Mein Herz und deine Krone
vielleicht ein zweites Kind zu verlieren und voller Trauer zurückzubleiben …“
Das Schreckensszenario, das Holly mit gleichmütiger Stimme vortrug, wirkte auf Andreas wie eine kalte Dusche. Seine Arme sanken herab, und Holly war wieder frei.
„Ich brauche einfach Zeit …“, wiederholte sie.
„Aber du versprichst, darüber nachzudenken, was ich dir gesagt habe?“
„Ich verspreche es. Und … Andreas?“
„Ja?“
„Schon gut.“ Ohne ein weiteres Wort wandte Holly sich ab und lief in Richtung ihrer Suite davon.
Als Andreas sich umschaute, sah er, dass Sofia ihn sorgenvoll beobachtete. Sie hielt ein Tablett in der Hand. Offensichtlich war sie gekommen, um den Tisch abzudecken. Doch er war sicher, dass sie bereits eine Weile im Hintergrund gestanden hatte.
„Na, wirst du mir jetzt eine Weinflasche über den Schädel ziehen?“, fragte er spöttisch.
Sofia lächelte. „Eine ziemlich drastische Maßnahme, die ich für übertrieben halte, da ich mir inzwischen sicher bin, dass du Holly nicht mehr wehtun wirst“, formulierte sie sorgfältig.
„Ich habe ihr nie wehtun wollen.“
„Trotzdem ist es geschehen.“
„Hat sie dir das gesagt?“
„Gerüchte …“, murmelte die alte Haushälterin und stellte die leeren Weingläser aufs Tablett. „Ich habe gehört, du hast ein Kind mit ihr gezeugt …?“
„Und weiter?“, knurrte er.
„Sie hat das Baby verloren, nicht wahr? Ich habe mit ihr über meine Söhne gesprochen und den Schmerz in ihren Augen gesehen. Du hast eine Menge wiedergutzumachen, Andreas. Wie willst du das bewerkstelligen?“
Grimmig starrte der Prinz sein ehemaliges Kindermädchen an, das wie ein rundlicher Racheengel vor ihm stand. Sie war seine Angestellte. Wäre Sebastian an seiner Stelle, hätte er jetzt unter Garantie indigniert die Brauen gehoben und wäre einfach davongegangen. Doch das brachte er nicht fertig.
„Ich weiß nicht“, gestand er müde.
„Du willst sie doch, oder?“
„Ich hatte vergessen, wie sehr …“
„Dann streng dich an. Du musst dich sensibel zeigen, freundlich sein, ihr Zeit geben und sie von neuem erobern“, riet ihm seine kluge Nanny.
„Ich habe keine Zeit.“
„Dann benimm dich wie die Axt im Walde und bleib mit leeren Händen zurück …“
„Unsinn! Sie muss …“
„Oh, oh … deine Holly ist eine ziemlich smarte Lady, die sich unter Garantie zu nichts zwingen lässt. Das sollte dir eigentlich klar sein, da du sie so gut zu kennen glaubst. Sie ist eine Frau unter Millionen“, behauptete Sofia mit feinem Lächeln. „Du und Christina … das war eine Katastrophe! Aber du und Holly …“
„Lass das! Du mischst dich viel zu sehr in meine Angelegenheiten!“
Sofia schob das Kinn vor und griff nach der leeren Weinflasche. „Okay, ich überlasse alles dir … deinem guten Urteilsvermögen und klaren Verstand. Denn den solltest du zur Abwechslung einmal benutzen! Dein Vater – Gott hab ihn selig – deine Brüder und du, ihr seid ja doch alle gleich und denkt vorrangig mit einem Teil eurer Anatomie, der euch immer wieder in Schwierigkeiten bringt! Aber ich sage kein Wort mehr. Kein Sterbenswörtchen …“
Holly hörte das gedämpfte Stimmengemurmel durchs offene Fenster, konnte aber nichts verstehen. Das waren sicher Andreas und Sofia, die sich am Pool unterhielten.
Über sie? Sofia war auf ihrer Seite und würde sie beschützen …
Aber wovor? Vor Andreas, dem Mann, den sie sich in zehn langen Jahren nicht hatte aus dem Herzen reißen können, sosehr sie es auch versuchte? Warum machte sein Antrag ihr nur solche Angst? Er war jetzt frei und wollte sie. Alles, was sie tun musste, um seine Frau und Prinzessin zu sein, war, in seine weit geöffneten Arme zu fallen. Und genau das war der Punkt. Die heftige Reaktion ihres verräterischen Körpers auf seine sanften Liebkosungen hatte sie erschreckt und verunsichert. Sie dachte daran, was er ihr über seine Familie erzählt hatte. Über seinen Vater, den selbstherrlichen Despoten und Casanova, seine aristokratische Mutter, seine Schwestern und vor allem seine Brüder … charismatische, arrogante Prinzen wie er, sexy und rücksichtslos, gewohnt, sich zu nehmen, was ihr Herz begehrte …
Nichts davon hatte mit der Welt zu tun, in der sie groß geworden war.
Wenn sie tatsächlich auf Andreas’ Erpressung einging – denn nichts anderes war sein Heiratsantrag – dann lieferte sie sich ihm komplett aus und gab damit alles auf, was bisher ihr Leben ausgemacht hatte.
Vorbei war
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