Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
sich tief in den Schlamm gruben. Als er schließlich passieren konnte, steuerte er direkt auf das Schlammloch zu.
„Sei nett, Joe!“, rief Terry ihrem Bruder zu. Sie hatte sich zu ihm umgedreht, und Keri stellte mit Genugtuung fest, dass Terry das Lachen plötzlich vergangen war.
Zur Enttäuschung der Zuschauer fuhr Joe langsam in die Pfütze und platzierte seine vordere Stoßstange sauber hinter Terrys Maschine, um sie anzuschieben. Ihr Quad machte einen Satz nach vorn, und Keri wischte sich schmollend den Schlamm aus dem Gesicht.
Plötzlich rief Mary: „Joseph Michael Kowalski, wage es ja nicht …“
Was sie vielleicht noch hatte sagen wollen, wurde vom Dröhnen von Joes Motor verschluckt. Er gab Vollgas und warf sich dabei zur Seite, sodass seine Maschine sich seitlich drehte. Die riesigen Reifen seines Quads wühlten daraufhin keine kleine Fontäne, sondern eine wahre Flutwelle aus Schlamm vom Grund der Pfütze auf. Keri hoffte, dass Terry das Klatschen nicht entging, mit dem der Schlamm auf sie niederprasselte. Ihrerseits konnte sie Terrys Wutgebrüll nämlich laut und deutlich hören – wie vermutlich halb New Hampshire.
Ein Raunen der Zustimmung ging durch die Zuschauermenge, verebbte aber sofort, als Terry von ihrem Quad sprang und ihrem Zwillingsbruder einen vernichtenden Blick zuwarf. Keri versuchte nicht einmal, ihre Schadenfreude zu verbergen: Sie schlug voller Begeisterung ein, als Danny ihr die Hand entgegenstreckte.
„Du Idiot!“, rief Terry ihrem Bruder zu.
„Rache ist süß, was?“
Keri bezweifelte keine Sekunde, dass die Sache damit nicht erledigt war. Terry würde ihr und nicht Joe die Schuld geben. Und zu gegebener Zeit würde sie einen Weg finden, um sich an Keri zu rächen.
Das war es allerdings wert. Ihre ehemals beste Freundin sah aus, als wäre sie in uralte Schokolade getaucht worden.
„Es reicht“, erklärte Mary über den Lärm hinweg und beendete die Angelegenheit damit.
Als der Rest der Familie die schlammige Stelle umfahren oder durchquert hatte, drehte Kevin sich um. Er sah von Terry zu Keri und zurück und lachte. „Schlammcatchen? Wenn nicht eine von euch meine Schwester wäre, fände ich das fabelhaft.“
„Halt die Klappe!“, riefen beide wie aus einem Mund.
Keri hatte dummerweise einen Blick in den Rückspiegel von Joes Quad geworfen. Abgesehen von der Partie, die die Schutzbrille bedeckt hatte, war ihr ganzes Gesicht voller Schlamm, und vom Kinnriemen des Sturzhelms abwärts sah sie einfach nur ekelhaft aus. Dann bestand Lisa auch noch darauf, ihr die ganze Szene erneut auf dem Monitor ihrer Digitalkamera vorzuführen.
Keri erkannte sich auf den Aufnahmen kaum wieder. Das wäre Tina und ihren anderen Freunden und Bekannten aus Kalifornien vermutlich nicht anders ergangen.
Joe stellte sich dicht neben sie und fragte leise: „Alles okay, Baby?“
„Sehe ich so aus? Ich bin von oben bis unten voller Matsch, sogar mein Gesicht! Schau dir meine Fingernägel an, Joe. Und da fragst du, ob alles okay ist?“
„Wenn wir zurück sind, gehst du gleich unter die Dusche. Ist doch kein Ding.“
„Kein Ding? Hast du eine Ahnung, was mich Gesichtsbehandlungen und Maniküre kosten? Viel, mein Lieber, sehr viel! Das hier bin einfach nicht ich. Nichts hier hat irgendwas mit mir zu tun.“
„Ich finde, du siehst süß aus mit dem ganzen Schlamm im Gesicht.“
Sie schnaubte. „Ja, klar.“
„Ich würde dich sogar trotzdem küssen.“
„Wag es ja nicht.“ Sie pikste ihn mit dem Finger an der Brust. „Du wirst mich nicht schon wieder vor deiner gesamten Familie küssen.“
„Und später?“
„Gerade eben sprechen wir darüber, ob ich noch heil und in einem Stück bin – und jetzt überlegst du, ob ich nachher mit dir rummache?“
„Schmutziges Gesicht, schmutzige Gedanken. Ich bin ein Mann: Für mich ergibt sich das eine aus dem anderen.“
Vergeblich versuchte sie, den nassen Matsch von den Handschuhen abzuklopfen. „Wenn ich zurück in L. A. bin, führt mich mein erster Weg ins Dampfbad. Da komme ich erst wieder raus, wenn jede einzelne Pore meines Körpers dreckfrei ist. Glaub mir, ich werde in diesem Leben so schnell keine Schlammpackung mehr machen.“
„Ich wette, du kannst es kaum abwarten, nach Hause zu kommen“, gab er zurück und klang plötzlich niedergeschlagen.
Keri schaute von ihren Handschuhen auf. Joes gute Laune schien sich verflüchtigt zu haben.
Und warum? Weil sie L. A. erwähnt hatte? Weil sie wieder nach Hause fahren
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