Mein verruchter Marquess
unglücklichen Mutter weitere Trauer ersparen wollte, wenn er am Leben war.
Abgesehen davon wusste Max nicht viel. Er musste einfach sehen, was er vorfand, wenn er dort ankam. Es war nur eine etwa dreistündige Fahrt in Richtung London.
In der Zwischenzeit würde er sich eine glaubwürdige Geschichte für seine Frau ausdenken müssen, mit der er seine Abreise erklärte. Während der gesamten Dinnerparty dachte Max darüber nach, sogar wenn er den reizenden Gastgeber spielte.
Er war daran gewöhnt, die verschiedenen Bereiche seines Lebens voneinander zu trennen, daher fiel es ihm nicht schwer, die morgige Abreise für den Augenblick zu verdrängen - so wie er es mit seinen endlosen Schuldgefühlen tat, weil er seine Geliebte seit dem Tag ihrer Hochzeit pausenlos belogen hatte. Er schob die Gedanken daran beiseite und konzentrierte sich ganz auf die Dinnerparty - er wusste, wie viel ein Erfolg für Daphne bedeuten würde.
Bisher ging alles glatt.
Was Lady Rotherstone betraf, so fand Max, dass sie an diesem Abend hinreißender aussah denn je. Nie zuvor hatte er sie in Rot gesehen, und die Wirkung war beeindruckend.
Nun, da sie eine verheiratete Frau war, schien sie Spaß daran zu finden, mit den kühnen Farben zu experimentieren, die für Debütantinnen gemeinhin als unpassend galten. Sie trug ein rosenrotes Kleid aus Taft, schlicht geschnitten und mit kurzen Puffärmeln. Das blonde Haar hatte sie aufgesteckt, und ihre kühle Schönheit bildete einen reizvollen Kontrast zu der glühenden Farbe ihres Kleides.
Um den Hals trug sie ein Perlenhalsband, und sie hatte ein wenig Rouge auf die Lippen aufgetragen, als wollte sie verhindern, dass ihre helle Haut von dem Scharlachrot des Stoffes erdrückt wurde.
Sie wirkte sehr elegant, und er begehrte sie auf eine bisher nie gekannte Weise. Auch vorher hatte Max sie schön gefunden, natürlich, fein und unschuldig mit ihrer reizenden Süße, aber jetzt wirkte sie anders. Wie eine junge Frau, die endlich zu sich selbst gefunden hatte, indem sie ihren Platz als seine Marchioness einnahm.
Auch wenn sie außerordentlich charmant zu ihren Gästen war, zeigte sie jedoch nicht so viel Wärme wie sonst, dafür etwas mehr Autorität.
Der Raum war erfüllt von Gesprächen und Gelächter und leuchtete im Schein all der vielen Kerzen in den Kandelabern. Die Gäste schienen sich zu amüsieren, und Max kam es so vor, als wäre ihr jedes Detail der Dinnerparty gelungen.
Jeder Gang war einfach perfekt, von der Mandelsuppe über die Taubenpastete, die gedünstete Forelle, die Lammkeule, den Plumpudding, um nur ein paar zu nennen, bis hin zu dem gekochten Hummer, den Austern, dem Fasan. Die Süßspeise war köstlich, vor allem der Igel mitten auf dem Tisch mit den Stacheln aus blanchierten Mandeln. Daphne erklärte, dass das kunstvoll geformte Tier eine Kreation aus Eischnee, Zucker, Butter und Sahne sei.
Augen und Nase waren aus kleinen Lakritzstückchen gemacht, ein Kunstwerk ihres Küchenchefs Joseph, den Daphne für ein Genie hielt. Den Gästen fiel es schwer, hineinzuschneiden, aber der Wunsch, davon zu kosten, überwog das
Schuldbewusstsein, weil sie das Kunstwerk zerstören mussten. Wie erwartet, schmeckte es köstlich.
In der Zwischenzeit wurde eine bunte Mischung aus Früchten und Nüssen, Keksen und drei Sorten Käsekuchen herumgereicht. Dann zogen die Damen sich zum Tee in den Salon zurück, während die Männer am Tisch sitzen blieben, um Portwein und Sherry zu trinken.
Max wollte jedoch vor allem mit Daphne zusammen sein. Während des Essens hatten sie ihre jeweiligen Plätze am Kopf- und Fußende des Tisches eingenommen, der so lang zu sein schien wie ein Kricketfeld. Jetzt vermisste er die Gesellschaft seiner Frau, die Gespräche mit ihr.
Er wollte nicht zu sehr an die neueste Lüge denken, die er ihr morgen auftischen musste. Er kannte seine Pflichten gegenüber dem Orden, und die Reise würde zudem nicht lange dauern.
Trotzdem musste er zugeben, dass er noch nicht ganz sicher war, wie er mit diesem Doppelleben gefühlsmäßig fertigwerden sollte. Das Blut drohte ihm in den Adern zu gefrieren, wenn er daran dachte, wie Daphne darauf reagieren würde, dass er ihr erst so spät die Wahrheit über sein Leben sagte.
Aber selbst wenn Virgil es erlaubt hätte, wie konnte er jetzt mit diesen Enthüllungen herausrücken? Eben erst hatte er sie dazu gebracht, ihn zu heiraten.
Wenn er ihr die Wahrheit sagte, würde sie vielleicht bedauern, jemals eingewilligt zu haben, und
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