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Mein Name ist Eugen

Mein Name ist Eugen

Titel: Mein Name ist Eugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Schädelin
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Regenschirmen bestiegen wir das Guggershörnchen, und der Lehrer erklärte uns die Aussicht, die wir hätten, wenn die Wolken nicht wären.
    Erst, als wir die verdeckte Aussicht endgültig hinter uns hatten und weiter unten Mittagspause machten, um Suppe zu kochen, wurde es schön. Die Sonne schien und machte uns Mut, mit diesem Lehrer ein wenig abzurechnen.
    Wir hatten Grund dazu. Dieser Mann erteilte in der Schule nebenbei Schwimmunterricht. Aus reiner Leidenschaft. Denn es machte ihm grossen Spass, Nichtschwimmern lebenslängliche Angst vor dem Wasser beizubringen. Mit Vorliebe nahm er den Bäschteli an den
    Galgen, das heisst, an jene Stange mit der Schnur und lief den Laufsteg lang, während der Bäschteli unten ums nackte Leben rang. Denn er tünkelte ihn alle paar Sekunden und zog erst an der Schnur, wenn Pläterlein kamen.
    Diesem Spiel hatten wir lange zugeschaut, und einmal hatten wir genug. Da mieteten wir den Waber Werner von der oberen Klasse, jenen zünftigen Sektionsschwimmer, der kam zu uns in den Krottenweiher herüber und bat unseren Lehrer um eine kurze Schwimmstunde: Er bringe es einfach nicht fertig, über Wasser zu bleiben. Der Lehrer war nur allzu gerne bereit, band ihn an die Schnur, müpfte ihn ins Wasser, zog ihn an der Stange weiheraufwärts, immer mit seinem alten Trick des Tünkelns, aber in der Mitte riss der Waber blitzartig am Seil, und dieser Lehrer, dieser Schwimmlehrer, den wir jetzt noch nie im Wasser gesehen hatten, fiel kopfüber hinein, und nun kam ihm alles aus: Er brüllte jedesmal, wenn er heraufkam, einen Liter Wasser aus der Lunge, versank wieder, tauchte auf, jammerte, ging unter, und wenn ihn der Werner nicht gerettet hätte, wäre der Mann zur Wasserleiche verurteilt gewesen.

    Es wurde in der ganzen Schule ruchbar, ein Nichtschwimmer gebe Schwimmstunde, und daraufhin zog ihn die Direktion ein, und von nun an haben wir ihn zu unserem Feind. Er plagt uns seither am Trockenen.
    Und darum hatte er ganz sicher ein Kleines verdient. Wir waren uns noch nicht rätig, was vorzukehren sei, denn dass ihm der Felix zwei Bisquitts mit Niveacreme dazwischen offeriert hatte, war nicht Strafe genug.
    Bei der Kochstelle hinter dem Felsen, wo wir uns berieten, kam der Wrigley auf die Idee, als ich nämlich zufällig mein Glasauge aus dem Sack zog. Er verlangte es mir ab, sagte uns rein nichts, sondern, als hätte er gar nichts vor, kochte er die Suppe weiter. Plötzlich aber, nachdem er uns gesagt hatte, es gehe los, schrie er auf und brüllte wie am Spiess und hielt sich mit dem Taschentuch das Auge zu.
    Bald war natürlich der Lehrer zur Stelle und fragte, was da sei.
    Der Wrigley schrie, der Eduard habe ihm ein Auge ausgeschlagen!
    «Wird mir nicht sein!» grinste der Blänes, unser Lehrer. «Nicht mehr und nicht weniger als ein Auge? Wart, lass den Schaden sehen», und damit wollte er ihm das Taschentuch vom Auge nehmen.
    Aber der Wrigley liess es nicht zu und sagte, jetzt sei er halbblind und schrie weiter.
    «Stalder, nimm dich zusammen!» befahl der Blänes. «Man kennt nachgerade eure Wehleidigkeit. Zu unserer Zeit hätte man sich geschämt, ob jedem Bobo solch ein Aufheben zu machen. Da biss man auf die Zähne und zeigte sich mannhaft! Und hätte man mir den Kopf abgerissen, nicht mit der Wimper gezuckt hätte ich. — Aber die Jugend von heutzutage ist verzärtelt und weichlich. Wenn sich einer von euch in den Finger pickt oder ein Tröpflein Blut sieht, so meint er, er müsse mindestens in Ohnmacht fallen!»
    «Stalder! Aufgehört. Mach deine Pflicht und koche die Suppe, dann wird es schon bessern.» — Und damit begab sich der Blänes wieder zu seinem Klappstuhl, den ihm der Sikki den ganzen Tag hatte nachtragen müssen.
    Der Wrigley aber nahm das Tuch vom Auge, brüllte bisweilen noch weiter, aber sagte zwischenhinein: «Da habt ihr ihn, unsern Blänes!»
    An der ganzen Sache begriff ich nur die Pointe nicht. War das nun ein Streich, eine Rache, diese blöde Brüllerei? — Aber der Wrigley zwinkerte bloss mit den Augen und flüsterte:
    «Abwarten!»
    Wir warteten ab. Die Suppe wurde angerichtet und in die Gamelle verteilt. Auch dem Blänes füllte der Wrigley mit Sorgfalt die seinige. Der Eduard brachte sie ihm. Der Blänes sah nur hinein und sagte:
    «Brühe, das!» — sonst nichts.
    Dann begann er zu löffeln.
    Und dann stocherte er.
    Dann sagte er ärgerlich: «Natürlich, Knollen!»
    Und dann beförderte er mit dem Löffel etwas vom Grund herauf, und als es

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