Mein verruchter Marquess
hingen ihren Träumen und Gedanken nach, dann begann Max, der den Blick nicht von ihr abwenden konnte, zu applaudieren, und die anderen taten es ihm gleich.
„Nein, wirklich!"
„Wie anrührend!", riefen die Gäste.
Als sie geendet hatte, hob sie langsam den Kopf, als hätte sie gerade eine große Anstrengung hinter sich. Sie sah Max in die Augen, und während die anderen weiterhin applaudierten und ihr Talent lobten, ging er zu ihr und hielt ihr die Hand hin, um ihr beim Aufstehen zu helfen.
Auf der einen Seite platzte er fast vor Stolz auf ihr Talent, aber auf der anderen Seite fragte er sich, was zur Hölle hier eigentlich vor sich ging.
„Du steckst voller Überraschungen, meine Liebe", sagte er leise, als er ihr hoch half. „Gibt es sonst noch Geheimnisse, die ich kennen sollte?"
„Ich habe keine, Mylord. Und Sie?" Sie wartete nicht auf seine Antwort, sondern ließ seine Hand los und glitt davon, zurück zu ihren Gästen, ganz die perfekte Gastgeberin.
Max war verblüfft.
Es war seltsam, dass er Fremde durchschauen konnte, doch erst jetzt erkannte, dass seine geliebte Ehefrau im Begriff stand, ihn vollkommen zu ignorieren.
Hatte er etwas falsch gemacht? Vielleicht konzentrierte sie sich nur auf ihre Gäste. Er bezweifelte nicht, dass dieser Abend eine sehr anstrengende Erfahrung für sie war. Sie hatte Wochen mit der Vorbereitung verbracht.
Dennoch - ihre gefühlvolle Darbietung brachte ihm eine der geheimen Türen in Dante House in Erinnerung - ein sich drehendes Bücherregal im Salon, das nur mit ganz bestimmten Tönen auf dem verstaubten alten Harpsichord in Gang gesetzt werden konnte, das mitten im Raum stand.
Daphne stand jetzt ein paar Schritte entfernt und betörte den hiesigen Pfarrer und seine Frau. Max betrachtete sie mit erneuter Faszination, auch wenn er sich vielleicht Sorgen machen sollte. Er wusste nur: Je länger sie ihn auf Abstand hielt, desto mehr verlangte alles in ihm nach ihr.
Sie schien eine Art unsichtbarer Barriere zwischen ihnen beiden errichtet zu haben, und obwohl Max wusste, dass er keinen Grund hatte, sich zu beschweren, war er daran nicht gewöhnt, und es gefiel ihm nicht.
Einen Moment lang fragte er sich, ob sie etwas gesehen hatte, das sie nicht hätte sehen sollen. Hatte sie zufällig irgendetwas bemerkt, das auf seine Rolle im Orden hindeutete?
Aber das war unmöglich. Er wusste, er fühlte sich mit ihr sehr entspannt, ein Zustand, vor dem Virgil ihn gewarnt hatte, aber er war ein zu erfahrener Agent, um etwas Unüberlegtes zu tun.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass seine Tarnung bei seiner eigenen Ehefrau aufgeflogen war. Es musste etwas anderes sein. Was immer der Grund für diese Veränderung in ihrem Verhalten sein mochte, er wollte seine Daphne zurück.
Sofort.
„Dein Vater sagte mir, dass du Musik immer geliebt hast, aber ich wusste nicht, dass du so wunderschön spielen kannst", sagte er, als sie Stunden später in ihrem Zimmer waren und die formelle Kleidung ablegten, nachdem der letzte Gast gegangen war.
Es war zwei Stunden nach Mitternacht.
„Ich bin froh, dass ich Sie noch überraschen kann, Mylord." Sie saß an ihrem Frisiertisch, zog ihre langen Satinhandschuhe aus, während er vom angrenzenden Zimmer hereinkam und dabei sein Halstuch aufknöpfte.
Als er es gelöst hatte, ging er zu ihr und sah sie fragend an. „Daphne, geht es dir gut?"
„Ja, warum?"
„Du wirkst - abwesend", meinte er vorsichtig, als er hinter sie trat und ihr half, den Verschluss ihrer Halskette zu lösen.
Sie neigte den Kopf und hob ihr Haar hoch, damit es sich nicht in der Kette verfing. Max betrachtete sie im Spiegel, während er auf ihre Antwort wartete.
„Ich bin", sagte sie endlich, „besorgt wegen Carissa."
„Carissa?" Er runzelte die Stirn und legte das Halsband in ihre Hand. Er hatte den Brief ihrer Freundin vergessen.
„Warum? Ist etwas passiert?"
„Ihre Cousinen sind wieder sehr unfreundlich. Ich überlege, ob ich nach London fahre, um sie zu unterstützen. Das macht dir doch nichts aus, Liebling, oder?"
Max hatte das Gefühl, in ihrer kühlen Stimme einen scharfen Unterton bemerkt zu haben. „Es ist etwas spät im Jahr für London. Warum lädst du sie nicht lieber hierher ein?"
„Ich kann nach London fahren, wenn ich will. Ich bin doch nicht deine Gefangene, oder?" Sie lächelte dabei, aber er erkannte in ihren Augen eine andere Botschaft.
Er runzelte die Stirn und versuchte zu verbergen, dass ihm ihre Anspannung immer deutlicher
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