Mein Name ist Eugen
eine kleine Idee.
Des Morgens kam er einmal mit einer leeren Schuhwichsebüchse in die Schule, die er bedeutungsvoll in seinem Pult obenauflegte. Als es läutete und die Stunde offiziell zu Ende war, da fuhr der Lehrer wie gewohnt ganz gegen das Gesetz noch fünf Minuten weiter, und in diesem Augenblick entnahm der Eduard seinem Pult die Büchse, schüttelte sie und hielt sie ans Ohr.
Das weckte sogleich das Interesse des Lehrers, und er kam nach hinten und fragte den Eduard, was in dieser Büchse sei.
«Oh, nichts.»
Er solle sie doch einmal öffnen.
«O nein, sie ist leer.»
Auftun solle er sie.
Aber da erklärte der Eduard, es sei nichts darin, und sie gehöre ihm ganz allein.
Mit einem «Wird’s bald?» nahm ihm sie der Lehrer
weg, tat sie auf, liess sie fallen, und mit einer klatschenden Ohrfeige beendete er die Stunde.
Wir stürzten herzu, um die Ursache zu erfahren und fanden, wie der Eduard auf den blanken Blechboden mit Schuhwichse geschrieben hatte:
«Alter Esel.»
Darum war mir heute die Wichse des Eduard sehr bekannt. Wir verteilten den Inhalt auf unsere Schuhe, bis sie so trübe waren, wie alte Wasserstiefel, und es brauchte eine gute halbe Stunde, bis wir die überschüssige Schwärze von den Schuhen weg an Hände und Kleider gebracht hatten.
So fing den die Reinigung von vorne an, und alle zeigten eine riesige Nervosität.
Endlich gegen Mittag waren wir soweit, und um die Frisuren nicht zu zerzausen, fuhren wir sachte nach Zug zurück, wo wir mit Ausnahme von drei Franken unsere gesamte Barschaft in einen Riesenstrauss Tulpen anlegten.
Für den Herrn Baron.
Wir fuhren auf der gleichen Strasse wie gestern morgen rückwärts, und während wir in einem fort auf unsere Haartracht bedacht waren, schielten wir auf die Gärten und Häuser linkerhand. Denn gestern waren wir viel zu aufgeregt gewesen, um uns den genauen Standort des Herrn Baron zu merken.
Leider hatte es vor allen Villen Tulpen, zudem in besserem oder schlechterem Zustand. Leider hatte es überdies unglaublich viele Herrschaftshäuser, die einander glichen, wie ein Ei dem anderen.
Hier und da stiegen wir vor einem offenen Portal vom Rad und suchten Anzeichen, ob es wohl hier gewesen sei. Doch immer sprachen gewisse Umstände dagegen. Und schliesslich kamen wir in Gefilde, die wir vorgestern im Abendschein befahren hatten und mussten umkehren.
Viermal pirschten wir dem Zugersee entlang und trafen unter den Häusern, die in Frage kamen, eine engere
Wahl. Wir mussten uns beeilen, denn immer mehr Hessen die Tulpen auf Wrigleys Gepäckträger ihre Häupter hängen.
Endlich fanden wir den Ort. Der Wrigley erkannte die Umgebung an untrüglichen Zeichen wieder, und mit Herzklopfen läuteten wir am grossen, grünen Haustor. Der Wrigley murmelte seine auswendigen Begrüssungsworte; als aber die Türe aufging, war er so verwirrt, dass er den Tulpenstrauss vor sich hinstreckte und ihn dem steinalten, zittrigen Mann in die Arme presste, der uns öffnete.
Der Eduard erkannte den Irrtum zuerst und fragte, ob hier der Herr Baron mit der Tulpenzucht zuhause sei.
Nein, das sei er nicht, erwiderte der Mann. Aber er bedanke sich höflich für den netten Blumengruss.
«Pardon!» schrie der Bäschteli ausser sich, denn die Tulpen waren ja aus seinem Sack bezahlt, riss sie dem Alten aus der Hand, und wir rannten hinter ihm her, zum Portal hinaus und auf die Räder, als wäre der Lötige hinter uns her.
Stundenlang ging die Suche weiter.
Endlich hatten wir die richtige Villa. — aber gewitzigt, wie wir waren, legten wir uns an den Schatten unter den Zaun und äugten nach den Fenstern des Hauses. Mit langem, großem Blick, und wenn sich irgendwo etwas regte, schlug uns das Herz am Hals, denn wir sahen im Geiste schon den — Herrn Baron.
Doch da knirschte es hinter uns, und eine Limousine bog von der Strasse auf den Kiesweg, und wir sahen die ganze Familie auf dem Heimweg: Ein grämlicher Herr, eine düstere Frau, und eine keifende, zwanzigjährige Tochter mit Schnellzähnen.
Wieder nichts, und es war uns, als seien die Tulpen neben uns in den letzten fünf Minuten um drei Tage gealtert.
Wie manchesmal wir selbigen Nachmittag noch hin und hergefahren sind, ohne jene Villa zu finden, weiss ich nicht. Ich weiss nur noch, dass wir am Ende kapitulierten, als wir am See sassen und die Beine mutlos ins Wasser baumeln liessen.
Ob der Bäschteli mit den Tulpen an die Strasse stehen und sie verhausieren solle? fragte er verzagt.
«Nein,
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