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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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dich wahrscheinlich schwer mit Vasenol behandeln müssen, bis du herausgekommen bist.»
    Das war ein gefährlicher Satz, denn ich wusste aus Erfahrung, dass der Wrigley eine Ehre hat, die sich leicht verletzt, und mit dem Kinderfräulein oder dem Vasenol musste man ihm schon gar nicht kommen!
    Ohne ein Wort zu erwidern, aber mit vollendeter Verachtung im Angesicht, hob der Wrigley, um seine Behauptung zu beweisen, den Helm hoch über seinen Kopf, stülpte ihn auf, kam aber nicht ganz zurecht, wurde nervös, gab sich einen Ruck,--und zum zweitenmal, ob du das glaubst oder nicht, sass Wrigley Stalder als Ritter Eisenhut gefangen.
    Und dann kam die Wärterin.
    Und dann kam die Direktion.
    Warum haben wir uns eigentlich nicht schon beim ersten Mal erwischen lasen?
    Es wäre billiger gekommen!



SCHWERE ZEITEN

    Wer einmal jung gewesen ist, der weiss genau, wann für uns Knaben die schweren Zeiten anfangen, und wann sie aufhören. So, wie die Frauen im Frühling eine Sucht bekommen zu putzen, so nimmt es die Lehrer, noch bevor es Frühling ist, wenn sie die Lust ergreift, uns nicht zu promovieren. In beiden Fällen sind wir Jungen die Opfer, und drum habe ich ein trauriges Lied zu singen von jener Zeit, bevor der Winter ganz zu Ende war.
    Schon an Weihnachten konnte es die Lehrerschaft nicht verklemmen, dem Wrigley, dem Eduard und mir unten ins Zeugnis zu schreiben: «Promotion gefährdet.»
    Wir fassten daher den Entschluss, eisern zu arbeiten und die gesamte Lehrerschaft Lügen zu strafen.
    Um so recht Kräfte zu sammeln, begaben wir uns eines Nachmittags in den Estrich , und was können wir dafür, dass wir eine Entdeckung machten? Ganz hinten, unter der Vogeldiele, hatte der Cousin vom Wrigley, welcher jetzt Steuermann auf dem Titicacasee ist, vor seiner Abreise sein ganzes Eigentum aufgestapelt. Freundlich wie wir sind, untersuchten wir alle die Riesenpakete auf eventuelle Mottenschäden, und dabei stiessen wir auf ein Faltboot. Der Wrigley sagte, das sei entsetzlich. Ein Faltboot, das so lange liegen bleibe, gehe unweigerlich kaputt, und wir seien es dem Cousin schuldig, ein wenig damit umzugehen, um es vor dem Ruin zu bewahren. So stellten wir es, weil draussen fast noch Schnee lag, am Trockenen auf dem Estrich zusammen, und das war wirklich ein sehr gutes Werk. Wir sassen hinein und schlossen die Augen und fuhren den Amazonas hinunter. Der Wrigley erlegte Krokodile am laufenden Band mit seinem Henry-Stutzen, das heisst, dem Reserveregenschirm der Tante Melanie, und ich ruderte durch viele hundert Stromschnellen. Manchmal gingen wir an Land, lauerten auf die Indianer, die in jener Gegend sehr gefährlich sind, und wenn ihr Häuptling, der Eduard, mit seinen vergifteten Pfeilen kam, so machten wir uns im Boot davon.
    Die ersten drei Tage war das ein herrliches Leben, aber langsam verlor es seinen Reiz, und es wäre uns lieber gewesen, in wirklichem Wasser zu fahren, und sei es auch nur die Aare.
    Der Wrigley sagte, der Frühling stehe vor der Türe, aber einstweilen lägen wir im Trockendock und hätten noch viel zu tun: Wir wüssten zum Beispiel noch gar nicht, ob das Boot wasserdicht sei. Das müsse geprüft werden. Drum holten wir ungefähr hundert Kessel Wasser herauf und füllten es bis zum Rand, um ein eventuelles Leck zu erkennen.
    Ich muss schon sagen: Leider wurde es über dieser Arbeit Abend und finster, so dass wir die Kontrolle bis morgen sparen mussten, und keiner von uns hätte es sich im Traum einfallen lassen, dass es schon kurz nach Mitternacht auskam, wie sehr es rünnt .
    Ich war längstens eingeschlafen, als ich durch eine gewisse Unruhe im Logis geweckt wurde: Der Vater redete draussen aufgeregt, kam in mein Zimmer, untersuchte den Zentralheizungskörper, hiess mich aufstehen, denn irgendwo seien die Heizungsrohre gebrochen, und das heisse viele hundert Franken Schaden. Jetzt helfe nur schnelles und besonnenes Handeln.
    Mit Schraubenschlüsseln bewaffnet eilte er durchs ganze Haus, zuerst, um alle Heizkörper zu öffnen. Das sei das einzig Richtige. Tante Melanie kam verhühnert in tausend Jäckchen und mit der Kassette unter dem Arm zum Vorschein, als brenne es, und auch bei Wrigleys unten wurde es laut.
    Der Vater hatte unterdessen im Keller das ganze Leitungssystem entleert, und in unserer Wohnung erkannte ich sogleich warum:
    Während nämlich die ganze Familie geschlafen hatte, fing es an durch die Decke auf Vaters Bett herunterzutropfen, aber nicht Quellwasser, sondern eine braune Brühe.

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