Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mein glaeserner Bauch

Mein glaeserner Bauch

Titel: Mein glaeserner Bauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Hey
Vom Netzwerk:
eingewiesen. Nur der Vorhang schirmt mich ab.
    »Ja, genau so«, sagt die Arzthelferin leise. »Es geht ganz einfach.«
    Aufgeregt flüstert das Paar miteinander. Dann lauschen sie wieder. Und sehr deutlich sind jetzt die Herztöne ihres ungeborenen Kindes zu hören. Mit Hilfe eines Schallverstärkers.
    Ich liege eingerollt wie ein Embryo auf der Pritsche und weine. Das Herz meines Kindes schlägt unhörbar leise.

D ie Befunde dienen Ihrer und Ihres Kindes Sicherheit«, heißt es im Mutterpass. »Nutzen Sie die Ihnen gebotenen Möglichkeiten, um sich und Ihrem Kind Sicherheit zu verschaffen! Lassen Sie sich helfen, wenn Sie Sorgen haben! Beraten Sie sich mit Ihrem Arzt und befolgen Sie seine Ratschläge!« Hinweise für Schwangere auf der ersten Seite des Mutterpasses.
    Die Sicherheit meines Kindes war erheblich infrage gestellt, seitdem die ersten Anzeichen für eine genetische Abweichung im Ultraschall erkennbar geworden waren. Inzwischen ging es für Leon um Leben und Tod.
    Sicherheit für Sie und Ihr Kind. Genau das ist es, was werdende Eltern sich wünschen und was sie empfänglich macht für die Angebote der Pränataldiagnostik. Und sie bemerken meistens erst zu spät, dass es sich dabei tatsächlich ausschließlich um pränatale Diagnostik, nicht um pränatale Therapie handelt.
    Sicherheit für Sie und Ihr Kind, das klingt in meinen Ohren seitdem wie ein Slogan aus der Werbebranche, und doch wird landauf, landab die Pränataldiagnostik mit diesem Versprechen angepriesen. Selbst auf den Internetseiten des Deutschen Referenzzentrums für Ethik in den Biowissenschaften ( DRZE ) werden die invasiven Methoden der Pränataldiagnostik mit der Gefahrenabwehr für Mutter und Kind begründet: »Die Verfahren dienen dazu, Risikoschwangerschaften, Risikogeburten und Gesundheitsstörungen frühzeitig zu erkennen und somit Gefahren für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind rechtzeitig abzuwenden.« 45
    Erst in den Detailinformationen zu der Untersuchung, der ich mich unterzogen hatte, werden auch die Gefahren für das Kind deutlich benannt:
    Bei der Chorionzottenbiopsie handelt es sich um die frühestmögliche Form der invasiven PND . Hierbei entnimmt der Arzt frühestens ab der neunten, in der Regel aber erst ab der elften Schwangerschaftswoche Gewebeteile aus dem Chorion (der kindliche Anteil der noch nicht voll entwickelten Plazenta), um eventuelle genetische Auffälligkeiten oder bestimmte Stoffwechselerkrankungen des Kindes erkennen zu können. Gewebeteile werden entweder gewonnen mit Hilfe einer Nadel, die durch die Bauchdecke der Mutter eingeführt wurde, oder durch das Einführen eines dünnen Kunststoffschlauchs über den Gebärmutterhals. Bei beiden Methoden wird zur Vermeidung einer Verletzung des Kindes seine Lage sowie die Lage von Nadel und Schlauch mittels Ultraschall bestimmt. Werden bei dieser Untersuchung Erkrankungen des Kindes diagnostiziert, so sind dies meist Krankheiten, zu denen es keine Therapie im Sinne einer ursächlichen Heilung gibt. Die Konsequenz aus einem solchen Krankheitsbefund ist daher entweder, dass die Eltern das Kind mit seinen diagnostizierten Eigenschaften annehmen, oder dass sie das Kind nach der Geburt zur Adoption freigeben beziehungsweise sich für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden. (…)
    Die invasiven Verfahren der PND sind im Vergleich zu nicht-invasiven Verfahren zwar verlässlicher, aber auch deutlich risikoreicher. Denn während die nicht-invasiven Verfahren als weitestgehend ungefährlich eingestuft werden, weist der Nationale Ethikrat in seiner Stellungnahme »Genetische Diagnostik vor und während der Schwangerschaft« aus dem Jahr 2003 ausdrücklich auf die Gefahren von Infektionen, Blutungen und wehenartigen Schmerzen bei der Schwangeren und Verletzungsrisiken bei dem Ungeborenen hin, die mit der Durchführung von invasiven Pränataldiagnostikverfahren verbunden sind.
    Die invasiven Verfahren der PND sind die risikoreichsten pränatalen Untersuchungsmethoden. 46
    Übrigens sind auf der DRZE -Internetseite mit den aktuellen bioethischen Themen zwar ein Dutzend Fragestellungen genannt, die heute innerhalb von Wissenschaft, Gesellschaft und Politik in Deutschland debattiert werden. Alphabetisch aufgelistet reicht hier die Palette von Biodiversität über Forschung mit humanen embryonalen Stammzellen, gentechnisch veränderten Lebensmitteln, Organtransplantation, Patientenverfügung und Sterbehilfe bis zu Tierversuchen in der Forschung. Auch ethische Aspekte

Weitere Kostenlose Bücher