Mein irischer Held
und Bänken ausgestatteten Raum, in dem sich die Bewohner der Burg zum Frühstück versammelt hatten.
Eine Frau in einem blauen Obergewand, über das sie einen leichten Umhang trug, der ihr bis auf die Füße fiel, erhob sich und schritt auf sie zu. Ihr golden schimmerndes Haar war in der Mitte gescheitelt und fiel ihr in sanften Wellen bis auf die Hüf ten. „Ihr seid Genevieve?“, fragte sie auf Englisch.
„Ja.“ Sie streckte zur Begrüßung beide Hände aus, und die Irin ergriff sie.
„Ich bin Isabel, die Gemahlin von Patrick MacEgan, dem König von Laochre. Bitte, setzt Euch doch ein wenig zu mir.“ Sie zog Genevieve neben sich auf eine der einfachen Holzbänke.
„Ihr seid eine Königin?“
„In Irland gibt es viele Könige und Königinnen, die allerdings alle unserem Hochkönig unterstehen.“ Isabel lächelte. „Habt also keine Scheu vor mir oder meinem Gemahl. Ich möchte Euch willkommen heißen und Euch dafür danken, dass Ihr Ewan und Bevan das Leben gerettet habt. Es geschieht nicht oft, dass eine Dame in der Lage ist, einem von Irlands besten Kämpfern zu Hilfe zu eilen.“
Genevieve spürte, wie ihr das Blut in die Wangen stieg. „Euer Schwager hat es mir ermöglicht, dem Mann zu entkommen, der sich als mein Verlobter betrachtet. Indem ich Bevan und seinem Bruder half, habe ich auch mich selbst gerettet.“
„Eure Bescheidenheit macht Euch Ehre.“ Isabel musterte die Normannin freundlich, aber auch mit einer gewissen Neugier. „Ich verstehe, dass Bevan von Euch angetan ist.“
Im ersten Moment wusste Genevieve nicht, was sie darauf erwidern sollte. Dann sagte sie, dabei aus Höflichkeit ins Gälische wechselnd: „Ich fürchte, Ihr übertreibt, Königin Isabel.“
„Nennt mich einfach Isabel. Und: Nein, ich übertreibe nicht. Wenn Bevan nicht fasziniert von Euch wäre, hätte er Euch einfach keine Beachtung geschenkt. Seit dem Tod seiner Gemahlin hat er kaum ein Wort mit irgendeinem weiblichen Wesen gewechselt.“
„Unsere Wege kreuzen sich nur kurz, das ist alles“, sagte Genevieve rasch, denn sie spürte, dass Isabel sich gern als Heiratsvermittlerin betätigen wollte, und das behagte ihr gar nicht. Sie wollte sich nie wieder an einen Mann binden. Hugh war ebenso attraktiv wie Bevan, und da er anfangs liebenswürdig und charmant gewesen war, hatte sie ihm vertraut. Dieses Vertrauen hatte ihr fast das Leben gekostet. Nun, sie hatte daraus gelernt. Es gab Fehler, die man nur einmal machte.
Isabel begriff, dass es klüger war, das Thema zu wechseln. „Wir geben heute Abend ein Fest zu Ehren von Bevans Heimkehr. Er erwähnte, dass Ihr bald nach England weiterreisen werdet. Aber es würde uns freuen, wenn Ihr Euch die Zeit nähmet, mit uns zu feiern.“
„Ich werde zum Fest kommen.“ Genevieve erhob sich lächelnd. „Kann ich Euch bei den Vorbereitungen zur Hand gehen?“
„Ihr habt noch nichts gegessen und wollt schon arbeiten?“, fragte Isabel amüsiert.
„Sobald ich etwas zu mir genommen habe, würde ich mich wirklich gern nützlich machen. Ich bin es nicht gewohnt, untätig herumzusitzen. Und das Warten fällt mir schwer.“
Mit einer Geste wies Isabel auf den gesamten Saal. „Hier gibt es genug Arbeit. Welche Tätigkeiten liegen Euch besonders?“
Genevieve zögerte. Sie liebte die Musik, aber Hugh hatte ihr immer wieder zu verstehen gegeben, dass so etwas eher unerwünscht und überflüssig sei. Also erklärte sie: „Ich kann gut mit Nadel und Faden umgehen.“ Unwillkürlich wanderte ihr Blick zu ihrem zerrissenen Kleid. „Ich wäre Euch sehr dankbar, wenn Ihr mir, ehe ich mich einer anderen Aufgabe zuwende, Gelegenheit geben würdet, mein Gewand zu flicken.“
„Natürlich. Ich werde Euch auch eine Magd schicken, die Euch beim Frisieren hilft. Und“, sie runzelte nachdenklich die Stirn, „was haltet Ihr davon, dass ich Euch für das Fest ein Kleid und einen Umhang nach irischer Mode leihe? Ich bin sicher, Ihr würdet sehr hübsch darin aussehen.“
„Danke, Ihr seid sehr freundlich. Ich nehme Euer Angebot gern an.“
„Ihr sprecht unsere Sprache sehr gut“, bemerkte Isabel. „Wo habt Ihr, eine Normannin, Euch diese Kenntnisse angeeignet?“
„Ich bin in England aufgewachsen. Die Ländereien meines Vaters liegen nahe der Grenze zu Wales. So kam es, dass ich eine Zeit lang als Pflegekind bei einer befreundeten walisischen Familie verbrachte. Es gab dort noch ein zweites Pflegekind, ein Mädchen aus Irland. Von ihm habe ich Eure Sprache
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