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Mein Schwein pfeift

Mein Schwein pfeift

Titel: Mein Schwein pfeift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Springenberg/Michael Bresser
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Schublade. Reisinger wohnte in der Parkallee, der Dülmener Villenstraße. Als Nächstes tippte ich Lindners Nummer in die Tastatur des Telefons. Der Gute musste sich mittlerweile verfolgt Vorkommen.
    »Dieter. Wenn du neulich nicht aufgetaucht wärst, wäre das alles nicht passiert«, zeigte er sich wenig erfreut. Gitta hatte die nicht erfolgte Verlobung gelöst, und zudem drohte ihr Papa mit einer saftigen Schadensersatzklage, womit Klaus sich rumärgern durfte. Herzlichen Glückwunsch.
    Trotzdem erhielt ich die Nummer eines ehemaligen Knastologen, der sich mit Alarmanlagen auskannte; er hörte auf den Namen Uwe Sterzel. Als ich ihm fernmündlich verklickerte, dass es zwei Hunderter zu verdienen gab, erklärte er sich sofort zu allen Schandtaten bereit.

    Um Punkt elf drückten wir uns vor Reisingers Palast herum. Der Knabe hatte Lebensart, das konnte man selbst im Dunkeln erkennen.
    Auf der Fahrt von Sterzels Baracke zu Reisingers Villa durfte ich mir die zweitausendste Variante der »Ich hatte eine schwierige Kindheit«-Story anhören. Selbstverständlich waren immer die anderen schuld. Nun gut, Uwes Stiefvater hatte ihm im zarten Alter von vier ein glühendes Bügeleisen an die Wange gepresst. Seine rechte Gesichtshälfte sah auch wirklich zum Fürchten aus. Damit die linke Seite nicht neidisch wurde, hatte seine Mutter ihm zwei Jahre später im Suff einen abgebrochenen Flaschenhals durchs Gesicht gezogen.
    Bis auf seine geschundene Visage sah Uwe jedoch normal aus. Unter einer Baseballkappe lugten braune Locken hervor, und um seinen Hals baumelte ein Mercedesstern. Dem Anlass entsprechend war er in einen schwarzen Jogginganzug gekleidet, aber wahrscheinlich war das sein übliches Outfit. Ich schätzte ihn auf höchstens fünfundzwanzig.
    Mein Komplize entdeckte sofort das kleine Kästchen, mit dem man das System lahmlegen konnte.
    »Gutes Versteck«, erklärte er zufrieden, »für Amateure.«
    In weniger als einer Minute war die Anlage ausgeschaltet. Als Bonus öffnete er mir die Kellertür. So einfach hätte er noch nie zweihundert Strippen verdient, behauptete er. Ich zahlte ihn aus und entließ ihn in die Nacht.
    Ich konnte nicht umhin, einige Minuten im Weinkeller zu verweilen. Die hier gelagerten Tropfen konnten auch nicht billiger als der Picasso gewesen sein. Die Flaschen waren nach Jahrgängen sortiert. Den Anfang machte ein Bordeaux-Gesöff von 1875. Ebenso ungenießbar wie unbezahlbar, stellte ich mir vor. Ich stieg in den Aufzug und wählte den zweiten Stock, wo ich die Schlafgemächer vermutete. Wegen des Lärms machte ich mir keine Gedanken; es würde sowieso laut werden.
    Kaum hatte ich die Tür geöffnet, blickte ich auf Reisinger, der nackt in einem mit Samt behängten Himmelbett schlummerte. Seine Gattin, wenn er denn eine hatte, nächtigte wohl in einem separaten Schlafzimmer.
    Als Aufweckzeremonie wählte ich einen lustvollen Schlag in seine Visage.
    »Wer sind Sie? Was wollen Sie?«, schreckte Oswald hoch und hielt sich sofort seine Wange. Ich entzündete derweil eine Kerze auf einem Sideboard, um die Sichtverhältnisse nicht übertrieben zu verbessern.
    »Oft voneinander geredet, doch nie gesehen. Endlich habe ich das Vergnügen, Sie persönlich kennenzulernen. Ich bin Dieter Nannen, der Picasso-Räuber.«
    »Warum hat die Alarmanlage versagt? Ich werde diesen Pfuscher verklagen.«
    Reisinger erhob sich, hielt sich aber sofort peinlich berührt die Hände vors Gehänge.
    »Wir können über alles reden«, wechselte er ins Schleimige. »Wir sind beide Geschäftsleute, die es mit dem Gesetz nicht zu genau nehmen. Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.«
    »Schluss mit dem Geseiere«, rammte ich meine Faust erneut in sein Gesicht. Sofort schossen ihm Tränen in die Augen. Schützend hob er seine Hände hoch, wobei er unaufhörlich jammerte.
    »Ich will die Geiseln zurück, und zwar jetzt. Um deine schmierigen Geschäfte wird sich die Staatsanwaltschaft kümmern.«
    »Einen Moment.« Reisinger bewegte sich in Richtung des Bettes, an dessen Fußende ein Hocker mit seiner Kleidung stand.
    »Schön geschmeidig bleiben«, folgte meine Waffe seinen Bewegungen.
    Nachdem er sich angezogen hatte, ging er zur gegenüberliegenden Wand und drückte auf einen Knopf, woraufhin sie sich öffnete und den Blick auf ein kleines Kabuff freigab. Ich stellte mich hinter ihn; bis auf einen Tresor war der Raum leer.
    »Wie viel kostet Ihr Schweigen?« Während dieser Frage drehte er einige Male an einem

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