Mein ist der Tod
eiserne Gliederkette mit einer Erkennungsmarke aus Blech. Eingestanzte Schrift: Stalag VIII , darunter die Nummer 24098 und der Name: Yoro Mboge . Das Blech war in der Mitte perforiert, auf beiden Hälften standen, spiegelbildlich gegenübergestellt, dieselben Einträge.
Daneben lag ein kleines Schwarz-Weiß-Foto mit Büttenrändern, chamois, wenig größer als ein Passbild. Eine junge Frau in karierter Bluse. Sie neigte den Kopf leicht vor und sah Jambaar Nije mit dunklen Augen an. Das Haar, auf dem Foto hellgrau, zog sich in gestaffelten Wellen über den Kopf. Ein rundes, ernstes Gesicht.
Sie hat Sehnsucht, sagte Pfarrer Nije und griff nach dem dritten Gegenstand; eine Anstecknadel mit einem hellen Ring, größer als ein Daumennagel, vielleicht Elfenbein, und im Ring stand eine ausgestanzte Figur, die den alten Nije sehr verwunderte: Eine Katze in Stiefeln, einen Stock in der einen Pfote und einen Hut mit Feder in der anderen.
Er drehte das Ding zwischen den Fingern, hielt es ins Licht, legte es zurück und sagte:
Zauber. Das ist irgendein altes Dschudschu. Nichts für Christenmenschen.
Joseph zeigte seinem Schwiegervater die Schrift auf der Rückseite des Fotos: Freya . Dann legte er seine Schätze zurück in die rostige Blechschachtel mit der blauen Aufschrift Hühneraugenpflaster Lebewohl .
Das ist alles, was ich habe, sagte er, das haben sie mir mitgegeben, und ich hatte es immer dabei, egal, wo ich war. Es ist die Soldatenmarke meines Vaters, und es ist das Bild meiner Mutter. Das mit der Katze weiß ich auch nicht.
Jambaar Nije lehnte sich zurück in den Stuhl und atmete schwer. Die Fahrt von Kerr Seringe Ngaga hatte ihn angestrengt, doch mehr machte ihm die Aufregung zu schaffen. Mariama stellte ihm ein Glas Wasser hin. Er verlangte Bier. Dann ließ er sich das Kind in den Arm legen und betrachtete es. Es sah ruhig zu ihm herauf.
Er schloss die Augen und murmelte etwas, das wie ein Gebet klang. Mariama und Joseph standen unschlüssig daneben.
Der Alte hob den Kopf.
Morgen taufe ich eure Tochter hier in der Kirche. Sie wird Aminata heißen.
Mariama nickte. Aminata war ein schöner Name, er bedeutete Die Ehrliche oder Frau, die Frieden und Ruhe bringt .
So soll sie heißen, sagte Joseph.
Jambaar Nije hob das Baby an seinen Mund und küsste es auf den Scheitel. Es begann zu schreien. Er reichte es der Mutter.
Ladet die Nachbarn ein. Auch die Kinder. Wir erklären nichts. Es ist einfach geschehen. Versteht ihr? Es ist geschehen. Moses wurde im Schilf gefunden. Wer gläubig ist, nimmt es an, wie es geschehen ist. Gott der Herr weiß es. Aber irgendwann werdet ihr es diesem kleinen Mädchen sagen müssen. Nicht zu früh. Nicht zu spät. Und es schadet nicht, wenn ihr dann und wann mit ihr zu den heiligen Krokodilbecken von Kachikally fahrt.
Joseph war auf der Veranda im Stuhl eingeschlafen. Die Feuerspiegel der überschwemmten Felder hatten sich in ihm vermengt mit dem Licht der aufgehenden Sonne, in das er damals gefahren war, auf dem Weg zu den Barrakunda Falls. Die Spur seines Traums führte zur großen South Bank Road.
Sie waren noch in der Dämmerung aufgebrochen. Aminata schlief schon nach zehn Minuten auf dem Sitz neben ihm ein. Er steuerte seinen neunzehn Jahre alten, zweitürigen Toyota Land Cruiser, der einmal grün gewesen, aber jetzt vom rostroten Pistenstaub eingemehlt war, ein paar Kilometer nach Süden und dann nach Osten. Vor Busura stieg die Sonne über die Krone eines uralten Baobabbaumes.
Die Teerdecke war neu und fast ohne Löcher, der Toyota, dessen Stoßdämpfer durchgeschlagen waren, konnte auf der glatten Straße über siebzig fahren, und so trafen sie nach einer knappen Stunde in Basse Santa Su ein. Joseph weckte seine Tochter.
Jetzt gibt es Frühstück.
An einem Straßenstand kaufte er sechs Literflaschen Wasser, zwei gegrillte Hühnerfleischspießchen und einen großen Becher Brei, der mit einem handgeschriebenen Schild als Homemade Best ausgewiesen wurde, eine Paste aus gestockter Milch, Maniok, Kochbananen und geriebenen Erdnüssen.
Die Fähre hatte gerade auf der anderen Seite angelegt, und sie mussten eine Stunde warten, bis sie endlich kam und sich geleert hatte. Bei der Auffahrt bog sich das Blech, das zwischen Ufer und Ponton gelegt war, unter dem Land Cruiser durch. Auf die Eisenplattform ohne Geländer passten noch ein alter Renault R4, fünf aneinandergebundenen Ziegen, drei Männer mit Fahrrädern und eine Frau mit einem Handkarren, in dem zwei Kinder
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