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Mein wildes Herz

Mein wildes Herz

Titel: Mein wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kat
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Schreibtisch, als ihr Vater in ihr Büro trat.
    „Ach du liebe Güte, es tut mir leid, Vater. Ich habe völlig die Zeit vergessen.“ Sie nahm die Schürze ab, die sie sich über das taubengraue Kleid gebunden hatte. Es war mit scharlachroten Borten besetzt und gehörte zu ihren Lieblingskleidern. „Lass mich nur die Haube aufsetzen und dann komme ich gleich mit.“
    Er nickte und wartete geduldig, während Krista nach oben in den Waschraum ging, um einen Blick in den Spiegel zu werfen. Sie nahm ihren Mantel, setzte die mit scharlachroten Litzen verzierte Haube auf die blonden Locken, band die Bänder unter dem Kinn fest und ging wieder nach unten.
    „Leif wartet in der Kutsche“, sagte der Professor.
    Und er wartete ziemlich ungeduldig, wie Krista feststellen konnte, als sie in die Kutsche kletterte und ihm gegenüber Platz nahm.
    „Du bist zu spät, Frau.“
    Krista war ein wenig verstimmt. „Von Frauen erwartet man, dass sie zu spät kommen. Außerdem, woher weißt du das überhaupt? Du hast keine … keine …“ Sie wusste das altnordische Wort für Uhr nicht. Also sagte sie: „Keine Möglichkeit, die Zeit zu wissen.“
    Er beugte sich vor, sah aus dem Fenster und deutete zu der goldenen Kugel empor, die über der Stadt strahlte. „Die Bewegung der Sonne sagt mir alles, was ich wissen muss.“ Eindringlich sah er sie an. „Und du, Frau, bist spät.“
    Krista öffnete schon den Mund, um ihm zu erklären, dass er von Glück sagen konnte, wenn sie überhaupt mitkam, als ihr Vater ihr einen seiner Blicke zuwarf. „Denke daran, Liebes“, meinte er auf Englisch, „dort, wo Leif herkommt, ist alles etwas anders.“
    „Nun gut, aber Leif ist jetzt in London und nicht auf der Insel Draugr.“ Sie warf dem blonden Mann einen Blick zu. „Er muss lernen, die Dinge zu akzeptieren, wie sie hier nun einmal sind.“
    Leif stöhnte, als verstünde er, was sie sagte.
    Krista ignorierte ihn und erduldete stumm, auf dem Weg durch den dichten Londoner Verkehr hin und wieder wegen eines Schlaglochs durchgeschüttelt zu werden. Auch wenn sie ihn nicht beachtete, konnte sie Leifs Gegenwart spüren. Sie schien mit jeder seiner Bewegungen verbunden zu sein, spürte, wie sein heißer Blick über ihren Körper wanderte. Noch nie war sie sich eines Mannes so bewusst gewesen. Und das empfand sie als seltsam beunruhigend.
    Schließlich hielten sie vor dem Laden von Stephen Ward and Company in der Regent Street – es war der Lieblingsschneider von Kristas Vater – und betraten das Gebäude. Man hatte Mr. Ward bereits ihre Ankunft angekündigt, und er erschien höchstpersönlich hinter der Theke.
    „Willkommen, Sir Paxton … Miss Hart. Wie immer ist es uns ein Vergnügen, Ihnen zu dienen.“ Mr. Ward war ein kleiner Mann mit schwarzen, in der Mitte gescheitelten Haaren und einem dünnen Schnurrbart. Nur ein leichtes Anheben seiner Augenbraue verriet das Erstaunen bei Leifs Anblick in seinen zu engen Kleidern.
    „Das ist Mr. Draugr, ein Freund aus Norwegen“, erklärte der Professor nonchalant. „Bei der Ankunft hat man ihm am Pier das Gepäck gestohlen. Sie sehen selbst, wie dringend er neue Garderobe benötigt.“
    „Ja … das sehe ich in der Tat.“ Der Mann drehte sich um, klatschte in die Hände, und zwei Lehrlinge erschienen. Der eine war groß und schlaksig mit sehr blasser Haut, der andere etwas kleiner, mit rotblondem Haar und blauen Augen.
    „Ich glaube, wir haben ein schönes Stück Arbeit vor uns“, sagte der Schneider zu ihnen, ehe er sich lächelnd zu Paxton Hart umdrehte. „Keine Angst, Sir. Stephen Ward ist dieser Aufgabe gewachsen.“
    Er führte die Gruppe durch einen Vorhang in den luxuriös eingerichteten rückwärtigen Raum des Geschäfts und deutete auf ein Podest. „Wenn Mr. Draugr dort hinaufsteigen möchte, damit wir Maß nehmen können.“
    Leif sah zum Professor hin, der ihm Mr. Wards Wünsche übersetzte, und kletterte dann auf das Podest.
    Stephen Ward näherte sich der Plattform und blieb einen Moment stehen, um Leifs beeindruckende, breitschultrige Gestalt zu betrachten. „Respekt, er ist etwas ganz Besonderes.“ In den dunklen Augen des Mannes war offenkundige Bewunderung zu lesen.
    Krista erlaubte sich ebenfalls einen prüfenden Blick. Man konnte nicht behaupten, dass er zu Leifs Nachteil ausfiel. Seine Taille war schmal, sein Bauch flach und seine Beine lang und muskulös. Einen Moment lang streifte ihr Blick über die Ausbuchtung vorne an seiner zu engen Hose, bevor sie rasch

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