Mein geheimes Leben bei Scientology und meine dramatische Flucht (German Edition)
Gegen diese Worte gab es nichts zu erwidern, so gerne ich es auch wollte. Also fügte ich mich widerstrebend und besiegelte damit mein Schicksal. Ich würde nicht nach Hause zu Mom fliegen. Ich saß hier fest.
KAPITEL 15
Mom
Es war frustrierend, dass ich jetzt doch in Clearwater bleiben musste, doch viel schlimmer fand ich, dass ich in den folgenden Tagen meine Mutter einfach nicht erreichen konnte. Jeden Abend verschaffte ich mir mit dem Hauptschlüssel Zutritt zu Toms und Jennys Wohnung und rief im RTC an, doch dort sagte mir jeder, der sich meldete, meine Mom wäre nicht zu sprechen. Auf meine Frage, wie ich sie denn erreichen könnte, erhielt ich nur vage Antworten und Ausflüchte. Schließlich rief mich mein Vater an und erklärte, ich dürfe nicht mehr im RTC anrufen, um mit Mom zu sprechen. Als ich ihn nach dem Grund fragte, meinte er, sie habe ein Sonderprojekt, mit dem sie Tag und Nacht beschäftigt sei. Doch auch er wollte mir nicht sagen, was genau sie eigentlich tat.
Langsam machte ich mir Sorgen und befürchtete, die ganze Geheimniskrämerei sei ein Zeichen dafür, dass sie in die RPF geschickt worden war. Die Rehabilitation Project Force war die schlimmste Bestrafung durch die Kirche, ein Programm, mit dem Abweichler auf Spur gebracht werden sollten. Oft mussten sie dann in einen von der Öffentlichkeit isolierten Bereich auf der Base, und zwar normalerweise für mindestens zwei Jahre, aber das hing davon ab, wie schnell sie ihr Rehabilitationsprogramm absolvierten. Allerdings konnte ich mir nicht vorstellen, wieso man sie in die RPF hätte schicken sollen. Schließlich hatte sie Onkel Dave erst kurz zuvor zum Lieutenant Commander befördert und am Sea Org Day vor dem gesamten Publikum gelobt. Andererseits war sie noch nie so unerreichbar gewesen. Angestrengt suchte ich nach einem anderen Grund für ihr Verschwinden.
Einen Tag nach meinem Telefonat mit Dad rief mich eine RTC -Abgeordnete namens Sophia Townsend aus meinem Kursraum. Besuch aus dem RTC war fast nie ein gutes Zeichen. Der Religious Technology Center war die ranghöchste Organisation der Church und hatte wesentlichen Anteil an der Durchsetzung der Regeln und der genauen Umsetzung von LRH s Prinzipien. Mr. Townsend ging mit mir hoch in ein Zimmer, um, wie sie sagte, eine ›kurze Sitzung‹ mit mir abzuhalten. Als ich fragte, was sie damit meinte, antwortete sie schroff, das würde ich schon sehen.
Sie begann mit der üblichen Prozedur, fragte mich, ob ich müde oder hungrig sei und ob irgendwelche Gründe dagegen sprächen, mit der Sitzung zu beginnen. Ich antwortete auf diese Fragen mit ›nein‹.
»Das ist die Sitzung!«, rief sie daraufhin laut und starrte mich an.
Sie stellte mir weitere Standardfragen und wollte wissen, ob ich aufgebracht oder mit den Gedanken woanders sei. Nach einer kurzen Besprechung dessen, was mir im Kopf herumging – hauptsächlich das, was mit meiner Mutter zu tun hatte –, kam sie zum eigentlichen Grund unserer Sitzung.
»Ist ein Geheimnis übersehen worden?«, fragte sie. Sie versuchte herauszufinden, ob ich ein Vergehen begangen hatte, das ich geheim halten wollte. Nachdem sie den E-Meter kurz getestet hatte, starrte sie mich erwartungsvoll an.
»Nein«, sagte ich, wie ich fand, berechtigterweise.
Mr. Townsend gefiel diese Antwort nicht. Ich überlegte, ob es hier um kleinere Geheimnisse ging wie die Tatsache, dass ich ungefragt Toms Telefon benutzt hatte, um zu Hause anzurufen. Aber das wollte ich nicht preisgeben, denn dann hätte sie es Tom gesagt, und es wäre vorbei gewesen mit den Anrufen.
»Nein«, wiederholte ich. Offensichtlich zeigte die Nadel an, dass ich log. Ein drittes Mal fragte mich Mr. Townsend nach »übersehenen Geheimnissen«, und wieder lautete meine Antwort: »Nein.« Ich merkte, dass sie langsam richtig wütend wurde.
»Ist gut«, sagte sie. »Hast du eine Bank ausgeraubt?«
»Was?«, rief ich ungläubig. »Nein! Wieso sollte ich das tun?«
»Ist gut. Hast du jemanden umgebracht?«
Die Fragen waren absurd. »Soll das Ihr Ernst sein?«, fragte ich.
»Allerdings«, erwiderte sie in ärgerlichem Ton, der auch in ihrer nächsten Frage mitschwang: »Hattest du Sex mit deinem Vater?«
»Was soll das denn?«, brüllte ich zurück.
»Nun, dann lass uns doch noch mal überlegen, denn ich sehe hier etwas am E-Meter.«
»Nein, habe ich nicht«, sagte ich mit Nachdruck und fügte hinzu, ich könne nicht glauben, dass sie mir so etwas überhaupt zutraue.
Aber Mr. Townsend war
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