Mein Leben für dich
niemand zu Kleinholz verarbeitet oder über seinem Kopf anzündet.«
»Wer sollte das tun?«, frage ich irritiert. »Und aus welchem Grund?«
»Irgendjemand, wer weiß warum? Fiese Kids, Neider, Nachbarn, die den ekligen Fettgeruch nicht abkönnen, andere Gangs …« Rick zuckt mit den Schultern. »Die Welt ist voll von schlechten Menschen, Simon. Aber wir sind für Yoji da, damit er sich erst gar keine Sorgen um seine Sicherheit und die seiner kleinen Bretterbude machen muss. Wir halten ihm das Übel vom Hals und sehen regelmäßig nach dem Rechten. Natürlich gegen einen angemessenen Obolus, nichts im Leben ist umsonst. He, du als Bodyguard weißt wohl am besten, wovon ich spreche, letztendlich machst du ja nichts anderes. Auf Leute aufzupassen ist kein leicht verdientes Brot.«
Mir wird heiß und das Achterbahngefühl in mir wird noch stärker. Ich erinnere mich daran, wie verzweifelt der junge Asiate aussah, als wir damals bei ihm zu Hause auftauchten und ihn fertigmachten. Seine Frau schrie im Hintergrund und er stammelte unentwegt etwas von erhöhten Mietkosten und zwei schlechten Monaten, aber ich habe ihm nicht zugehört, sondern hatte Spaß daran, ihm für Rick die Fresse zu polieren. Allein bei dem Gedanken daran wird mir schlecht. Denn erst jetzt checke ich, was da tatsächlich abgelaufen ist. Yoji hat sich kein überteuertes Auto klauen und umspritzen lassen. Er musste für etwas anderes bezahlen. Für etwas, das selbstverständlich und umsonst sein sollte. Für einen ruhigen Schlaf. Ben hatte neulich am Telefon angedeutet, womit die Clique noch ihr Geld verdiente und was man ihm versuchte nachzuweisen. Aber wenigstens hatte er es beim Namen genannt und nicht verharmlost: Schutzgelderpressung, hatte er gesagt. Nicht Hilfestellung, so wie Rick.
»Ben ist nicht nur mein wichtigster Mann im Autogeschäft, er kommt auch am besten mit unseren … nun, ich nenne sie gerne Kunden , aus«, reißt mich Rick aus meinen Grübeleien. »Umso schlimmer, dass er nun schon seit geraumer Zeit fehlt. Seine Abwesenheit macht sich stark bemerkbar. Auf der Straße, bei unseren Kunden und anhand der schwarzen Löcher auf meinem Konto. Hinzu kommt, dass Till … du erinnerst dich doch noch an Till, oder, Simon?«
Ich nicke. Klar, was soll diese überflüssige Frage?, denke ich leicht angepisst von Ricks gespielter Unwissenheit. Er weiß genau, dass ich Till kenne, immerhin hat er mich selbst schon ein paarmal mit ihm und Mike losgeschickt, um etwas für ihn zu erledigen.
»Nun ja, Till ist vorgestern aus heiterem Himmel ziemlich panisch geworden, sagte mir, dass er aussteigen, sich umorientieren will. Einfach so. Und das, wo ich immer für ihn da war und ihm mehr als ein Mal den Arsch gerettet habe.«
Ich sehe Rick an und das mulmige Gefühl in meinem Bauch sagt mir, dass hier etwas stinkt. Gehörig.
»Was … ist mit Till?«, hake ich mit heiserer Stimme nach.
»Wir haben uns von ihm verabschiedet«, erklärt der Boss wie aus der Pistole geschossen und nimmt einen weiteren kräftigen Schluck aus seiner Flasche. »Allerdings anders, als er es sich wahrscheinlich vorgestellt hat, stimmt’s, Mike? Der Unfall traf ihn ziemlich unvorbereitet. Er hätte eben nicht zu Fuß gehen dürfen.«
Mike nickt. »Hat ’ne ziemliche Sauerei hinterlassen, als ihn mein Mercedes erwischt hat«, sagt er.
Ein ekelhafter, säuerlicher Geschmack breitet sich in meinem Mund aus, wie sonst nur, wenn ich kurz davor bin zu kotzen.
»Ich habe ’nen halben Tag gebraucht, das Baby wieder sauber zu kriegen«, schiebt Mike hinterher und fischt einen Schokoriegel aus der Tasche seiner Lederweste, den er aufreißt und in drei Bissen verschlingt.
Mein Blick wird unscharf und ich höre Mike aufstoßen und anschließend wie aus weiter Ferne lachen. Aus dem Augenwinkel sehe ich Rick, der mich weiterhin prüfend anschaut. Wahrscheinlich, damit ihm auch ja keine meiner Regungen entgeht. Und obwohl die Wohnungstür nur drei Meter entfernt ist und ich am liebsten einfach aufspringen und abhauen würde, weiß ich, es geht nicht. Ich bin hier auf Ricks Designersessel gefangen, den er von dem Geld anderer bezahlt hat. Geld, das er Menschen abverlangt hat, damit ihnen nicht das Gleiche zustößt wie Till.
»Was ich sagen will, Simon«, fährt Rick fort, »Mir fehlen im Moment zwei zuverlässige Männer in meinem Team. Vor allem Ben arbeitet hart und mit viel Einsatz. Er hat eine Menge Geld eingebracht, aber auch Till war vielfach einsetzbar. Wenn ich nicht
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