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Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition)

Titel: Mein Europa: Mit einem Gespräch mit Joschka Fischer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Schmidt
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Beschäftigungseffekte davon erwarten. Präsident Mitterrand sollte die Initiative und die Führung ergreifen; die Straßburger Rede Mitterrands wäre ein guter Anknüpfungspunkt, Kanzler Kohl sollte ihm unmittelbar assistieren. Viele andere politische Kräfte würden dabei folgen – nicht zuletzt die deutschen Sozialdemokraten.
    Ob es sich um die Vertretung europäischer Sicherheitsinteressen oder um die Stärkung der Europäischen Gemeinschaft handelt: Europa leidet heute zugleich an einem Überfluss an Ministersitzungen und den dazugehörigen Papieren, zugleich an einem Mangel an Führung. 1985 wird sich erneut erweisen: Nur aus gemeinsamem Handeln fließt europäische Identität. Aber nur dann wird gemeinsam gehandelt, wenn einer die Initiative ergreift und sie mit Augenmaß und mit klarem Willen verfolgt. Kanzler Kohl hat am 7 . Dezember vor dem Bundestag gesagt, im kommenden Jahr schlage für die Europäische Gemeinschaft »die Stunde der Wahrheit«. Wir können ihm und uns allen nur wünschen, dass den guten Vorsätzen die Taten folgen.

Plädoyer für eine Währungsunion ( 1989 )
    Im Sommer 1989 wurde Helmut Schmidt von dem Europaabgeordneten Otmar Franz um einen Beitrag zu einem Sammelband über die Idee einer Europäischen Zentralbank gebeten. Jacques Delors, der Präsident der EG -Kommission, hatte im Juni den sogenannten Delors-Bericht vorgelegt, der einen schrittweisen Ausbau der Wirtschafts- und Währungsunion in drei Stufen vorsah, allerdings ohne konkrete zeitliche Vorgaben. Zweieinhalb Jahre bevor die Gründung der EZB im Vertrag von Maastricht beschlossen und ihre Aufgaben festgelegt wurden, bekannte sich Schmidt leidenschaftlich zu einer gemeinsamen Währung, die zu dieser Zeit noch ECU , nicht Euro genannt werden sollte.
    M it der Einheitlichen Europäischen Akte haben sich die EG -Mitgliedsstaaten 1987 vertraglich verpflichtet, bis zum Jahre 1992 den gemeinsamen Binnenmarkt in Europa schrittweise zu verwirklichen. Das Ziel war, in Europa einen Raum ohne Binnengrenzen zu schaffen, in dem der grenzüberschreitende Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital nicht mehr behindert werden sollte.
    Die EG wollte von Anfang an und seit 1957 ausdrücklich mehr als ein Zollverein sein. Die Errichtung des gemeinsamen Marktes ist seit 1957 vertraglich erklärtes Ziel der Europäischen Gemeinschaft. Mit dem gemeinsamen Europäischen Parlament, dem schrittweise immer mehr Kompetenzen übertragen werden, mit dem gemeinsamen Binnenmarkt und mit einer Währungsunion hätten die Mitgliedsstaaten eine Chance, in Weltwirtschaft und -politik eine eigenständige Rolle im Sinne eines gleichberechtigten Partners gegenüber den USA und Japan zu übernehmen.
    Die Geschichte lehrt, dass es in der Welt einen größeren Binnenmarkt – der diesen Namen auch verdient – ohne eine gemeinsame Währung bisher noch nicht gegeben hat. Ohne eine gemeinsame Währung bliebe auch die EG nur ein Zollverein mit einigen zusätzlichen gemeinsamen Regelungen und Organen.
    Die Staats- und Regierungschefs hatten schon 1969 den Luxemburger Pierre Werner beauftragt, Vorschläge für eine Wirtschafts- und Währungsunion in Europa auszuarbeiten. Der Zusammenbruch des Weltwährungssystems – auch Bretton-Woods-System genannt – und der festen Wechselkurse zu Anfang der siebziger Jahre und die tektonischen Verwerfungen in der Preisstruktur aller Volkswirtschaften infolge der beiden Ölpreisschocks 1973 / 74 und 1979 / 80 haben den sogenannten Werner-Plan fast vergessen lassen.
    Ein Jahrzehnt nach dem Auftrag an Werner beschlossen die Staats- und Regierungschefs im Jahre 1978 auf französisch-deutsche Initiative die Errichtung des Europäischen Währungssystems ( EWS ) mit festen, aber durch einvernehmliche Beschlüsse der Teilnehmer änderbaren Wechselkursen zwischen den Währungen der Teilnehmerstaaten. Nach Jahren mit weltweit starken Wechselkursschwankungen sollte durch enge währungspolitische Zusammenarbeit wenigstens in Europa eine stabile Währungszone geschaffen werden. Dieser Beschluss war im Stadium der Vorbereitung auf starke Bedenken der Fachleute fast aller Zentralbanken gestoßen, es hatte erheblicher Anstrengungen durch die politisch verantwortlichen Regierungschefs bedurft, um diese zu überwinden. Großbritannien hat sich – wie zu erwarten – nicht beteiligt.
    Rückschauend hat aber das Wechselkurssystem des EWS auch nach Auffassung aller damaligen Kritiker während der ersten zehn Jahre seines Bestehens sehr

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