Mein Name ist Eugen
nimmer!» entgegnete der Wrigley empört. «Bekommt sie der Baron nicht, dann auch kein anderer Sterblicher.»
Auch wir fanden das gerecht, und wir schauten zu, wie der Wrigley sich bei seinem Rad zu schaffen machte; wie er die Tulpenleichen in dickes Packpapier wickelte; wie er eine Schnur darum band und einen schweren Stein daran, und wie er zu uns zurückkehrte, als seien wir eine Beerdigung.
«Aufstehen», befahl er uns.
«Mützen ab.»
«Liebe Freunde», hob er an. «Wir haben es gut gemeint, doch das Schicksal wollte es anders. Der Himmel sieht unsere Herzen. Verzaget nicht. Gegrüsst seien Sie uns, verehrter Herr Baron! Unser Flor soll Ihnen gelten.»
Mit einer grossen Gebärde holte er aus zu einem weiten Wurf, besann sich aber, kniete nieder, holte seinen Kugelschreiber aus der Tasche und kritzelte so, dass wir es nicht sehen sollten, etwas auf das Tulpenpaket.
Dann wiederholte er seinen Wurf, und mit gefalteten Händen sahen wir anderen zu, wie unsere teure Gabe weit aussen im See ein wenig schwamm und dann mit einem feierlichen Glucksen versank. Tränen standen in den Augen aller, aber lieber Leser, so ganz sicher bin ich heute nicht mehr, wem sie galten.
Der Wrigley hatte zwar in seiner Rede den Baron angesprochen, aber während des Schreibens hatte ich doch lesen können, was es hiess. Soll ichs verraten? Wrigley, wirst du mir nicht böse? — Es stand auf dem Paket:
Für dich, Geliebte.»
EIN GEWISSER FRITZ BUHLER
Was blieb uns auf unserer Reise nach Zürich anderes übrig, als in die Zukunft zu blicken?
Schon waren wir in der Nähe von Thalwil, als dem Eduard der Cousin seiner Tante in den Sinn kam, der in Kemptal Prokurist der Maggifabrik ist. Kemptal sei die übernächste Station nach Thalwil, und diesen Genuss dürften wir keines Falles verpassen. Einige Stunden Zugabe werden sich lohnen bis nach Bern.
Der Cousin seiner Tante, so erklärte er uns, sei derjenige mit der offenen Fontanelle, die seit dem Säuglingsalter nicht zugegangen sei, und wenn er an seinem Kopf auf dieses Loch drücke, dann sehe er am hellen Tage das Kreuz des Südens, und wenn er noch mehr drücke, so könne er rechnen, ohne zu denken und darum sei er Prokurist geworden, der Stolz der weiteren Verwandtschaft.
Und diese Maggi, das sei eine enorme Fabrik. Dort gebe es riesige Trichter, in welche man jeden Tag ganze Rinderherden schütte. Unter dem Trichter werden diese Herden ausgepresst, das heisst wenigstens ihr Aroma, und das sei sehr interessant. Die Überreste, den sogenannten Rindertrester verwende man hierauf weiter als Düngemittel und in der Parfumindustrie. Einmal sei, so behauptete der Eduard in seinem Überschwang, ein Direktor, welcher ein Scheusal von einem Menschen war, versehentlich in diesen Trichter geraten, und noch eine Woche lang hätten alle Maggiwürfel einen ungeniessbaren Nachgeschmack gehabt.
Das alles wollten wir unter der Leitung des Cousins seiner Tante besichtigen, und der Eduard blähte sich zusehends auf und brüstete sich mit seiner berühmten Verwandtschaft. Aber unterdessen war die übernächste Station längstens herangerückt, und kein Kemptal weit und breit. In den Vorstädten Zürichs merkten wir dann, dass wir den Ort entweder verpasst hatten, oder dass er anderswo liegt, und fast wären wir damals traurig geworden. Aber jetzt, wo wir so nahe beim wirklichen Fritz Bühler, beim Helden unserer Träume waren, fiel uns das Verzichten leichter als sonst. Überdies war es an diesem Nachmittag ohnehin höchste Zeit, unseren zukünftigen Gastgeber noch rechtzeitig aufzusuchen.
Wir betraten die erste beste Telefonkabine und suchten im Buch die Adresse Fritzelis. Dann fragten wir uns zur Hardstrasse durch, wo er wohnt.
Das Herz klopfte uns freudig, als wir vor der Türe auf den Knopf drückten und die Köchin öffnete.
Wir fragten nach dem Herrn Bühler.
Der sei noch nicht zu Hause. Er komme erst nach acht.
So blieb uns denn nichts übrig, als ihr zu versichern, dass wir wiederkommen, und hatten von nun an überschüssige Zeit.
Was macht man damit in Zürich?
Man eilt zum Jelmoli an die automatische Treppe, rennt die, welche herunterkommt, hinauf, und jene, welche aufwärts steigt, hinunter, und wenn nach einem hitzigen Zusammenstoss mit einem Treppenfahrer und nach einem noch heftigeren mit dem Rayonchef diese Lustbarkeit zu Ende geht, dann ist Zürich schon fast erschöpft. Es bleibt höchstens noch der See, aber wenn man kein Geld besitzt, ein Schifflein zu mieten, ist der
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