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Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition)

Titel: Mein Leben nach der Todeszelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Damien Echols
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Regung, jede Bewegung beobachten. Anscheinend fanden viele, dass sie noch nie besser unterhalten worden waren. Geier rissen das Fleisch von meinen Knochen, während ich noch lebte.
    Ich hatte nie eine Chance. In den Pausen machten Richter und Staatsanwälte Witze über mich und lächelten, als erwarteten sie, dass man ihnen auf die Schulter klopfte. Burnett kommentierte den hübschen Arsch einer weiblichen Geschworenen, und Fogleman mit seinen vorstehenden Zähnen alberte herum. Zwölf Leute davon zu überzeugen, dass sie dafür stimmen sollten, mich zu ermorden, war für sie ein ganz normaler Tag im Büro.
    Wenn Beweismaterial vorgelegt wurde, das mir hätte helfen können, wurde die Jury aus dem Saal geführt, damit sie es nicht hörte. Man fand heraus, dass John Mark Byers, der Stiefvater eines der Kinder, ein Messer hatte, an dem Blut klebte, das mit dem Blut mindestens eines der Opfer identisch war. Meinen Anwälten wurde nicht gestattet, ihn in Anwesenheit der Geschworenen direkt zu fragen: » Haben Sie diese Kinder ermordet? « Warum nicht? Weil er, wie man ihnen sagte, nicht der Angeklagte in diesem Verfahren war, sondern ich. Eigentlich war es überhaupt kein Verfahren, sondern eher eine Formalität, die erledigt werden musste, bevor man mich schuldig sprechen konnte. Die Eltern und Verwandten der Opfer sprachen und reagierten niemals im Gerichtssaal, aber sie taten es oft und wortreich draußen vor den Kameras. Ich sah es später in meiner Zelle in den Nachrichten. Meine Eltern, Jack, Michelle und ein paar Freunde unserer Familie saßen jeden Tag im Zuschauerraum. Wenn ich mich auf meinem Platz am Tisch der Verteidigung umdrehte, schauten sie mich hilflos an. Ich glaube, sie wollten etwas für mich tun und mithelfen, mich zu verteidigen, aber sie wussten einfach nicht, wie. Sie begriffen ja kaum, was sich da vor ihren Augen abspielte. Nachdem ich für kurze Zeit aufmerksam zugehört hatte, gab ich es auf. Die Pein war zu groß, der offenkundigen Vorverurteilung folgen zu müssen. Jasons Anwälte waren sehr streng hinsichtlich der Kommunikation zwischen uns. Sie erlaubten ihm nicht, in meine Nähe zu kommen oder mit mir zu sprechen. Wir hatten nur ab und zu Blickkontakt.
    Es ist überflüssig, hier auf jede Einzelheit einzugehen, denn der Mordfall und die Gerichtsverfahren sind in vier Dokumentarfilmen und mehreren Büchern ausführlich dargelegt worden, und noch mehr über die Prozesse können Sie auf www.damienechols.com, www.wm3.org, www.freewestmemphis3.org oder auf der Website meines Verlags lesen. Informationen zu vielen Details, die während des Prozesses ans Licht kamen, habe ich erst viel später erhalten, und ein großer Teil des Materials, das schließlich – teils durch sein Nichtvorhandensein – zum Beweis meiner Unschuld diente, wurde erst viele Jahre später gefunden oder vorgelegt.
    Jason und ich wurden beide am 18. März 1994 schuldig gesprochen. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass es der längste Prozess in der Geschichte der Strafjustiz von Arkansas war. Um dieses Urteil kommen zu sehen, brauchte ich keine Hellseher-Hotline anzurufen, aber ein Schock war es trotzdem. Vielleicht liegt es in der menschlichen Natur, sich an jeden Fetzen Hoffnung zu klammern, den man sich ausdenken kann. Ich jedenfalls tat es bis zur letzten Sekunde. Es ist niederschmetternd, selbst wenn man es immer näher kommen sieht. Als das Urteil verlesen wurde, hörte ich, wie Domini schluchzend aus dem Gerichtssaal rannte. Ich konnte mich nicht zu ihr umdrehen, denn dann wären meine Knie weich geworden. Ich war entschlossen, sie nicht sehen zu lassen, wie sehr sie mich verletzten. Diese Genugtuung wollte ich ihnen nicht geben. Ich würde nicht weinen, ich würde nicht zusammenbrechen, ich würde keine Schwäche zeigen. Ich musste die Hände auf die Tischkante legen, um mich aufrecht zu halten, aber ich bemühte mich, es lässig aussehen zu lassen. Innerlich fing ich an zu sterben. Es gab auf der ganzen Welt keinen sicheren Ort für mich. Mein Magen war voll von Eiswasser. Domini zu hören war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Etwas in mir zerbrach, und nichts und niemand würde es wieder zusammensetzen können.
    Ich schlief nicht. Ein Trustee – ein Gefangener, der im Vollzug arbeitet – wurde vor meiner Zelle postiert, damit er während dieser Nacht auf mich aufpasste, um sicherzugehen, dass ich mir nichts antat.
    Am nächsten Tag wurde ich zum Tode verurteilt; Jason bekam » lebenslänglich

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