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Mein ist der Tod

Mein ist der Tod

Titel: Mein ist der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gert Heidenreich
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die Höhe der Bäume vom Ausmaß der Parks und dem Selbstbewusstsein der Besitzer zeugte.
    Paintner erreichte das schmiedeeiserne Tor am Mispelweg 5, das auf Freyas Geheiß seit Jahren nicht mehr geschlossen worden war und, von Knöterich umwuchert, Rost angesetzt hatte. Direkt dahinter lag linkerhand das ehemalige Kutscherhaus, seit dem Ende der Feudalzeit Wohnung der wechselnden Hausmeister. Das niedrige, weiß gekalkte Haus mit grünen Fensterrahmen und roten Läden war über die letzten Jahre von Freyas Pflegerin Dorina Radványi in den Nationalfarben ihrer Heimat liebevoll hergerichtet worden.
    Dorina lebte hier allein. Sie hatte nach ihrer Scheidung Ungarn verlassen, sich bei Freya beworben und Pflegekenntnisse vorgetäuscht. Als der Schwindel aufflog, behielt Freya die kräftig gebaute, junge Frau bei sich. Dorina war dankbar, zuverlässig und lernte schnell die nötigen Handgriffe. Dass sie Abhängigkeit und Intimität, die sich bei der täglichen Pflege zwangsläufig ergaben, nicht ausnutzte, sondern in den sechs Jahren seit ihrer Anstellung zuvorkommend, ja respektvoll blieb, schätzte Freya besonders an ihr.
    War sie in ihrem Häuschen, sah sie sich als Wächterin über das Grundstück und behielt aus dem Fenster ihres Wohnzimmers die Einfahrt im Blick.
    Als sie Gernot Paintner sah, lief sie aus der Haustür und hinter ihm her, holte ihn auf halbem Weg zum Haus hinauf ein, begrüßte ihn und machte ihn auf die Brombeerranken aufmerksam, die ein dichtes Schlinggeflecht über dem Kies bildeten und wieder junge Triebe ansetzten.
    Er nickte, Dorina lief in ihr Haus zurück, rief Freya in der Villa an und teilte ihr die Ankunft des Bruders mit.

    Günther Korell ging betont langsam die Treppe herunter. Er hatte sich nicht gern bereit erklärt, an dem Gespräch zwischen Freya und ihrem Bruder teilzunehmen. Aber er verdankte ihr so viel, im Grunde ein zweites Leben.
    Gegen den Widerstand der gesamten Familie hatte sie ihn adoptiert und darauf bestanden, dass er sie Mama nannte, seinen Familiennamen aber beibehielt:
    Du sollst nicht Paintner heißen. Ich hasse den Namen. Sie werden einen Fremden, einen Eindringling an ihren Geschäften beteiligen müssen, einen, der nicht einmal heißt wie sie! Du ahnst gar nicht, wie viel Genugtuung mir das bereitet!
    Er schlenderte ins Terrassenzimmer. Freya hatte sich mit dem Rollstuhl so neben dem Kamin in Stellung gebracht, dass ihr Bruder im Sessel gegenüber Platz nehmen und gegen das blendende Fensterlicht hinter ihr blicken musste. Der quadratische Couchtisch zwischen ihnen war leer. Freya hatte Gernot Paintner nicht zum Tee gebeten, sondern zum Verhör bestellt.
    Er ist gleich da, rief sie Korell entgegen. Setz dich vor den Kamin! Du brauchst nichts zu sagen, du musst mir nur zeigen, wenn er lügt, dann zwinkerst du mit dem rechten Auge.
    Korell lachte, beugte sich zu ihr hinab und nahm ihre Hände.
    Ich kann doch gar nicht erkennen, ob jemand lügt, Mama.
    Doch, das kannst du. Du musst nur darauf achten, ob er häufiger blinzelt als sonst. Und was seine Hände tun!
    Und was tun sie, wenn er lügt?
    Er fasst mit der einen die andere. So wie du grade meine packt er die eigenen. Das hat er schon als Kind getan, wenn er log. Hält sich an sich selber fest. Glaub mir!
    Ich glaub dir ja.
    Du lachst mich aus.
    Nein, ich muss nur manchmal darüber lachen, was dir so alles einfällt.
    Dein Lachen höre ich ja doch am liebsten, sagte Freya.
    Die Glocke schlug an. Korell lief zur Eingangshalle.
    Noch in der offenen Tür streckte Paintner dem jungen Mann seinen Hut entgegen, zog seinen Mantel aus und hielt ihn ihm hin, so dass Korell nichts anderes übrig blieb, als die Kleidungsstücke wie ein Diener anzunehmen und in die Garderobe zu bringen.
    Der Alte lief wortlos an ihm vorüber ins Kaminzimmer, nickte Freya zu und setzte sich in den Sessel ihr gegenüber. Er kniff die Augenlider zusammen.
    Du wolltest mich sprechen, ich habe nicht viel Zeit.
    Freya betrachtete ihn stumm, bevor sie erwiderte: Wir können uns schnell einig werden.
    Das bezweifle ich. Aber wie du willst. Also?
    Ich habe nur eine Frage: Wer hat Yoro Mboge umgebracht, und wann?
    Paintner legte den Kopf schief, als habe er nicht gut gehört.
    Jorro was, wer, wann? Umgebracht?
    Korell betrat das Zimmer und lief ruhig zu seinem Platz vor dem Kamin. Er sah Freya an, die ihm zunickte, setzte sich und richtete seinen Blick auf Paintner wie auf ein interessantes Insekt.
    In der Stille zwischen den drei Menschen blieben

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