Mein mutiges Herz
Wahnsinn.“
„Ich traue es mir zu. Wenn du mir hilfst, Sabers Vertrauen zu gewinnen, kann ich ihn reiten. Und ich kann gewinnen.“
Thor schüttelte den Kopf. „Das ist lebensgefährlich, Lindsey. Ich kann das nicht zulassen.“
„Du weißt, wie gut ich reite. Wenn Saber mich im Sattel duldet und er so schnell ist, wie du sagst, könnte ich gewinnen – du weißt, dass ich gewinnen kann. Und dann würde der Hengst dir gehören. Das möchtest du doch, nicht wahr? Du willst King’s Saber besitzen.“
Sie las seinen brennenden Wunsch, dieses prachtvolle Tier zu besitzen, las die machtvolle Versuchung in seinen Augen.
Thor seufzte resigniert. „Sosehr ich wünschte, deinem Vorschlag zustimmen zu können … Aber nein, ich werde dein Leben nicht aufs Spiel setzen.“
„Wenn Saber mich nicht akzeptiert, versuchen wir es erst gar nicht. Aber wenn er mir vertraut, wäre ich keiner größeren Gefahr ausgesetzt als mit jedem anderen Pferd.“
„Bitte verlange so etwas nicht von mir, Lindsey.“
„Ich bitte dich nicht um meinetwegen. Ich bitte dich für Saber. Sie töten ihn, wenn er dieses Rennen nicht gewinnt. Willst du tatenlos zusehen, wie sie ihn abschlachten?“
„Vielleicht finde ich einen Weg, ihn zu kaufen.“
„Ich glaube nicht, dass Merrick bereit ist, ihn zu verkaufen, schon gar nicht an dich.“
Thor wandte sich ab, sein Gesicht eine versteinerte Maske. Er entfernte sich ein paar Schritte, stand lange Minuten breitbeinig da, hielt ihr den Rücken zugewandt und starrte in die Ferne. Es kostete sie große Beherrschung, nicht zu ihm zu eilen und ihn um seine Zustimmung zu bitten.
Dann machte Thor kehrt und näherte sich ihr wieder. Sie las den inneren Aufruhr in seinen Augen. „Wie könnte ich das erlauben?“
„Du hast einmal gesagt, ich bin dir ebenbürtig. Nun kannst du beweisen, dass es dir ernst damit ist.“
Eindringlich sah er ihr in die Augen.
„Lass es mich tun, Thor. Für dich und für Saber.“
Er atmete tief. „Wir werden sehen, was Saber davon hält.“
Lindsey strahlte, bereits jetzt in aufgeregter Vorfreude, am Rennen teilzunehmen, und unterdrückte nur mit großer Mühe einen Jubelschrei. Es störte sie nicht, dass sie als Mann verkleidet teilnehmen würde und dass im Falle ihres Sieges niemand erfahren durfte, wer der Reiter war. „Wann stellst du ihn mir vor?“
Thor schaute wieder zu dem herrlichen Pferd hinüber. „Heute Nacht. Wir treffen uns an der Klosterruine. Saber wird die Entscheidung treffen.“
Lindsey betrat das Haus, gefolgt von Leif und Krista. Sie hatten mit Lord Merrick zu Mittag gegessen, der überaus charmant und höflich geplaudert hatte, dann war sie gemeinsam mit den Freunden zurück nach Renhurst gefahren und hatte die Stute hinten an den offenen Einspänner gebunden. Auf der kurzen Fahrt plauderten sie über das Derby Ende nächster Woche und über Thors Absicht, den unbändigen schwarzen Hengst anzumelden, wobei Lindsey wohlweislich ihre Absicht verschwieg, Saber selbst zu reiten.
Krista und Leif waren ausgezeichnete Reiter, aber Lindsey wollte unbedingt vermeiden, ihr Missfallen zu erregen und zu riskieren, dass sie versuchten, sie an der Teilnahme zu hindern.
Während sie die Eingangshalle durchquerten, wandte sie sich an ihre Freunde. „Ich höre Lachen aus dem Kartenzimmer und nehme an, ihr findet Tante Dee bei einem Plauderstündchen mit einigen Gästen auf der Terrasse.“
Leif bedachte seine Gemahlin mit einem vielsagenden Blick. „Ich denke, wir ziehen uns zu einem Mittagsschläfchen zurück.“ Sein glühender Blick verriet allerdings, dass ihm der Sinn keineswegs nach einem Schläfchen stand.
Krista errötete wie ein junges Mädchen. „Klingt verlockend. Etwas Ruhe tut uns sicher gut.“
Lindsey verbarg ihr Lächeln. Wenn Leif ähnlich leidenschaftlich war wie sein Bruder, würde Krista gewiss nicht zur Ruhe kommen.
Leif nahm Krista bei der Hand, und das Paar begab sich zur Treppe nach oben. Lindsey war noch unschlüssig, ob sie auch ein wenig ruhen sollte, als sie den Butler an einer Seitentür entdeckte.
„Was gibt’s, Creevey?“
Der silbergrauhaarige Diener mit den leicht vorgebeugten Schultern trat näher. „Eine Botschaft für Sie, Miss. Ein Junge aus dem Dorf hat sie vor etwa einer Stunde gebracht.“
Er hielt ihr das silberne Präsentiertablett hin. Lindsey sah ihren Namen auf einem gefalteten, versiegelten Blatt Papier und erkannte die Handschrift. Es war dieselbe Schrift wie auf den anonymen Briefen, die
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