Mein Sommer nebenan (German Edition)
Schicht zu Ende ist, muss ich mich auch noch mit einer Frau herumschlagen, die sich mit ihrem Cockapoo – einer Kreuzung aus Cockerspaniel und Pudel – zu einem Mann mit zwei extrem ungezogenen Kindern an den Tisch setzt (die mich mit Zuckertütchen bewerfen und Senf in den Serviettenspender spritzen), und sich wahnsinnig aufregt, als ich sie höflich bitte, den Hund draußen anzuleinen. Und als ich auf dem Nachhauseweg meine Mailbox abhöre, ist eine Nachricht von Mom drauf, die immer noch ziemlich verschnupft klingt und mich damit beauftragt, das Haus zu putzen. »Und zwar gründlich! Ich will, dass alles picobello sauber ist. Ach, und es wäre mir recht, wenn du dich heute Abend rar machen könntest, da Clay, wie schon gesagt, ein paar potenzielle Sponsoren zum Essen mitbringt.«
Meine Mutter hat mich noch nie darum gebeten, mich »rar zu machen«. Liegt es daran, dass ich nach Clay gefragt habe? Darüber nachgrübelnd gehe ich die Einfahrt hoch, als ich den Staubsauger sehe, der immer noch wie eine seltsame Kunstinstallation in unserem Vorgarten liegt.
»Alles okay, Samantha?«, ruft Jase über den Zaun. »Du siehst aus, als hätte draußen auf hoher See heute ein rauer Wind geweht.«
»Keine Matrosensprüche bitte. Glaub mir, ich kenne sie alle.«
Er kommt lächelnd rüber. Das weiße T-Shirt, das er heute anhat, bringt seine gebräunte Haut noch besser zur Geltung. »Das glaub ich dir aufs Wort. Aber im Ernst, ist alles in Ordnung mit dir? Du sieht wirklich ziemlich durch den Wind aus.«
Ich erzähle ihm von Moms Auftrag, das Haus zu putzen und mich heute Abend vor ihren Gästen nicht blicken zu lassen. »Und zu allem Überfluss ist der hier«, ich verpasse dem Staubsauger einen Tritt, »auch noch kaputt.«
»Ich kann ihn mir mal ansehen, vielleicht krieg ich ihn ja wieder hin. Moment – ich hol schnell mein Werkzeug.« Bevor ich noch etwas sagen kann, ist er schon davongejoggt. Ich gehe ins Haus, entledige mich meiner unsäglichen Arbeitsklamotten und schlüpfe stattdessen in ein hellblaues Strandkleid. Als Jase an die Fliegengittertür klopft, schenke ich gerade Limonade ein.
»In der Küche!«
Er kommt herein und trägt den Staubsauger wie ein schwerverletztes Unfallopfer in den Armen. »Was gibt’s denn hier noch zu putzen?«, fragt er, nachdem er sich kurz stirnrunzelnd umgeschaut hat. »Sauberer und ordentlicher geht es doch gar nicht.«
»Meine Mutter ist in der Hinsicht ein bisschen eigen.«
Jase nickt und zieht eine Braue hoch, sagt aber nichts. Stattdessen stellt er den Staubsauger ab, rollt seine Werkzeugtasche auf und macht sich an die Arbeit. Ich starre seine Oberarmmuskeln an und habe plötzlich ein so heftiges Verlangen danach, sie kurz zu berühren, dass es mir Angst macht. Um mich abzulenken, sprühe ich die Arbeitsfläche mit Desinfektionsreiniger ein und mache mich mit Küchentüchern darüber her.
Jase hat den Staubsauger in weniger als fünf Minuten wieder zum Laufen bekommen. Der Übeltäter war wohl einer von Clays Manschettenknöpfen, der die Düse blockiert hatte. Ich verdränge das Bild, das mir sofort vor Augen steht: Mom, die ihrem jungen Liebhaber das Hemd vom Körper zerrt und dabei den Knopf abreißt. Dann hilft Jase mir, das klinisch saubere Untergeschoss noch mal zu putzen.
»Ist irgendwie unbefriedigend, wenn sowieso schon alles porentief rein ist«, sagt er, während er die Polster eines Sessels absaugt und ich die bereits symmetrisch ausgerichteten Sofakissen zurechtrücke. »Vielleicht sollten wir George und Patsy rüberholen und sie hier erst mit Fingerfarbe spielen und Brownies backen lassen, damit es wirklich was zum Saubermachen gibt.«
Als wir fertig sind, fragt er: »Wann musst du abends eigentlich immer so zu Hause sein?«
»Um elf«, sage ich und bin etwas verwirrt, weil es erst früher Nachmittag ist.
»Hol dein Badezeug.«
»Und dann?«
»Du sollst dich doch vom Acker machen, oder? Komm zu mir und der Rasselbande rüber, dann überlegen wir uns was.«
Der Unterschied zwischen dem Garten der Garretts im Vergleich zu unserem ist ähnlich krass wie der Übergang von den Schwarz-Weiß-Sequenzen zu den Technicolor-Bildern in Der Zauberer von Oz . Alice wirft mit irgendeinem Typen ein Frisbee hin und her. Vom Pool dringt Gelächter und Gekreische herüber. Harry spielt mit sich alleine Softball, benutzt dazu allerdings keinen Baseball-, sondern einen Tennisschläger. Als wir kommen, lässt Alice das Frisbee in Jase Richtung fliegen, der es mühelos
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