Mein Ist Die Nacht
Rebecca
nutzte die Zeit, um sich ein wenig umzuschauen. Erst jetzt
erblickte sie den kleinen Computertisch neben der Balkontüre.
Der Monitor war vergilbt, die Tastatur wirkte schmutzig. Neben dem
Arbeitsplatz standen zwei weitere Rechner und ein Laptop.
Beschäftigte sich Clay in seiner Freizeit mit Computern?
Vielleicht war er ein Hacker.
»So, da bin ich
schon wieder.« Er stellte zwei Colagläser auf den Tisch
und setzte sich zu ihr.
»Sammelst du
Computer?«
Er folgte ihrem Blick
und lachte. »Die sind von einem Kollegen, der etwas Stress
mit dem Gerichtsvollzieher hat. Deshalb hat er die Kisten hier
vorübergehend untergebracht. Er hat wohl Angst, dass der
Vollstrecker ihm die Kisten unterm Hintern weg
pfändet.«
»Hm.«
»Aber wir sind
nicht hier, um über meinen Freund zu reden«, wechselte
Clay das Thema. Er ergriff sein Glas, prostete ihr zu und
trank.
Rebecca tat es ihm
nach. Die Cola schmeckte irgendwie ein wenig bitter, doch sie
wollte nicht unhöflich sein. So trank sie.
»Also«,
sagte Clay und lehnte sich zurück. »Was ist los in
deiner Beziehung? Wo drückt der Schuh?«
Sie genoss den Klang
seiner Stimme und spürte die fast hypnotische Wirkung. Dieser
Mann nahm sie in seinen Bann. Rebecca dachte in diesem Augenblick,
dass sie ihm gehören wollte. Sie legte den Kopf schräg,
sodass er ihren Hals sehen konnte. Prompt blieb der Blick seiner
grünen Augen auf ihrer Halsbeuge haften. Rebecca bildete sich
ein, dass er durch ihre Haut hindurch blicken konnte. Dachte, dass
er das pulsierende Blut in ihren Adern sehen konnte. Der Gedanke
daran, dass er sich jetzt in diesem Augenblick nach Blut verzehrte,
nach ihrem Blut, erregte sie auf eine Weise, die sie bisher nicht
gekannt hatte. Fast sehnte sie den Augenblick herbei, da er sich
ihrem Hals nähern würde.
Rebecca versuchte, den
Gedanken daran zu verdrängen und bemühte sie sich, seine
Fragen zu beantworten.
»Er hält
mich einfach ständig für verrückt, sobald ich das
Wort Nachtgestalt oder gar Vampir in den Mund nehme.« Sie
fühlte sich benommen, versuchte aber, sich nichts anmerken zu
lassen. »Roland zeigt kein Verständnis für mich und
meine Neigung. Er lacht mich aus und stellt mich bloß, wann
immer er kann.«
»Er ist einfach
nur töricht. Du hast etwas Besseres verdient,
wirklich.«
Seine Stimme klang
jetzt hohl und verzerrt in ihren Ohren, fast so, als hätte er
durch einen Metalltrichter zu ihr gesprochen. Rebecca fühlte
sich, als hätte sie viel Alkohol getrunken. Ihre
Gliedmaßen wurden schwer wie Blei, und sie stellte das Glas
mit einem harten Knall auf der Tischplatte ab, um kraftlos in die
Polster zu sinken. »Was … was ist das?«, fragte
sie heiser und deutete auf das Colaglas.
»Das? Nur eine
Cola.« Er lächelte. Seine geschwungenen Lippen bildeten
nur einen schmalen Strich. »Du musst keine Angst haben. Ich
habe uns eine Spezialmischung gegönnt.« Langsam
näherte er sich ihr.
Wie gebannt starrte
sie auf seinen Mund. Sah die strahlend weißen Zähne, die
er nun bleckte. Sie fragte sich, woher dann der faulige Atem kam.
Von innen heraus. Was war er? Als hätte er einen Schalter tief
in ihr betätigt, legte sie den Kopf auf die Seite. Sie wollte
ihm seinen Hals darbieten und sehnte sich danach, sein Donar zu
werden.
Ja, dachte sie, dieser
Mann darf mein Blut trinken. Sie sehnte sich jetzt sogar nach dem
erlösenden Schmerz, den er ihr sicherlich gleich bereiten
würde und schloss erwartungsvoll die Augen. Es dauerte keine
zwei Sekunden, bis sie seinen heißen Atem auf ihrer Haut
spürte. Er küsste ihren Hals, zog mit seiner Zunge eine
feuchte Bahn über ihre Haut und knabberte sanft an ihr. Ein
wohliges Stöhnen kam über ihre Lippen. Sie fühlte
sich, als hätte man ihr den Boden unter den Füßen
weggerissen. Rebecca stürzte ins Bodenlose, sank weiter in die
Polster, rutschte nach vorn und war bereit. Dann wurde es noch
dunkler um sie herum. Rebecca spürte, wie sie in einen
tranceartigen Zustand fiel. Sie konnte fühlen, konnte
hören, war aber außerstande, sich zu bewegen. Schlaff
hingen ihre Gliedmaßen an ihrem Körper herunter. Sie war
ihm ausgeliefert, und der Gedanke daran war gut. Das Letzte, was
sie hörte, bevor sie ohnmächtig wurde, war sein leises
triumphierendes Lachen. Gleich würde er sich nehmen, was er
begehrte. Und sie fieberte diesem Akt entgegen. Nicht von hier,
sondern aus der Traumwelt heraus, in der sie sich
befand.
Er grinste noch immer
triumphierend, doch das bekam Rebecca schon
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