Mein Ex, seine Familie, die Wildnis und ich (German Edition)
als wenn sie sich die Augen auskratzen würden, oder? Gehst du ins Wasser?“
„Ich bin zu faul, um mich umzuziehen. Wollt ihr nachher noch mit den Quads los?“
Mike seufzte. „Wohl eher nicht. Lisa findet es zu heiß für die Jungs in der ganzen Montur. Und ich bleibe besser hier bei ihr, sonst muss ich für den Rest der Ferien im Vorzelt schlafen.“
Joe lachte. Offenbar hatte Lisa das mitbekommen: Sie winkte ihm von der anderen Seite des Pools aus zu. Als er zurückwinkte, lächelte sie.
„Bist du schon wieder in Ungnade gefallen?“, fragte Joe.
Mike bückte sich nach den Leuchtstäben, die die Jungs an den Beckenrand geworfen hatten, und warf sie zurück ins Wasser. „Nicht
schon wieder
, eher
immer noch.
Das wird zum Dauerzustand. Du hast keine Ahnung, wie gut du es hast. Du kannst immer machen, was du willst.“
Das stimmte. Er konnte tatsächlich machen, was er wollte. Weil es niemanden einen Dreck scherte. Vielleicht konnte Mike für ein paar Stunden nicht ins Gelände, aber dafür musste er sich auch nicht mit seinem Spiegelbild unterhalten, wenn er einen schlechten Tag hatte. Wenn er Sorgen hatte oder traurig war oder wenn es tolle Neuigkeiten gab, die er unbedingt mit jemandem teilen wollte.
Joe konnte sich quer in sein verdammtes Bett legen, weil niemand da war, der ihn wärmte und sich an ihn schmiegte. Er konnte essen, was er wollte, weil er niemanden hatte, der mit dem Dinner auf ihn wartete. Er konnte den Klodeckel hochgeklappt und seine Socken auf dem Boden liegen lassen, und er konnte so laut Musik hören, wie er wollte.
„Klar“, sagte er und klopfte Mike über den Zaun hinweg auf die Schulter. „Ich hab’s gut. Ich hol mir kurz was zu essen und geh dann wieder an die Arbeit.“
Im Kiosk schnappte er sich ein paar Würstchen und Chips – und traf dabei auf seine Schwester. Sie musste hintenrum gegangen sein, als er sich eben mit Mike unterhalten hatte. Terry hatte beide Hände voller Schokoriegel und inspizierte gerade das Getränkeangebot. „Hey, Schwesterherz“, begrüßte er sie.
Sie drehte sich erschrocken um. „Joe! Was machst du hier?“
Als Erklärung hielt er die Würstchen hoch. „Was ist los?“
Sie wurde rot. „Nichts? Warum?“
„Schokolade und Limo? Mir kannst du nichts vormachen.“
„Es ist warm. Ich brauche Schokolade und eine Erfrischung. Lass mich in Frieden.“
Er wusste, dass sie log. Schokoriegel und Limo, die die meisten erwachsenen Frauen nicht mehr anrührten, waren Terrys bevorzugtes Anti-Stress-Rezept. Irgendetwas musste sie wirklich aus der Fassung gebracht haben.
„Ich habe Keri und dich vorhin laut lachen gehört. Was war denn so komisch?“
Sie zuckte mit den Schultern, nahm sich einen Viererpack aus dem Kühlschrank und schob die Tür mit der Hüfte wieder zu. „Kannst du dich noch an die Nussknacker erinnern?“
„Oje.“ Was war das für ein Weihnachten gewesen. „Sollen wir ihr was mitbringen?“
„Ich dachte, ich kaufe noch ein paar Sachen für Steph und sehe mir dann mit ihr ein paar Frauenfilme an oder so.“
Joe zog die Brauen hoch, fragte aber nicht weiter. Terrys strikte Fernsehregel war einer der Grundpfeiler des jährlichen Campingtrips der Kowalskis. Nur Mutter Natur konnte daran rütteln, weil die vier Jungs eingesperrt und bei schlechtem Wetter sonst kaum zu ertragen waren.
„Okay, ich sehe mal nach Keri“, erwiderte er, hielt dem Kassierer seine Einkäufe hin und zahlte. „Wir sehen uns später.“
Er musste nicht lange suchen. Keri kam ihm in ihrem schwarzen Badeanzug entgegen. Sie hatte sich ein schönes Tuch um die Hüften geschlungen, und der seitliche Knoten, der den Stoff zusammenhielt, schwang bei jedem Schritt mit. Wie hypnotisiert starrte Joe genau dorthin.
„Hey, Baby“, stieß er hervor. „Wie wäre es mit einem Würstchen?“
„Nö. Ich will mich abkühlen und ein bisschen Zeit mit den Kindern verbringen.“
„Freiwillig?“
„Ja, freiwillig.“ Sie schenkte ihm ihr verführerisches Lächeln, das bei ihm sofort eine heftige körperliche Reaktion auslöste. „Und du? Arbeitest du?“
„Äh, ja“, antwortete er. Die Wahrheit konnte er ihr schlecht sagen:
Nein, ich werde gleich kalt duschen, damit ich vor den Kindern die Finger von dir lassen kann.
„Viel Spaß“, sagte sie und ging an ihm vorbei durchs Tor zum Pool.
Na klar, das würde ein echt spaßiger Nachmittag werden. Er würde ununterbrochen auf den Bildschirm starren und versuchen, nicht daran zu denken, wie endlos lang
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