Mein Leben für dich
ein paar Leute interessiert zu uns rüberblicken und tuscheln. Jetzt bloß die Haltung bewahren und nichts Peinliches anstellen, beschwöre ich mich.
»Hör mal, ich wollte mich eigentlich längst bei dir melden und fragen, ob wir mal einen Kaffee zusammen trinken, aber ich hatte eine Menge stressiger Proben, die fast meine gesamte Freizeit gefressen haben.« Kai verdreht die Augen. »Sei froh, dass du noch zur Schule gehst und keinen Job hast.«
Toll, da ist sie wieder, die Du-bist-ja-noch-so-jung-Leier. Aber ich werde sie einfach ignorieren. »Warum spielst du denn nicht in diesem Stück mit?«, will ich von Kai wissen. »Ich könnte mir vorstellen, du wärst ein super Benedikt.«
Kai winkt ab. »Ach was, das sind Rollen, die man den Newcomern überlassen sollte. Ich nehme nur noch solche an, die eine echte Herausforderung darstellen, verstehst du? Charaktere mit Ecken und Kanten, keine aalglatten Typen.«
Ein paar Leute haben sich mit ihren Sektgläsern um uns geschart und nicken zustimmend.
»Und an welcher Rolle bist du gerade dran?«, frage ich, um ihn weiter in ein Gespräch zu verwickeln. In diesem Moment tippt mir jemand auf die Schulter. Ich drehe mich um. Simon Winter hält mir ein Sektglas vor die Nase. Tatsächlich hatte ich meinen Bodyguard in Kais Gegenwart total vergessen. »Danke!«, sage ich frostig und nehme ihm das Glas ab. »Uh, das ist ja Wasser!«, stelle ich nach dem ersten Schluck angewidert fest.
»Ja klar, wolltest du etwas anderes? Cola? O-Saft?«
»Ich wollte eigentlich einen Prosecco.«
»Was, um diese Uhrzeit?« Er zieht die Augenbrauen hoch. »Ist doch erst halb zwölf! Und so wacklig, wie du vorhin schon auf den Beinen warst …«
Ich funkle ihn wütend an und will gerade fragen, was ihm eigentlich einfällt, da bemerke ich Kais interessierten Blick und halte mich zurück. Wenn ich jetzt anfange herumzuzicken, wird es nur peinlich. Selbstbeherrschung ist eine wichtige Disziplin, wenn man nicht unangenehm auffallen will.
Kai blickt fragend zwischen mir und Simon Winter hin und her. Um Himmels willen, ich kann mir schon denken, was in ihm vorgeht. Er glaubt sicher, Simon wäre mein Freund.
»Oh, also das hier ist … äh, Simon Winter. Er ist bloß mein … Also, er ist mein neuer Bodyguard«, stelle ich schnell klar.
Kai setzt prompt wieder sein strahlendes Lächeln auf. »Ach, so ist das. Freut mich. Kai Thalbach.« Die beiden geben sich die Hand, wobei Simon keine Miene verzieht.
»Gut, also dann … Wir sollten lieber wieder rauf in die Loge gehen, nachher stürmen alle gleichzeitig los und jeder tritt jedem auf die Füße«, wendet sich Simon wieder an mich. »Und … ich weiß schon, wer dann als Erste wieder die Stufen runtersegelt«, fügt er mit spöttischem Unterton hinzu.
Klar, dieser Kommentar war jetzt nötig. Dieser schreckliche Mensch scheint es zu genießen, mich vor Kai und den anderen Leuten bloßzustellen. Er legt seine Hand auf meinen Rücken, um mich Richtung Treppe zu schieben.
»Hey«, protestiere ich, »es hat doch noch nicht einmal gegongt.«
Gong-gong-gong!, macht es in diesem Augenblick.
»Jetzt schon.«
»Aber …« Ich drehe mich nach Kai um, der mir aber bereits den Rücken zugekehrt hat und sich jetzt mit einer eleganten jungen Frau mit schwarzen Haaren und einer eindrucksvollen Figur unterhält und ihr dabei immer wieder eine Hand auf die bloße Schulter legt. Ob das seine Freundin ist? Ich überlege kurz, warum sie mir so bekannt vorkommt, da fällt mir das Programmheft ein, das ich vorhin durchgeblättert habe. Demnach müsste sie eine der Schauspielerinnen sein.
»Siehst du? Dein Schwarm ist schon wieder beschäftigt«, stellt Simon Winter trocken fest. »Du verpasst hier nichts mehr, außer du willst deine Zeit damit verschwenden, dich diesem Vogel an sein zerknittertes Hemd zu werfen.«
Ich schüttle seine Hand ab. »Er ist nicht mein Schwarm!«, gifte ich ihn an. »Er ist ein bekannter Theaterschauspieler und ich wollte mich bloß in Ruhe zu Ende unterhalten, weil das nämlich höflich ist. Aber von Höflichkeit hast du ganz offensichtlich keine Ahnung! Und noch etwas: Das ist ein Hemd von Ralph Lauren und sieht ungebügelt ultrasexy aus!«
»Mia?« Ich fahre herum. Kai steht plötzlich wieder neben mir und legt seine Hand nun auf meine Schulter, was sich ziemlich, ziemlich gut anfühlt. Die schwarzhaarige Frau beobachtet uns aus zwei Meter Entfernung und macht ein ziemlich verkniffenes Gesicht. Das spornt mich an, meinen
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