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Mein Jakobsweg

Mein Jakobsweg

Titel: Mein Jakobsweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Sauer
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führt uns der Zufall nun direkt auf den Hof der privaten Herberge. Britta erfährt in wenigen Minuten alle wichtigen Informationen dieses Tages. Hier ist also auch Fiesta, ohnehin ist es Sonntag. Ob Sonn- oder Wochentag, vergisst man ganz, wenn man so unterwegs ist. Sonntags aber fahren keine Busse. Auch nicht am nächsten Tag. Allerdings könnten wir jetzt gleich gegen ein geringes Entgelt mit dem Wagen fahren, der die Rucksäcke nach O Cebreiro bringt. Brittas Organisationstalent ist einfach umwerfend.
    Diese Beförderung von Rucksäcken wird auch in meinem Buch beschrieben. Der Hänger ist schon voll beladen. Ich zwänge meinen Rucksack noch dazwischen und hoffe, er bleibt auch während der Fahrt dort liegen. Der Fahrer muss das alte Auto ganz schön treten: fünf Personen und ein übervoller Hänger.
    Dessen ungeachtet fährt er seine Strecke, singt und lacht und grüßt die peregrinos, die wir überholen. Irgendwo hält er mal an, um etwas abzugeben, und noch einmal, um zwei jungen Spanierinnen die Rucksäcke abzunehmen. Erleichtert winken sie dem Wagen nach, er ruft ihnen zu, wo sie die Rucksäcke abholen können. Die Straße wird zusehends steiler; in den Kurven denke ich manchmal, dass der Hänger den Wagen wieder zurückzieht. Mit noch mehr Gas gelingt ihm aber auch diese Steigung. So passieren wir die Grenze zu Galicien. Schneller als vermutet, erreichen wir O Cebreiro. Eilig heben wir die Rucksäcke vom Hänger. Der Wagen braust erleichtert davon.
    O Cebreiro, ursprünglich eine Siedlung der Kelten, gleicht heute in seiner Gesamtheit einem Museum. Da dieser Sonntag auch noch ein Feiertag ist, nutzen viele Spanier den Anlass für einen Ausflug hierher. Die Straßen und Gaststätten sind voll von Menschen, der ganze Ort ist angefüllt mit dem Lärm dieses Tages.
    Vor der Herberge stellen wir die Rucksäcke in einer immer länger werdenden Reihe ab. Dann warten wir selbst in einer langen Schlange stehend auf Einlass. Ich werde nach unten in einen Schlafsaal im Keller eingeteilt, wo der Pilzbefall die Wände hochkriecht. Dieser Raum ist sofort voll, ebenso der Saal gegenüber. Ich finde gerade noch ein unteres Stockbett, doch der Pilz an der Wand neben mir wächst beinahe bis zur Decke. Im ebenerdigen Eingangsbereich gibt es einen langen Flur mit kleineren Zimmern. Ich weiß nicht, welche Privilegien man haben muss, um auf dieser Etage schlafen zu dürfen. Immerhin sind auch die sanitären Anlagen deutlich sauberer als unten, und das Wasser ist sogar warm. Also werde ich hier duschen. Die große Küche hingegen könnte zwar schön sein, ist aber furchtbar dreckig.
    Später, als es etwas ruhiger geworden ist, wage ich den Versuch, die Herbergsmutter um ein Bett ohne Schimmelpilz zu bitten. Aber die Dame war vorhin schon zu uns allen extrem unfreundlich und hat ihre schlechte Laune wohl auch beibehalten. Denn jetzt sieht sie mich richtig böswillig an und ignoriert einfach meine Frage. Ratlos bleibe ich vor dem Schreibtisch stehen und sehe zu der jungen Frau auf, die offenbar nur eine Hilfskraft ist, sich aber schon von vornherein wesentlich rücksichtsvoller verhalten hat als die Hausherrin. Tatsächlich wagt sie den Vorschlag, mich in das Stockwerk darüber, in ein Mansardenzimmer, einzuquartieren. Aber das war ein Fehler! Ich hätte die junge Frau nicht in diese Situation bringen dürfen, denke ich, denn jetzt wird die Herbergsmutter richtig wütend. Was sie auf Spanisch sagt, verstehe ich nicht, aber es ist sicher nichts Gutes.
    Zum Dank nicke ich der jungen Spanierin zu und wende mich zum Ausgang. Du solltest zehn Euro auf den Tisch legen, das ist wahrscheinlich eine Sprache, die auch die Herbergsmutter versteht, geht es mir noch durch den Kopf. Aber dann sage ich mir, die kriegt nicht einen Pfennig. Also noch nicht mal die übliche Spende von zwei Euro!
    Zumal in diesem Moment zwei junge Männer die Treppe aus dem Mansardenbereich herunterstürmen und der eine zu dem anderen sagt: Mensch, das ist ja hier ein Komfort wie in einem Hotel. Na prima, denke ich beim Verlassen dieser gastlichen Herberge, wenigstens die Jungens können in gepflegten Räumen schlafen.
    Die Helligkeit des Sonnenlichts und das Grün der Berge sowie die kleinen, mit Stroh gedeckten Häuser keltischen Ursprungs lassen mich den Schimmelpilz an meinem Bett vergessen. Gegenüber der Herberge, auf der anderen Straßenseite, sehe ich in ein tiefes Tal, wo Hecken und Bäume die kleinen Wiesen und Äcker umfrieden. Straßen schlängeln sich

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