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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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Der Vater, so sagte er später, habe zuerst die längste Zeit vom Schwimmklub geträumt, in dem er seinerzeit Sekretär war: Er spielte in seinem Bett ungefähr eine halbe Stunde Wasserball und war der Star seiner Mannschaft, bis er erwachte und sich selbst und das ganze Bett durchnässt fand.
    Herausspringen und geistesgegenwärtig wissen, wo es fehlt, war eins. Drum machte er sich drunten mit dem Entleeren zu schaffen, und als er fertig war, kam er herauf und hielt uns stolz einen Vortrag:
    Mit dem Schraubenschlüssel in der Hand und im Pijama dozierte er uns, dass ein solcher Leitungsbruch ein ganzes Haus schädigen könne, wenn man nicht ruhig, schnell und zielbewusst wie er, sogleich das Richtige unternehme. Bis jetzt sei der Schaden minim. Darum sollten wir uns merken: Erste Bewegung: Heizkörper auf. Zweite Bewegung: Leitungen entleeren. Dann könne nichts mehr passieren, und am andern Tage lasse sich das schadhafte Rohr ohne weiteres ersetzen. Wir andern mussten das Gesagte dreimal repetieren, und wir wären uns vorgekommen, wie an einer Feuerwehrübung, hätte nicht in mir eine leise Ahnung gefressen.
    Der Vater führte uns hierauf ins elterliche Schlafzimmer, wo die Mutter die Betten beiseitegeschoben und Fegkessel unterstellt hatte. Wir sollten uns jetzt achten, so sagte er stolz, wie innerhalb von ein paar Minuten das Wasser aufhöre. — Aber wie wir uns auch achteten, und wie wir auch warteten: Es tropfte immer stärker, immer eiliger, bis es von der Decke herab floss, bis die Kessel immer schneller gewechselt werden mussten und des Vaters siegessicherer Blick unruhig wurde.
    «Ja, was ist denn das?» fragte er in sich hinein und kratzte sich im Bart.
    Zu meinem Schrecken holte er eine Kerze und stieg in den Estrich hinauf. Wie er wieder herunterkam, das will ich nicht beschreiben. Natürlich: Wir waren wieder einmal an allem schuld. — Aber dass die Erwachsenen das Faltboot jahrelang unkontrolliert oben gelassen hatten, bis es schauerliche Lecke zeigte, und dass sie im Grunde genommen an allem selber schuld waren, das gaben sie heute wie gewöhnlich nicht zu.
    Doch schweigen wir von diesem Unglücksboot, denn jener Vorfrühling brachte der Missgeschicke auch sonst genug, von welchen nun berichtet werden muss.
    Wir arbeiteten also fast immer für die Schule. — Aber schliesslich: Immer arbeiten kann man auch nicht. Der Wrigley sagte, das sei schädlich. Jeder Schwerarbeiter schalte Pausen ein, und was können wir dafür, dass wir in einer solchen Pause — diesmal im Keller — eine Lötlampe fanden?
    O ihr Erwachsenen: Immer streut ihr Versuchungen auf unseren Weg! Wer hätte uns zumuten wollen, achtlos an einer Lötlampe vorbeizugehen! Das ist ein wunderbares und sehr nützliches Instrument. Freilich, man muss es kennen lernen und damit umzugehn wissen. Wir hatten uns schnell eingearbeitet. Benzin hatte es in der Hausapotheke für mindestens zehn Lötstunden. Zwei davon verwendeten wir darauf, nützliche Dinge zu löten, und nur sehr selten überbordete Wrigley, zum Beispiel, als er einige Schlüssellöcher und Wasserhahnen zulötete.
    Aber dann hatte der Eduard eine Bombenidee. Sie beruhte auf der Geldgier der Menschheit: Wenn man nämlich in meiner Bude mit dieser Lampe Rappenstücke wärme und sie dann aufs Strassenpflaster hinunterwerfe, im Augenblick, wo drunten Leute Vorbeigehen, so sei tausend gegen eins zu wetten, dass jedermann danach greife.
    Die nötigen Installationen waren bald gemacht: Der Wrigley bediente die Lötlampe, der Eduard hielt mit einer Beisszange den Räppler an die Flamme, und wenn in der Gasse Schritte hallten, so warf er ihn in hohem Bogen hinaus. Alle Menschen sind einander verwandt. Das haben wir an jenem Nachmittag erfahren. Da kam zum Beispiel ein müder Herr gegangen. Der Ton des fallenden Rappens verjüngte ihn im Laufe einer halben Sekunde: Mit hastigen Sprüngen hüpfte er dem Geldstück nach, aber danach greifen und es mit einem Schreckenslaut weit von sich schleudern war eins.
    Keiner ging vorbei. Alle bissen an. Nur schade, dass wir nicht Zeugen waren, wie es jeweilen weiterging, denn wir knieten wohlweislich in Deckung, bis drunten die Schritte verhallten. Der Antiquar von nebenan hatte es besser, denn weil sowieso nie ein Kunde in seinen Laden tritt, kam er heraus, setzte sich auf ein Stühlchen und hatte als Zuschauer eine herrliche Viertelstunde, bis dann einmal einer unserer Patienten ihn selber verdächdigte, so dass er fürderhin nur noch durchs

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