Mein Leben für dich
Quatsch geredet, aber insgeheim freue ich mich trotzdem über seine Wortwahl. Ein Mädchen als Elfe zu bezeichnen, ist doch irgendwie … ein Kompliment, oder? Und mein Bodyguard hat mir noch nie ein Kompliment gemacht. Ich merke, dass meine Ohren wieder zu glühen beginnen, und bin froh, dass sie relativ klein sind und nicht wie tatsächliche Elfenohren nach oben hin lang und spitz zulaufen. Dann hätten sie noch mehr Platz, rot zu werden, und ich könnte sie gar nicht mehr verbergen.
»Du hattest es an unserem ersten gemeinsamen Tag an.«
»Äh … was?«
Er verzieht ungeduldig das Gesicht. »Na, das Kleid. Du hast es getragen, als wir uns zum ersten Mal begegnet sind. An diesem Samstagvormittag.« Simon wirft mir ein Lächeln zu, welches das Glühen meiner Ohren noch weiter schürt. Wie kann ein Mensch nur auf so viele unterschiedliche Arten lächeln und damit jedes Mal etwas anderes in einem auslösen?
»Ah, doch, ja klar, jetzt … weiß ich, welches du meinst«, stammle ich mit krächziger Stimme. »Du kannst dich wirklich noch daran erinnern, was ich damals anhatte? Das ist doch schon Wochen her.«
Er zuckt mit den Schultern. »Du bist mir damals immerhin direkt in die Arme gesegelt, so etwas kommt nicht jeden Tag vor.«
»Oh, stimmt.« Ich räuspere mich übertrieben. »Wirklich nett von dir, dass du mich daran erinnerst«, sage ich sarkastisch, und ein bisschen ist es so wie früher, als wir beide uns noch angefrotzelt haben und alles herrlich normal war. »Glaub mir, dieser Sturz von der Treppe war mir mehr als peinlich«, füge ich hinzu, als ich das lachsfarbene Kleid zurück in den Schrank hänge. Eigentlich suche ich nur nach einem Grund, mich kurz von Simons Lächeln und seinen Blicken zu erholen, denn selbst nach der geraumen Zeit, die ich ihn nun schon kenne, haben sie nicht an ihrer verwirrenden Wirkung verloren. Ich tu so, als würde ich in meinem Schrank herumwühlen und nach irgendetwas suchen, bis das Hitzegefühl endlich verebbt.
»Äh, was ist das denn?«, fragt mich Simon just in dem Moment, als ich mich wieder zu ihm umdrehe. Er deutet auf das Geldbündel auf meinem Tisch. »Hast du eine Bank ausgeraubt oder was?«
»Oh, das sollte eigentlich nicht so offen hier herumliegen«, sage ich, schnappe mir den Stapel Geldscheine und stopfe ihn in einen beigefarbenen Umschlag, auf den ich mit Feder und Tusche eine kleine schwarze Maske gezeichnet habe.
»Sag bloß, das waren lauter Fünfhunderter«, japst Simon.
»Na ja, ich … habe vorhin mein Konto ein bisschen geplündert«, erkläre ich leicht beschämt. Mir ist durchaus bewusst, dass nicht jeder einfach mal schnell zehntausend Euro von seinem Girokonto abheben kann, ohne dass das eine große Lücke, wenn nicht sogar ein Minus hinterlassen würde.
»Tja, also falls du vorhast, dich kurzfristig noch in ein paar überteuerte Boutiquen zu stürzen, um dir dein hundertsiebenunddreißigstes Kleid zu kaufen, meine Meinung kennst du ja. Spar dir lieber das Geld und wirf dich in dein hellgrünes Dingsda.«
»Nein, Blödsinn, das Geld ist nicht für mich. Ich wollte es Kai überreichen, sozusagen als Startschuss für die Veranstaltung.«
Simon starrt mich erst an, dann nickt er ein paarmal stumm, aber ich kann nicht sagen, was tatsächlich in ihm vorgeht und ob er mich nicht eigentlich für total verrückt hält.
»Ich weiß, es ist eine Menge«, setze ich hinterher, weil ich das Gefühl habe, ihm die Sache erklären zu müssen, »aber wie du mir eben schon mit deiner charmanten Art klargemacht hast: Ich habe von allem mehr als genug und bis vor Kurzem war mir gar nicht richtig bewusst, wie gut es mir eigentlich geht. Ich möchte einfach anderen etwas von meinem Glück abgeben, das ist alles.«
Simons Mimik bleibt unverändert, aber ich habe das Gefühl, es geht so einiges in seinem Kopf vor. Wenn ich nur wüsste, was! Aber wie immer hält er seine Gedanken vor mir verborgen.
»Okay, ich sollte mich dann wohl auch mal langsam fertig machen«, sagt er nach kurzem Schweigen. »Oder brauchst du mich noch für irgendetwas anderes? Schminktipps, Handtäschchenfrage, Frisurenwahl? Ich würde vorschlagen, mach dir mal zur Abwechslung Locken.«
Ich schüttle lachend den Kopf. »Vielen Dank auch, nein, du bist entlassen. Ich glaub, ich habe kapiert, dass ich in diesen entscheidenden Fragen wohl doch auf mich allein gestellt bin und du als mein Beautyberater kläglich versagst. Aber trotzdem danke. Und nur zur Info: Wahrscheinlich bleibe ich bei
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