Mein ist der Tod
einem Teddybären, kanntest du ihn?
Es war meiner, den ich als Kind hatte, er war von zu Hause, also, von meinen echten Eltern, und auch im Traum nahm ich ihn immer mit ins Bett. Im Grunde war ich wirklich schon zu alt dafür.
Sie stand auf und holte zwei Gläser und eine Flasche Wasser. Korell lehnte sich zurück und schloss die Augen.
Oder möchtest du lieber einen Wein? Ich habe einen Pichon Le Roc offen, 1995, nicht schwer.
Ich verstehe nichts von Wein.
Solltest du. Schriftsteller, die von Wein nichts verstehen, sind entweder Alkoholiker oder Banausen.
Er öffnete die Augen und lachte. Ich bin kein Alkoholiker.
Martina holte die Flasche Bordeaux und zwei Gläser, setzte sich, schenkte ein, hob ihr Glas, wartete darauf, dass er seins aufnahm, und fragte:
Wovon lebt eigentlich ein Lyriker?
Er zögerte, trank, sagte: Von Liebe und Tod.
Sie lachte, verschluckte sich und hustete. Er sprang auf, kam um den Tisch zu ihr und klopfte ihr sanft den Rücken. Als sie sich beruhigt hatte, ließ er seine Hand zwischen ihren Schulterblättern liegen.
Martina Matt lehnte sich nach vorn und entzog sich seiner Berührung.
Ach, ich glaube, der Tee hat zu lange gezogen, sagte Freya Paintner, nun werden Sie mir müde werden, bevor ich Ihnen die ganze Geschichte erzählt habe. Dorina hat ihn zubereiten müssen, Günther ist heute nicht da, und, bitte, was soll eine Ungarin von indischem Tee verstehen?
An ihrem Hals und im Gesicht zeigten sich rote Flecken. Swoboda bildete sich nicht ein, dass sie seinetwegen nervös war, auch wenn sie ihn als Künstler offenbar schätzte und nicht nur eine ganze Serie von Gouachen gekauft hatte, sondern eben auch jenes einssiebzig mal zweizwanzig große Chamäleon , das nun die Wand zwischen Zimmerdecke und Kaminsims ausfüllte, seinen Kopf über die Dächer der Stadt in einen düsteren Himmel hob und sein Auge mit dem schwarzen Loch starr auf den Betrachter richtete.
Ihre Nervosität übertrug sich auf die Hände. Mit dem Steuerstick zuckte sie hin und her, ließ ihren Rollstuhl halb auf der Stelle drehen, zum Korbtisch auf der Veranda, wieder von ihm weg, fuhr dann zum Rand der Terrasse und blieb abrupt stehen.
Ist das nicht ein Wunder? Wie alles immer stirbt und wiederkommt?
Swoboda setzte die Tasse ab. Sie passte nicht ganz in die Untertasse und wackelte nach. Freya Paintner steuerte zum Tisch zurück.
Sehen Sie! Dorina ist eine zauberhafte Stütze bei meiner Unbeholfenheit, aber ob das Geschirr zueinandergehört, ist ihr unbegreiflicherweise völlig egal.
Mir auch, gab Swoboda zu.
Günther würde das nie passieren. Bei ihm hat alles seine Ordnung. Schade, dass Sie ihn heute nicht treffen können.
Sie wollten mir von dem Toten im Fischerhaus erzählen.
Ja.
Sie schwieg und blickte in den verwilderten Garten.
Eines müssen Sie zuerst verstehen, Alexander, ich darf Sie doch Alexander nennen, nein? Ich habe zu Ihrer Kunst ein so nahes Verhältnis.
Selbstverständlich. Das ehrt mich.
Keine Schmeicheleien. Ich möchte, dass Sie wissen: Eigentlich passt zu mir ein gepflegter Garten, ein, sagt man gegärtnerter Garten? Und wenn man mich hätte leben lassen, wie ich wollte, mit der Liebe, die ich hatte, dann sähen Sie hier wahrscheinlich gepflegten Rasen, Rabatten, Rosenbeete, getrimmte Hecken und unkrautfreie Steinwege. Aber man hat mir mit meiner Liebe das Leben genommen, nein, angeblich hat man mich vor meiner Liebe gerettet. Jetzt will ich kein anderes Leben mehr sehen außer dem Wildwuchs der Natur.
Der Maler schwieg. Ihm war das Geständnis unangenehm, den Garten fand er scheußlich, sah darin keine geheimnisvolle Urlandschaft, kein Werden und Vergehen, nur ein Durcheinander von Fäulnis und Behauptung. Wenigstens beschien die Sonne das pflanzliche Tohuwabohu mit ihrem milden und frischen Frühlingslicht und ließ in all der Verwesung eine Art Optimismus zu.
Swoboda stand auf und trat neben Freyas Rollstuhl.
Erzählen Sie.
Sie sah zu ihm auf.
Sie mögen meinen Garten nicht.
Nein.
Warum?
Zu viel Tod, sagte Swoboda. Zu viel altes Zeug.
Freya Paintner schob den Stick vor und steuerte den Rollstuhl zu dem kleinen Tisch zurück.
Kommen Sie! Es gibt Zickerchen aus Marzipan. Ich weiß, alte Männer haben häufig diese Sehnsucht nach Jugend und Frische, aber glauben Sie mir, das ist keine Präferenz Ihres Geschlechts, ich habe mein ganzes Leben damit vergeudet!
Es war so, dass ich diesen kleinen Teddy, der auch schon ganz rubbelig und abgeliebt war, mit ins Bett nehmen
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