am 28 . Juni 1984 , mehr als anderthalb Jahre nach dem Ende der sozialliberalen Koalition, sprach Helmut Schmidt zum ersten Mal wieder im Deutschen Bundestag – als einfacher Abgeordneter. Die neue Bundesregierung unter Helmut Kohl hatte in der Frage der europäischen Integration wenig zustande gebracht; »Europa ähnelt immer mehr einer verlassenen Baustelle«, klagte der französische Staatspräsident François Mitterrand Anfang Februar 1984 . In seiner Rede machte Schmidt eine Reihe konkreter Vorschläge, wie Europa an politischem Gewicht in der Welt gewinnen könne. In den Mittelpunkt stellte er dabei den Gedanken einer gemeinsamen französisch-deutschen Verteidigungspolitik. Eine solche Initiative fördere nicht nur das deutsch-französische Verhältnis und die europäische Unabhängigkeit gegenüber Dritten – nicht zuletzt gegenüber den USA –, sondern sei auch ein großer Schritt auf dem Weg zu einer europäischen Union.
F rau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Fontainebleau-Teil des Berichts des Herrn Bundeskanzlers hat einige erfreuliche Punkte enthalten. Gleichwohl besteht deswegen kein Anlass zu europäischer Zufriedenheit.
Seit den erfolgreichen Verhandlungen über den Beitritt Englands zur EG in der Ära Pompidou-Brandt-Heath hat es nun insgesamt dreimal weitere schwierige, lang dauernde Verhandlungsrunden über den britischen Finanzbeitrag gegeben. Die jetzige Runde ist nach vier Gipfeln – zweimal in Brüssel, einmal in Stuttgart, einmal in Athen – nun durch bemerkenswerte Anstrengungen des französischen Präsidenten in Fontainebleau Gott sei Dank zum Abschluss gekommen. Allerdings kann man nicht sagen: Ende gut alles gut; denn weder ist alles gut, was dort beschlossen wurde – zum Beispiel ist nicht gut die milliardenschwere Verlagerung von EG -Agrarproblemen aus dem EG -Agrarhaushalt auf den deutschen Bundeshaushalt, die das direkte Gegenteil des von dieser Bundesregierung einst angekündigten Abbaus von Subventionslasten und ein Verstoß gegen Geist und Recht der Europäischen Gemeinschaft ist –, noch ist das schon das definitive Ende jener Verhandlungen. Vielmehr handelt es sich bloß um eine unbestimmt befristete Zwischenlösung; denn spätestens dann, wenn die jetzt beschlossene Abführung von 1 , 4 Prozent der Mehrwertsteuer erneut angehoben werden muss, wird man erneut verhandeln.
In Fontainebleau ist schon öffentlich davon geredet worden, dass ab 31 . Dezember 1987 1 , 6 Prozent erhoben werden sollen. Dann gilt das alles nicht mehr, was jetzt mit England verabredet worden ist.
In dreieinhalb Jahren wird die ganze Sache also zum fünften Male aufgerollt werden. Das hat sich übrigens auch ergeben aus den gestrigen widersprüchlichen, nachträglichen Erklärungen zweier der dort beteiligten Regierungschefs.
Es handelt sich also tatsächlich nur darum, dass die für den Herbst dieses Jahres drohende teilweise Zahlungsunfähigkeit der Europäischen Gemeinschaft vorerst abgewendet worden ist. Nur darum handelt es sich. Aber das ist immerhin etwas. Es ist keineswegs ein Fortschritt. Es hat lediglich einen weiteren Rückschritt abgewendet.
Ich habe heute keineswegs die Absicht zu irgendwelcher Polemik und will gewiss auch niemanden provozieren. Aber es muss klar gesagt werden: Europa braucht nicht nur den Verzicht auf Rückschläge, sondern es braucht
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